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Verna schwieg.

Ich rappelte mich mühsam auf und legte meine Tunika wieder an. Wie immer war Marlenus siegreich geblieben. Er war wirklich der Ubar aller Ubars.

Marlenus wandte sich an die gefesselte Anführerin der Panthermädchen. »Du hast uns viel Mühe bereitet!« sagte er. »Aber obwohl du eine Gesetzlose bist, will ich dein Leben schonen, denn du bist auch eine Frau!«

Verna wandte den Kopf zur Seite.

»Ich habe gehört, daß bald weitere Panthermädchen in diesen Teil der Wälder kommen«, sagte ich. »Es wäre vielleicht ratsam, sich so schnell wie möglich zurückzuziehen.«

Marlenus lachte. »Das muß Huras Bande sein«, sagte er. »Die Mädchen stehen in meinen Diensten!«

Verna stieß einen Wutschrei aus.

Marlenus sah das Mädchen an. »Ich dachte mir schon, daß sie mir bei der Jagd auf dieses Geschöpf helfen können!« Und er deutete auf Verna.

»Doch die hier« – und Marlenus strich Mira übers Haar – »war mir am nützlichsten. Mit meinem Gold hat Hura ihre Bande vergrößert und wird Mira als Stellvertreterin aufnehmen. Und Mira hat sich ihre Belohnung wirklich verdient.«

Er reichte dem Panthermädchen einen schweren Beutel Gold.

»Ich danke dir, Ubar«, sagte Mira.

»Dann hat sie dir also das Lager und die Lage des Tanzkreises verraten?«

»Ja.«

»Sind meine Männer im Lager?«

»Wir sind zuerst ins Lager gezogen«, sagte Marlenus, »und haben sie dort befreit.«

»Gut.«

»Aber ihre Köpfe waren bereits geschoren«, sagte Marlenus.

Ich zuckte die Achseln. »Jedenfalls verdanke ich dir viel.«

»Was soll aus uns werden?« fragte Verna.

»Neugier steht einer Kajira nicht an«, sagte Marlenus und legte mir die Hände auf die Schultern. »Wir verdanken einander viel.«

Er hatte den Thron seines Reiches nicht vergessen.

»Aber du hast mich aus Ar verbannt«, wandte ich ein. »Du hast mir Brot, Feuer und Salz verweigert.«

»Ja«, sagte Marlenus. »Denn du hattest vor langer Zeit den Heimstein Ars erobert.«

Ich schwieg.

»Spione berichteten mir«, fuhr er fort, »daß du in den Wäldern warst. Ich hatte gehofft, dich wiederzusehen, aber nicht so.«

Lächelnd musterte er meinen Kopf, und ich wich ärgerlich zurück.

Marlenus lachte. »Du bist nicht der erste, der Panthermädchen in die Hände fällt. Soll ich dir eine Mütze besorgen?«

»Nein.«

»Komm mit mir ein paar Tage in unser Lager nördlich von Laura – mein Bann über dich soll dort nicht gelten.«

»Sehr großzügig von dir.«

»Sei nicht verbittert«, sagte er lächelnd.

»Also gut, wir kommen mit.«

Ich sah mich um und entdeckte Mira, die ihre Waffen wieder an sich genommen hatte.

»Mira hat es ganz schlau angestellt«, sagte ich. »Sie behauptet, du hättest deine Streitkräfte zurückgezogen und sogar Talena verstoßen. Das Dokument, das sie uns vorlegte, war eine gute Fälschung.«

Marlenus’ Blick wurde plötzlich hart. »Das Dokument war keine Fälschung. Talena flehte mich an, ich solle sie freikaufen wie es eine Frau von Stand nie tun würde.«

»Dann ist die Verstoßung also gültig?« fragte ich.

»Ja«, sagte Marlenus. »Und jetzt laß uns von etwas anderem sprechen.«

»Aber was ist mit Talena?«

»Wer ist diese Person?« fragte Marlenus zurück.

Ich schwieg.

Marlenus wandte sich an Verna. »Wie ich höre, hast du ein Mädchen in der Gewalt, das ich einmal gekannt habe. Ich will sie befreien und mit nach Ar nehmen. Sie soll in meinem Palast unterkommen.«

Verna hob den Kopf. »Sie befindet sich in der Nähe einer Austauschstelle«, sagte sie. »Sie wird dort gefangengehalten.«

Marlenus blickte sie nachdenklich an. »Wenn ich dich nach Ar schaffe, mache ich denselben Fehler nicht ein zweites Mal«, sagte er. »Diesmal gibt es keine Verräter unter meinen Männern, keine Spione aus Treve. Von meinen Begleitern kenne ich jeden einzelnen persönlich. Außerdem wirst du diesmal als Sklavin nach Ar geführt.«

Sie sah ihn entsetzt an.

»Und ich lasse dir die Ohren durchstechen.«

Verna wandte den Kopf und begann zu weinen.

Marlenus schüttelte den Kopf. »Du weinst wie eine Frau.«

Dann wandte er sich an mich. »Wir kehren heute abend in Vernas Lager zurück und verbringen dort die Nacht. Morgen suchen wir mein Lager auf, das nördlich von Laura liegt.« Er stand auf und legte mir einen Arm um die Schulter. »Wir haben viel zu besprechen. Es ist lange her seit unserem letzten Zusammensein.«

11

Im Lager des Marlenus, das sich einige Pasang nördlich von Laura befand, speiste ich mit dem großen Ubar.

Sein Jagdzelt, das acht große Masten hatte, war an den Seiten offen. Wir saßen uns mit untergeschlagenen Beinen an einem niedrigen Tisch gegenüber. Ich sah Marlenus’ Leute, die an ihren Feuern saßen. Da und dort waren Kisten aufgestapelt und mit Planen abgedeckt, und an zahlreichen Gestellen trockneten die Häute erlegter Tiere. Marlenus hatte zwei Sleen und vier Panther lebendig gefangen; diese Tiere waren in stabilen Holzkäfigen untergebracht.

»Wein«, befahl Marlenus.

Ein hübsches Sklavenmädchen bediente ihn.

»Hast du Lust auf ein Spiel?« fragte Marlenus und deutete auf ein Spielbrett.

»Nein.« Ich war nicht in der Stimmung dazu.

Ich hatte schon mehrmals gegen Marlenus gespielt. Sein Angriff war stets kühn, manchmal tollkühn. Auch ich war ein aggressiver Spieler, geriet jedoch bei Marlenus stets sofort in die Defensive. Gegen ihn mußte man konservativ und abwartend spielen und auf eine kleine Fehlkalkulation, einen kleinen Fehler warten. Aber so etwas trat selten ein, denn Marlenus war ein hervorragender Spieler. Doch er hatte auf dem Spielbrett nicht ganz nach Belieben mit mir umspringen können. Im vergangenen Jahr hatte ich mich in Port Kar viel mit dem Spiel beschäftigt. Ich hatte ständig gegen überlegene Spieler gespielt, gegen die ich mit der Zeit immer stärker wurde. Außerdem hatte ich die Partien von Meisterspielern studiert, besonders die des jungen hübschen Scormus aus Ar und des älteren und fast legendären Meisters von Cos, eines gewissen Centius.

»Also gut«, sagte Marlenus. »Dann spielen wir jetzt nicht.«

Ich hielt der Sklavin meine Weinschale hin, die sofort gefüllt wurde.

»Wann reist du nach Norden zu der Austauschstelle?« fragte ich.

Marlenus hielt sich nun seit fünf Tagen in seinem Lager auf, war aber nur auf Jagd gewesen. Er hatte keine Anstrengung unternommen, die Austauschstelle zu suchen, in deren Nähe Talena gefangengehalten wurde. Der Ort mußte sich jenseits der Wälder im Westen befinden, nördlich von Lydius an der Küste des Thassa.

»Ich bin mit der Jagd noch nicht fertig«, sagte Marlenus. Er hatte es nicht eilig, Talena zu befreien.

»Eine Bürgerin Ars ist versklavt«, sagte ich.

»Sklaven interessieren mich wenig. Ich bin kein Sklavenhändler. Außerdem ist sie keine Bürgerin Ars mehr.«

»Aber sie ist Talena.«

»Ich kenne keine Person dieses Namens.«

»Aber sicher hast du doch Mitleid mit einer Sklavin, wie unwert sie auch sein mag, die einmal Bürgerin Ars war.«

»Ich werde sie befreien oder befreien lassen«, sagte Marlenus. »Ich schicke Männer zur Austauschstelle, wenn ich nach Ar zurückkehre.«

»Ich verstehe, Ubar«, sagte ich. Er hatte seine Tochter als Sklavin eingestuft, und eine Sklavin galt einem Goreaner nicht mehr als ein Tier.

Marlenus schnipste mit den Fingern und deutete auf seinen Weinkelch.

Die Sklavin eilte herbei und schenkte ihm ein. Sie hob den Kopf nicht. Auf ihrem linken Schenkel leuchtete das frische Brandzeichen. Um den Hals verlief der Stahlkragen des Marlenus.

Verna war eine herrliche Frau. Sie hatte eine großartige Figur, einen wachen Verstand und einen unbeugsamen Stolz. Doch Marlenus hatte sie von Anfang an wie jede andere gewöhnliche Sklavin behandelt. Das hatte Verna noch wütender gemacht. Erst vor wenigen Stunden hatte sie einen Fluchtversuch unternommen und war dafür streng bestraft worden.