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Er hat sie nicht erhört. Sie hat die Lungenpest, hustet und erbricht mit Blut durchsetzten Schleim.

Sie läßt sich nicht von Pater Roche oder mir pflegen. »Sie trägt die Schuld daran«, sagte sie zu ihm und zeigte auf mich. »Seht Euch ihr Haar an. Sie ist keine unverheiratete Jungfrau. Seht Euch ihre Kleider an.«

Meine Kleider sind das Wams und die ledernen Beinkleider eines halbwüchsigen Jungen, die ich in einer der Truhen auf dem Dachboden fand. Meine Kleider wurden ruiniert, als Imeyne sich über mich erbrach. Ich mußte sie verbrennen und mein Hemd in Streifen reißen, um Verbandstoff zu bekommen.

Pater Roche versuchte ihr einen Aufguß von Weidenrinde einzuflößen, doch sie spuckte ihn aus. Sie sagte: »Sie log, als sie sagte, sie sei im Wald überfallen worden. Sie wurde hierher geschickt, um uns zu töten.«

Blutiger Speichel troff ihr beim Sprechen vom Kinn, und Pater Roche wischte ihn ab. »Es ist die Krankheit, die Euch diese Dinge glauben macht«, sagte er freundlich.

»Sie wurde hierher geschickt, uns zu vergiften«, beharrte Imeyne. »Seht nur, wie sie meines Sohnes Kinder vergiftet hat. Und nun will sie mich vergiften, aber ich werde nicht zulassen, daß sie mir zu essen oder zu trinken gibt.«

»Still«, sagte Pater Roche streng. »Ihr dürft nicht schlecht von jemand sprechen, der Euch zu helfen sucht.«

Sie schüttelte den Kopf, indem sie ihn heftig von einer Seite zur anderen drehte. »Sie trachtet uns allen nach dem Leben. Ihr müßt sie verbrennen. Sie ist eine Dienerin des Teufels.«

Ich hatte ihn bis dahin nie zornig gesehen. Er sah beinahe wieder wie ein Halsabschneider aus. »Ihr wißt nicht, wovon Ihr redet«, sagte er heftig. »Gott ist es, der sie geschickt hat, uns zu helfen.«

Ich wünschte, es wäre wahr, und ich könnte ihnen in irgendeiner Weise helfen, aber ich kann es nicht. Agnes schreit nach mir, und Rosemund liegt da, als wäre sie unter einem Zauberbann, und der Sekretär wird schwarz, und es gibt nichts, was ich für sie tun kann. Nichts.

(Unterbrechung)

In der Familie des Verwalters sind jetzt alle erkrankt. Der jüngste Sohn, Lefric, war der einzige mit einer Pestbeule, und ich habe ihn hierher gebracht und sie aufgeschnitten. Für die anderen gibt es keinerlei Hilfe. Sie haben alle Lungenpest.

(Unterbrechung)

Der Säugling des Verwalters ist tot.

(Unterbrechung)

Die Glocken von Courcy läuten. Neun Schläge. Welcher von ihnen ist es? Der Gesandte des Bischofs? Der fette Mönch, der mitgemacht hat, unsere Pferde zu stehlen? Oder Sir Bloet? Hoffentlich alle drei.

(Unterbrechung)

Schrecklicher Tag. Die Frau des Verwalters und der magere Junge, der vor mir davonlief, als ich den Absetzort suchte, starben beide heute nachmittag. Der Verwalter, selbst erkrankt, will die Gräber für sie ausheben, doch ist der Boden so beinhart gefroren, daß ich nicht sehe, wie er ihn aufbrechen will. Rosemunds und Lefrics Zustand hat sich verschlechtert. Rosemund kann kaum schlucken, und ihr Puls ist schwach und unregelmäßig. Agnes geht es nicht so schlecht, aber ich kann ihr Fieber nicht herunterbringen. Pater Roche sprach das Vespergebet heute abend hier in der Diele.

Nach den vorgeschriebenen Gebeten sagte er: »Guter Jesus, ich weiß, du hast uns Hilfe geschickt, aber ich fürchte, sie vermag gegen diese schwarze Pest nicht die Oberhand zu gewinnen. Die heilige Dienerin Katherine sagt, dieser Schrecken sei eine Krankheit, aber wie kann es sein? Denn sie geht nicht von einem Menschen zum anderen, sondern ist überall zur gleichen Zeit.«

So ist es.

(Unterbrechung)

Ulf, der Dorfvorsteher.

Sibbe, Tochter des Verwalters.

Joan, Tochter des Verwalters.

Die Köchin (Ich weiß ihren Namen nicht).

Walthef, ältester Sohn des Verwalters.

(Unterbrechung)

Mehr als fünfzig Prozent der Dorfbewohner sind erkrankt. Lieber Gott, bitte verschone Eliwys und Pater Roche.

29

Er rief um Hilfe, doch niemand kam, und er dachte, daß alle anderen gestorben seien und er als einziger übriggeblieben, wie der Mönch John Clyn im Franziskanerkloster, wo er den Tod erwartet hatte.

Er wollte den Knopf drücken und die Krankenschwester rufen, konnte ihn aber nicht finden. Auf dem Nachttisch neben dem Bett gab es eine Handglocke, und er streckte die Hand danach aus, aber in seinen Fingern war keine Kraft, und sie klirrte auf den Boden. Sie machte ein gräßliches, endloses metallisches Geräusch, wie der Alptraum einer Glocke, aber niemand kam.

Als er das nächste Mal erwachte, stand die Handglocke wieder auf dem Nachttisch, also mußte jemand dagewesen sein, während er geschlafen hatte. Er blinzelte verschwommen die Glocke an und überlegte, wie lange er geschlafen hatte. Eine lange Zeit.

Im Raum gab es nichts, was darüber Aufschluß hätte geben können. Das diffuse Tageslicht hatte keinen Einfallwinkel und warf keine Schatten. Es konnte Vormittag oder Nachmittag sein. Weder auf dem Nachttisch noch an der Wand gab es eine Uhr oder Zeitanzeige, und er hatte nicht die Kraft, sich umzuwenden und die Wand hinter ihm zu untersuchen. Das Tageslicht fiel durch ein Fenster ein, doch um hinauszusehen und vielleicht irgendeine Orientierung zu finden, hätte er sich aufrichten müssen. Immerhin sah er, daß es regnete. Es hatte auch geregnet, als er zum Brasenose College gegangen war — also konnte es derselbe Nachmittag sein. Vielleicht war er nur ohnmächtig geworden, und sie hatten ihn zur Beobachtung hierher gebracht.

»Auch dies werde ich euch antun«, sagte jemand. Dunworthy öffnete die Augen und tastete nach seiner Brille, aber sie war nicht da. »Ich werde Schrecken auf euch herabrufen, Schwindsucht und brennendes Fieber.«

Es war Mrs. Gaddson. Sie saß auf dem Stuhl neben seinem Bett und las aus der Bibel. Sie trug weder Schutzkleidung noch Atemmaske, doch schien die Bibel noch in Plastik gehüllt. Dunworthy blinzelte kurzsichtig zu ihr hin.

»Und wenn ihr in euren Städten versammelt seid, werde ich die Pestilenz über euch bringen.«

»Welchen Tag haben wir?« fragte Dunworthy.

Sie hielt inne, blickte neugierig zu ihm her und fuhr dann geduldig fort: »Und ihr sollt dem bösen Feind in die Hände fallen.«

Er konnte nicht sehr lang hier gewesen sein. Mrs. Gaddson hatte die Patienten mit ihren düsteren alttestamentarischen Drohungen erfreut, als er gegangen war, Gilchrist aufzusuchen. Vielleicht war es noch derselbe Nachmittag, und Mary war bloß noch nicht dazu gekommen, Mrs. Gaddson hinauszuwerfen.

»Können Sie schlucken?« fragte die Krankenschwester. Es war die reaktivierte uralte Schwester aus dem Magazin. »Ich muß Ihnen etwas geben«, krächzte sie. »Können Sie schlucken?«

Er öffnete den Mund, und sie legte ihm eine Kapsel auf die Zunge, stützte seinen Kopf nach vorn, daß er trinken konnte, und wartete. Ihr steif gestärkter Kittel knisterte bei jeder Bewegung.

Sie ließ seinen Kopf ein wenig zurücksinken. »Haben Sie geschluckt?«

Die Kapsel steckte unten in seiner Kehle, aber er nickte. Die Anstrengung bereitete ihm Kopfschmerzen.

»Gut. Dann kann ich dies abnehmen.« Sie zog etwas mit Klebeband Befestigtes von seinem Oberarm.

»Wie spät ist es?« fragte er und schluckte, um die Kapsel nicht heraufzuhusten.

»Zeit, daß Sie schlafen«, sagte sie und richtete den Blick ihrer zusammengekniffenen Augen auf die Kontrollablesungen der Instrumente hinter seinem Kopf.