Der Fluß plätscherte gemächlich dahin, seinem Ziel, dem Thassa, dem Meer, entgegen, das gut zweihundert Pasang entfernt war. Ich hörte den Schrei von Nachtvögeln am Himmel, und das Fauchen eines Sleen, der vielleicht einen Pasang entfernt war. Scharen von Moskitos machten sich unangenehm bemerkbar.
Ich betrachtete den Umriß der Tesephone in der Dunkelheit. Sie war ein gutes Schiff.
Plötzlich bemerkte ich, daß vor mir eine Gestalt stand. Sie trug das kurze ärmellose Sklavengewand.
»Sei gegrüßt, Sheera«, sagte ich.
»In den Wäldern mußte ich Lasten tragen«, begann sie. »Ich wurde gefesselt fortgeschickt, um von den Panthermädchen gefangen zu werden. Von ihnen wurde ich mißhandelt und ausgepeitscht.«
Ich zuckte die Achseln. »Du bist eben eine Sklavin.«
»Vorhin«, sagte sie, »habe ich deinen Arm berührt. Das hat mich viel Überwindung gekostet. Mehrere Ahn lang habe ich mit mir gekämpft – und es dann doch getan. Doch dein Blick war hart.«
Ich schwieg.
»Ich bin kein Panthermädchen mehr«, fuhr sie fort. »Du hast mich auf dem Schiff gelehrt, was es heißt eine Frau zu sein. Du hast mir alles genommen – aber auch alles gegeben.«
Sie griff nach meiner Hand und küßte sie schluchzend. Im nächsten Augenblick umfaßte ich ihren Kopf und zog sie zu mir herab.
»Sei still – Sklavin«, sagte ich und preßte meine Lippen auf die ihren. Mit der Fingerspitze strich ich über ihren Körper und spürte seine hilflose Sehnsucht. Sheera begann heftig zu atmen. Sanft strich ich über ihre Brustwarzen. Sie richteten sich bei der Berührung sofort auf und wurden hart. Ich küßte sie. Ihre Reaktion war nicht vorgetäuscht. Meine Finger strichen zärtlich über ihren Körper. Ich genoß das Vergnügen des Herrn, der sich einer vorzüglichen Sklavin bedient, und ich spürte, wie ihr Körper hilflos zuckte. Auch Sheera, das ehemalige Panthermädchen, genoß also die Berührung ihres Herrn. Da legte ich mich zu ihr, und wir vergaßen die Welt um uns.
7
Den Langbogen aus weichem Ka-la-na-Holz in der Hand, schlich ich lautlos durch den Wald. An meiner Hüfte baumelte der Köcher mit Pfeilen, zwanzig an der Zahl, aus Temholz geschnitzt mit Stahlspitzen und Federn der Voskmöwe versehen.
Ich trug ein grünes Gewand, das mir im Spiel von Licht und Schatten größten Schutz bot.
Tagsüber war ich ziemlich sicher im Wald, denn Sleen und Panther beginnen ihre Streifzüge meistens erst bei Anbruch der Dunkelheit. Irgendwo über mir sangen Vögel ihr Lied. Es war windstill und sehr heiß im Wald.
Ich war meinen Leuten weit vorausgeeilt, um die Gegend zu erkunden. Wir waren am Morgen des Vortags losgezogen – außer mir noch zehn Männer, zu denen auch Rim gehörte. Thurnock hatte als Befehlshaber im Lager bleiben müssen. Unsere erklärte Absicht war die Sleenjagd.
Dabei hatten wir einen großen Bogen nach Nordosten geschlagen, denn wir wollten uns dem Lager Vernas nicht auf dem gekennzeichneten Pfad nähern.
Ich wußte nicht, ob Talena in Vernas Lager gefangengehalten wurde oder nicht. Wenn sie nicht dort war, kannten Verna und ihre Mädchen sicher den Aufenthaltsort.
Meine Männer trugen Sleennetze über den Schultern, als wären sie richtige Jäger. Dieselben Netze ließen sich natürlich auch zur Jagd auf Panthermädchen verwenden.
Ich dachte an die schöne Talena, die das eigentliche Ziel meiner Expedition war. Wir würden ein herrliches Paar abgeben – Talena, die Tochter des Ubar von Ar, und der große Bosk, Admiral von Port Kar. Eine wünschenswerte Verbindung.
Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und wanderte weiter.
Am Nachmittag des Tages vor unserem Aufbruch war Rim aus Laura zurückgekehrt. In seiner Begleitung waren Arn und vier Gesetzlose gewesen, die er in Laura wiedergetroffen hatte. Arn und seine Leute nahmen nun an unserer Expedition teil. Sie waren an Panthermädchen interessiert, und ich hoffte, daß mir ihre Dienste nützlich sein konnten.
Arn hatte sich sofort für unsere kleine Diebin interessiert und mir ein Angebot gemacht. Doch ich wußte, daß sich auch einer meiner Leute, Turus, der junge Mann mit dem Amethystarmband, für das Mädchen interessierte, und diesem Wunsch wollte ich natürlich Rechnung tragen.
Die zehnte goreanische Stunde war verstrichen, der goreanische Nachmittag hatte begonnen. Ich blickte mit zusammengekniffenen Augen zur Sonne empor und starrte dann wieder ins Unterholz.
Ich hoffte, Vernas Lager noch vor Sonnenuntergang aufzuspüren, damit wir unseren Angriff für den frühen Morgen vorbereiten konnten.
Ich dachte an meine Männer im Lager. Sie hatten jetzt sicher die vier Pagamädchen, die nach unserem Abmarsch in einem Langboot von Laura heraufgebracht worden waren, unter sich aufgeteilt und sich ausgehungert über sie hergemacht. Rims’ Reise nach Laura hatte in erster Linie den Zweck gehabt, diese Mädchen anzumieten und ins Lager schicken zu lassen. Nach Rims Worten handelte es sich um Schönheiten. Ihr Besitzer Hesius, ein Tavernenwirt in Laura, hatte uns einen sehr vernünftigen Preis für sie berechnet und sich sogar bereit erklärt, ohne zusätzliche Kosten einige Fässer Wein mit ins Boot zu laden. Ich war nicht besonders scharf auf den Wein, hatte aber natürlich nichts dagegen, wenn er kostenlos mitgeliefert wurde.
Ich hoffte nur, daß die Mädchen in Ordnung waren, denn meine Männer hatten eine kleine Zerstreuung verdient. Es war die Aufgabe eines Kapitäns, sich auch in dieser Hinsicht um das Wohlergehen seiner Leute zu sorgen. Ich vertraute auf Rim. Ich wußte, daß er ein gutes Auge für weibliche Schönheit hatte.
Vorsichtig bewegte ich mich durch das Unterholz. Sanft strichen mir Äste, die ich zur Seite schob, übers Gesicht. Die zwölfte Stunde war angebrochen.
Es war meine Absicht, Vernas Lager vor Marlenus zu finden. Der Ubar aus Ar streifte noch immer in der Nähe Lauras durch die Wälder. Es gefiel mir nicht wenig, daß ich seine Tochter wahrscheinlich vor ihm aus den Wäldern holen und Verna und ihre Mädchen gefesselt vor mir sehen würde, während er noch immer ahnungslos in einer anderen Gegend suchte.
Marlenus aus Ar hatte mich aus seinem Reich verbannt und mir Brot, Feuer und Salz verweigert. Das hatte ich nicht vergessen.
Ich lachte in mich hinein. Sollte der große Ubar ruhig toben, wenn er erfuhr, daß ihn ein Mann aus Port Kar, den er aus seiner Stadt gewiesen hatte, arrogant übertrumpft hatte!
Der Ruhm, der Marlenus hatte gebühren sollen, würde dann mir zufallen. Ich stellte mir vor, wie ich im Triumph nach Port Kar zurückkehrte – und neben mir Talena, in der Robe einer Ubara.
Und dann erst mochte die offizielle Benachrichtigung an Ar abgehen, daß Marlenus’ Tochter sicher an meiner Seite saß, als Gefährtin Bosks, des Admirals von Port Kar. Ein großartiges Paar – und wer konnte wissen, welche Position ich dadurch eines Tages noch erringen würde?
Ich dachte an Sheera, die sich mir begierig geöffnet und leidenschaftlich hingegeben hatte. Doch ich verdrängte den Gedanken. Ich wollte sie auf dem Sklavenmarkt in Lydius verkaufen. Sie war nur eine Sklavin.
Ich blieb stehen. Die Vögel sangen plötzlich nicht mehr.
Ich duckte mich hastig. Zentimeter vor meiner Nase bohrte sich mit dumpfem Laut ein Pfeil in den Baumstamm. Der Schaft zitterte.
Etwa fünfundsiebzig Meter entfernt glaubte ich eine verstohlene Bewegung wahrzunehmen. Kein Laut war zu hören.
Ich war wütend über mich. Ich war zu unvorsichtig gewesen. Man hatte mich entdeckt! Wenn die Angreiferin ihr Lager erreichte, war die Hoffnung auf einen Überraschungsangriff dahin. Dann mochten die Mädchen ihr Lager sogar aufgeben und sich mit Talena tiefer in den Wald zurückziehen. Meine sorgfältig ausgeklügelten Pläne konnten leicht fehlschlagen!
Hastig nahm ich die Verfolgung auf.
Sekunden später hatte ich die Stelle erreicht, von der aus der Schuß abgegeben worden war. Ich sah mich um und nahm die Spur auf, ein abgeknicktes Blatt da, ein Fußabdruck dort.
Die Angreiferin hielt eine Ahn lang ihren Vorsprung. Doch hatte sie keine Zeit, ihre Spur zu verwischen. Ich folgte ihr, so schnell es ging, und ich war ihr bald so dicht auf den Fersen, daß dem Mädchen nichts anderes übrigblieb, als zu fliehen. Abgebrochene Äste, verschobene Steine, umgeknicktes Gras, Fußabdrücke – die Spur lag deutlich vor mir.