Die beiden Mädchen hoben die Köpfe. Sie waren beide blond und blauäugig und sehr hübsch.
»Großartige Ware!« sagte Arn.
Rim zuckte nur die Achseln.
Ich hatte mir vorgenommen, ihn gewähren zu lassen, obwohl mir daran lag, zumindest eins der Mädchen zu erwerben. Ich hoffte durch sie Informationen über Vernas Aufenthaltsort zu erhalten. Allein aus diesem Grund hatte ich das Boot gestoppt.
Nach langem Feilschen wechselten die beiden Panthermädchen für je eine silberne Tarnscheibe den Besitzer.
»Der hier«, sagte das Panthermädchen und deutete mit einem Messer auf die hängende Gestalt, »ist interessant. Wir haben viel Spaß mit ihm gehabt.«
Es war am Nachmittag des folgenden Tages.
Wir waren an der Westküste des Thassa nordwärts gefahren, den Wald zu unserer Rechten. Nun befanden wir uns knapp zehn Pasang von der Austauschstelle entfernt, an der wir am Tag zuvor die beiden Panthermädchen erworben hatten. An solchen Orten kommen sich männliche und weibliche Gesetzlose nicht ins Gehege. Jeder beschränkt sich auf seinen Markt, da es von gegenseitigem Vorteil ist, sichere Handelsstationen zu schaffen, wo man über längere Zeit hinweg Geschäfte machen kann.
Zwei Männer waren hier an Holzgestellen aufgehängt, erschöpft, ausgemergelt. Sie standen zum Verkauf. Die Panthermädchen hatten ihnen einen breiten Haarstreifen abrasiert.
»An dieser Austauschstelle«, flüsterte Rim mir zu, »bin auch ich verkauft worden.«
Das Panthermädchen Sheera, die Anführerin dieser Gruppe, hockte wie ein Mann im warmen Sand. Sie war eine kräftige schwarzhaarige junge Frau und trug eine Kette aus Klauen und goldenen Talismanen um den Hals. Geflochtene Goldbänder zierten ihre bronzefarbenen Arme. Am Gürtel trug sie eine Messerscheide. Die Waffe hielt sie in der Hand und unterstrich damit ihre Worte.
»Wir wollen handeln.«
Im Grunde interessierten mich die Sklaven nicht, die sie zu bieten hatte. Ich war auf Informationen aus. Die Panthermädchen waren frei. Wer konnte wissen, was sie erfahren hatten?
Arrogant ließ sich Sheera von Cara bedienen. Panthermädchen leben allein in den nördlichen Wäldern und ernähren sich durch die Jagd, den Sklavenhandel und gelegentliche Überfälle. Sie haben vor nichts Respekt außer vor ihresgleichen und den Tieren, die sie jagen – insbesondere den Waldpanther dieser Welt und den schnellen, beweglichen Sleen.
Sheera starrte mich mit finsterem Blick an und stieß das Messer in den Sand. »Was bekomme ich für die beiden Sklaven?« fragte sie.
»Ich hatte eigentlich erwartet, Verna hier anzutreffen. Stimmt es nicht, daß sie sonst ihre Verkäufe hier tätigt?«
»Ich bin Vernas Feind«, sagte Sheera hart und trieb die Messerklinge tief in den Sand.
»Oh«, sagte ich nur.
»Viele Mädchen verkaufen hier an diesem Ort. Und Verna ist heute nicht hier. Heute verkauft Sheera. Wie hoch ist dein Gebot?«
»Wie man hört«, schaltete sich Rim ein, »hat Verna stets die beste Ware.«
Ich lächelte bei dem Gedanken, daß auch Rim von Verna und ihren Mädchen verkauft worden war. Für einen Gesetzlosen war Rim kein übler Bursche.
»Wir verkaufen, was wir fangen«, sagte Sheera und deutete auf ihre beiden Opfer.
Die Männer waren zerschunden und mitgenommen. Diese wilden Katzen hatten sie zweifellos nach allen Regeln der Kunst vergewaltigt.
Sie interessierten mich eigentlich nicht, doch ich wollte sie nicht weiter der Willkür der Panthermädchen überlassen. Ich wollte sie kaufen.
»Du hast davon gesprochen, du seist Vernas Feindin«, sagte ich. »Wir möchten sie gern kennenlernen. Weißt du, wo ich sie finden kann?«
Sheera kniff die Augen zusammen. »Überall«, sagte sie.
»Ich habe gehört«, fuhr ich fort, »daß sich Verna und ihre Gruppe irgendwo nördlich von Laura herumtreiben.«
Das kurze Aufblitzen in Sheeras Augen verriet mir, was ich wissen wollte.
»Möglich«, sagte sie achselzuckend.
Die Information über Vernas Gruppe hatte ich von einem Mädchen, das bis vor kurzem als Sklavin in meinem Haus gedient hatte – von einer gewissen El-in-or. Sie gehörte jetzt Rask aus Treve.
Sheeras unfreiwillige Reaktion hatte El-in-ors Information bestätigt.
Natürlich war es noch immer sehr schwierig, Vernas Lager oder ihren Tanzkreis ausfindig zu machen. Jede Bande Panthermädchen hatte im allgemeinen ein halbbefestigtes Lager für den Winter und einen Tanzkreis. Hier toben die Mädchen, wenn ab und zu ihre unterdrückte Sexualität an die Oberfläche dringt, ihre Emotionen aus. An solchen Orten wird auch oft die Versklavung von Männern vollzogen.
Rim war zwar in Vernas Gewalt gewesen, doch er hatte weder das Lager noch den Tanzkreis gesehen.
»Vernas Lager«, sagte ich gelassen zu Sheera, »liegt nicht nur nördlich von Laura, sondern auch westlich davon.«
Sie schien verblüfft zu sein. Wieder vermochte ich in ihren Augen zu lesen. Doch diesmal hatte ich nicht ins Schwarze getroffen. Vernas Lager befand sich also im Nordosten Lauras.
»Möchtest du die Sklaven kaufen oder nicht?« fragte Sheera.
»Ja, natürlich«, antwortete ich lächelnd.
Ich hatte alle Informationen aus ihr herausgeholt, die ich bekommen würde. Es wäre jedenfalls unklug gewesen, weiter in sie zu dringen. Sie war bereits mißtrauisch geworden. Genauere Informationen hoffte ich von den beiden Panthermädchen zu erhalten, die an Bord der Tesephone warteten. Wenn ich sie richtig verhörte, ließen sie sich vielleicht entlocken, wo Verna zu finden war. Bei Sheera hatte ich jedenfalls genug erfahren, um die Reaktionen meiner Gefangenen zu beurteilen.
»Für jeden ein Stahlmesser und vierzig stählerne Pfeilspitzen«, sagte ich.
»Einverstanden«, erwiderte sie. »Dazu aber ein Steingewicht Kandis für jeden.«
»Gut«, sagte ich.
Daraufhin schlug sie sich lachend auf die Knie. Die Mädchen schienen sich zu freuen. Es gab wenig Zucker im Wald, so daß dieses Nahrungsmittel bei den Panthermädchen eine Rarität darstellte. Es kam durchaus vor, daß ein männlicher Sklave für eine Handvoll Zuckerstücke verkauft wurde.
Ich ließ die Tauschwaren vom Schiff holen und den Kandiszucker auswiegen.
Sheera und die Mädchen paßten genau auf und zählten zweimal ihre Pfeilspitzen.
Schließlich stand Sheera zufrieden auf. »Nehmt die Sklaven.«
Meine Begleiter schnitten die armen Männer von den Gestellen los und halfen ihnen zum Wasser. Die Mädchen riefen Spottworte hinter ihren Gefangenen her.
Auf Gor sind männliche Sklaven nicht besonders wertvoll. Die meiste Arbeit wird von freien Männern getan. Im allgemeinen werden Sklaven auf Frachtgaleeren, in Bergwerken und auf den großen Bauernhöfen eingesetzt, oft auch als Träger in den Häfen. Sie erreichen meistens nur einen Bruchteil der Preise, die für Sklavinnen gezahlt werden.
Kurz darauf stießen unsere beiden Seeleute die Tesephone mit ihren schwarzen Temholzstangen vom Ufer los.
»Nach Lydius!« sagte ich zu Thurnock.
»Ruder raus!« brüllte er.
Die Ruder wurden ins Freie geschoben.
Mit knirschenden Seilen und Flaschenzügen stieg der lange, schräge Segelbaum am Mast empor, das Segel noch aufgegeit.
Ich sah Sheera, die knietief im Wasser stand. Die Sonne spiegelte sich im Gold ihrer Halskette und ihrer Armbänder.
»Kommt mal wieder!« rief sie. »Vielleicht können wir euch noch mehr Männer verkaufen!«
Ich hob zur Erwiderung die Hand und wandte mich an Thurnock. »Halbe Schlagzahl«, sagte ich.
»Ruder fertig!« rief er. »Halbe Schlagzahl! Los!«
In vollkommenem Rhythmus tauchten die Ruderblätter ein und wurden durch das schimmernde Wasser gezogen. Sanft begann sich die Tesephone zu drehen, ihr Bug richtete sich nach Süden, suchte Lydius.
Ich rief einem Seemann zu: »Bring die beiden Sklaven nach unten. Ihre Wunden sollen versorgt werden. Sie müssen sich ausruhen.«
»Ja, Kapitän.«
Ich blickte zur Küste zurück. Sheera und ihre Mädchen waren bereits wie Panther in der Dunkelheit des Waldes verschwunden. Die Rahmen, an denen die beiden Gefangenen gestanden hatten, waren leer.