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So war auch der Mann aus Tyros plötzlich allein.

Mit bleichem Gesicht warf er sein Schwert in den Sand.

»Greif an!« sagte ich.

»Nein, nein!«

»Das Schwert?«

»Du bist Bosk«, flüsterte er. »Bosk aus Port Kar!«

»Ja, der bin ich!«

»Nein, nicht das Schwert!« flehte er. »Nein!«

»Also das Messer?«

»Nein!«

»Du gewinnst deine Freiheit«, sagte ich und deutete mit einer Kopfbewegung auf den Laurius, »wenn du das andere Ufer erreichst.«

»Aber es sind Flußhaie im Wasser!« sagte er. »Und Tharlarion!«

Ich sah ihn wortlos an.

Er machte kehrt und eilte ins Wasser. Ich blickte ihm nach. Das Glück war nicht auf seiner Seite. Ich bemerkte eine plötzliche Bewegung im Fluß und sah in der Ferne den schmalen Kopf und die Dreiecksflosse eines Flußhais, gefolgt von vier Artgenossen.

Ich wandte mich um und blickte am Ufer entlang. In einiger Entfernung drängten sich die Pagasklavinnen zusammen. Mit weit aufgerissenen Augen starrten sie mich an.

Ich ging auf sie zu, und sie machten schreiend kehrt und versuchten zu fliehen.

Als ich an dem Tyrer vorbeikam, der sich noch bewegt hatte, bemerkte ich, daß er nun reglos dalag. Auch ihn hatte das Schicksal ereilt.

Die Mädchen hatten sich mit ihren Fesseln im Unterholz verfangen. Ich packte die Schnur, die sie verband, zerrte sie heraus und führte sie ans Ufer zurück, brachte sie zu der Stelle, wo der Anführer der Tyrer ins Wasser gegangen war. Noch immer bewegten sich die Haie unruhig in der Mitte des Flusses.

»Kniet nieder!« befahl ich, und sie gehorchten.

Ich brachte die verschossenen Pfeile wieder an mich, ehe ich die Toten in den Fluß warf. Es handelte sich um einfache Pfeile, die sich mühelos aus der Wunde ziehen ließen.

Schließlich säuberte ich die Pfeile und steckte sie wieder in meinen Köcher. Dann kehrte ich zu den Mädchen zurück, die mir angstvoll entgegensahen. Sie hatten bei dem Überfall auf mein Lager entscheidend mitgewirkt, sie waren Komplizen der Tyrer gewesen. Ohne sie hätte der Plan nicht gelingen können.

Sie würden mir sagen, was sie wußten.

»Berichtet mir«, sagte ich, »was in diesem Lager geschehen ist, und sagt mir, was ihr über die Aktionen und Pläne der Tyrer wißt.«

»Wir haben keine Ahnung«, sagte eines der Mädchen. »Wir sind nur Sklavinnen.«

Doch das glaubte ich nicht. Beim Bedienen der Männer hatten sie sicher viel gehört.

»Ich wünsche, daß ihr mir alles sagt.«

»Wir wissen nichts.«

»Glaubt ihr, daß die Männer aus Tyros euch beschützen?«

Sie sahen sich nervös an.

Ich ließ sie aufstehen und nahm ihnen die Fesseln ab. Dann deutete ich auf den Fluß. »Ins Wasser mit euch! Schwimmt!«

»Nein! Nein!« riefen sie entsetzt und warfen sich vor mir in den Sand. »Hab Gnade! Wir sind doch nur Sklavinnen!«

»Bitte, Herr!« flehte eine andere. »Töte uns nicht.«

»Wir unterwerfen uns!« schluchzte eine dritte.

Ich wandte mich an das dunkelhaarige Mädchen, das zuerst gesprochen hatte. »Nun erzähl mir alles.«

»Wir waren Sklavinnen des Hesius in Laura«, sagte sie stockend. »Unser Herr traf mit Saurus, dem Kapitän der Rhoda aus Tyros, eine Vereinbarung. Wir sollten in das Lager Bosks aus Port Kar vermietet werden. Dort sollten wir Wein anbieten. Und wenn der Wein getrunken war, wollten die Männer aus Tyros das Lager stürmen.«

»Berichte weiter.«

»Der Plan klappte. Wir schenkten allen Männern Wein ein und heimlich auch den Sklavinnen des Lagers. Nach einer Stunde waren alle bewußtlos. Das Lager gehörte uns.«

»Und dann?« fragte ich ein anderes der Mädchen, eine große Rothaarige.

»Das Lager wurde angegriffen«, berichtete sie. »Die Männer und Sklavinnen wurden mühelos überwältigt. Die Lagermauer wurde eingerissen, das Lager vernichtet.«

»Genug«, sagte ich. Vieles wurde mir nun klar – auch Dinge, von denen die Mädchen nicht berichtet hatten.

Ich konnte mir nicht vorstellen, daß die Rhoda aus Tyros nur nach Lydius und nach Laura gekommen war, um Bosk aus Port Kar gefangenzunehmen und den Leuten aus Port Kar zu schaden. Sie war eine mittelgroße Galeere mit einer Kiellänge von hundertundzehn goreanischen Fuß und einer Breite von etwa zwölf goreanischen Fuß. An Bord befanden sich etwa neunzig Ruderer – freie Männer, denn die Rhoda war ein Rammschiff, eine Kriegsgaleere. Ihre Mannschaft mochte außer den Ruderern und den Offizieren zehn Mann betragen. Wie die meisten goreanischen Kriegsgaleeren hatte sie nur einen einzigen Mast. Wie viele Männer sich unter Deck versteckt gehalten hatten, wußte ich nicht. Nach den Plänen zu urteilen, die ich hinter der Fahrt der Rhoda vermutete, hatte sie wahrscheinlich über hundert Mann unter Deck, sicher geübte Krieger.

Ich bin sicher, daß die Gefangennahme Bosks zu den Zielen der Expedition gehörte, doch ich vermute, daß ein Admiral aus Port Kar, den Tyros noch in schlechter Erinnerung hatte, nicht der einzige oder wichtigste Grund für die Reise war.

In den Wäldern lockte größere Beute.

Tyros und Ar sind seit vielen Jahren verfeindet. Es war zu befürchten, daß sich Marlenus zum erstenmal in seinem Leben verrechnet hatte.

Ich wandte mich an ein anderes Mädchen, eine schwarzhaarige, schlanke Schönheit. »Wie viele Männer haben die Tyrer mitgebracht?«

Sie zitterte. »Ich weiß es nicht genau.«

»Zweihundert?« fragte ich.

»Ja, mindestens zweihundert.«

»Das Schiff, das hier war«, sagte ich, »die Tesephone, wurde sie von einer Prisenmannschaft flußabwärts geführt?«

»Ja.«

»Mit wie vielen Männern?«

»Fünfzig, glaube ich.«

Die Tesephone hatte vierzig Ruder. Damit war jedes Ruder bemannt, und es blieben noch Männer übrig.

»Was ist aus meinen Männern und Sklavinnen geworden?«

»Die Männer«, erwiderte sie, »wurden im Laderaum der Tesephone angekettet – nur einer nicht, der den Streifen der Panthermädchen trug. Die vier Sklavinnen und der Mann wurden mit der Mehrzahl der Tyrer in den Wald geführt.«

»Was war das Ziel der Tesephone?«

»Laura.«

»Und von dort?«

»In Laura trifft sie mit der Rhoda zusammen, und die beiden Schiffe fahren weiter nach Lydius und von dort nach Norden zu einer Austauschstelle.«

»Was hat man dort vor?«

»Es geht um Sklaven.«

»Was für Sklaven?« fragte ich und umfaßte schmerzhaft ihre Arme. »Sprich schnell.«

»Marlenus aus Ar und sein Gefolge!«

Ich wandte mich ab.

Die Tesephone, in deren Laderaum der Großteil meiner Männer angekettet war, sollte in Laura mit der Rhoda zusammentreffen. Die beiden Schiffe wollten dann nach Lydius und von dort zu einer Austauschstelle an der Küste des Thassa nördlich von Lydius fahren. Die Mehrzahl der Angreifer war jedoch in den Wald marschiert – wahrscheinlich, um Marlenus’ Lager zu überfallen. Sie hatten Rim und die vier Sklavinnen mitgenommen. Ihre Wahl war sicher auf Rim gefallen, weil sie ihn aus Laura als einen meiner Offiziere kannten. Mein zweiter Offizier war den Tyrern offenbar nicht verraten worden, so daß Thurnock jetzt als vermeintlich einfacher Seemann im Laderaum der Tesephone gefangen sein mußte. Es mochte von Vorteil sein, daß meine Leute einen Offizier in ihrer Mitte hatten. Auf Gor und anderswo ist es üblich, Offiziere und Mannschaften zu trennen, damit die Gefangenen nicht einig und zielstrebig handeln können. Die Mädchen wurden mit nach Norden genommen, weil sie hübsch waren. Die Wanderung durch den Wald zur Austauschstelle war lang. Rim, Grenna, Sheera, Tina und Cara befanden sich also bei den Angreifern.

Ich stand am Flußufer und betrachtete die Überreste meines Lagers. Ich sah die lange Kerbe im Sand, wo der Kiel der Tesephone ins Wasser gezerrt worden war, und ballte in ohnmächtiger Wut die Fäuste.