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»Ja.«

Dunworthy glaubte es nicht länger ertragen zu können. Wie geht es Ihnen? Besser, danke. Und Ihnen? Danke, auch besser. Natürlich hing es mit der Depression zusammen, aber die war, wenn man den Ärzten Glauben schenken wollte, ein normales postvirales Symptom.

Badri drehte seinen Rollstuhl wieder zum Fenster. Und Dunworthy überlegte, ob er es auch nicht ertragen könne.

»Ich machte einen Fehler in den Koordinaten, als ich sie neu eingab«, sagte Badri, den Blick in den regengrauen Tag gerichtet. »Ich gab die falschen Daten ein.«

Sie waren krank, Sie hatten Fieber, hätte er sagen sollen. Desorientierung und Verwirrung seien frühe Symptome der Infektion. Es war nicht Ihre Schuld, hätte er sagen sollen. Er sagte nichts.

»Ich erkannte nicht, daß ich krank war«, sagte Badri. Er zupfte nervös an seinem Morgenmantel, wie er im Delirium an der Bettdecke gezupft hatte. »Ich hatte Kopfschmerzen, schrieb sie aber der Arbeit am Netz zu. Ich hätte erkennen müssen, daß etwas mit mir nicht stimmte, und das Absetzen unterbrechen sollen.«

Und ich hätte mich weigern sollen, ihr Rat und Unterstützung zu geben. Ich hätte darauf bestehen sollen, daß Gilchrist Parameterprüfungen durchführen ließ. Ich hätte ihn dazu bringen sollen, das Netz zu öffnen, als Badri anfing, Anzeichen von Verwirrung zu zeigen.

»Ich hätte das Netz am dem Tag öffnen sollen, als Sie krank wurden, ohne auf den Rückholtermin zu warten«, sagte Badri. Er drehte den Gürtel seines Morgenmantels zwischen den Fingern. »Aber Sie wissen ja, wie schlecht es mir ging. Ich war zu nichts in der Lage.«

Dunworthy blickte gewohnheitsmäßig zur Wand über Badris Bett, aber dort gab es keine Kontrollanzeigen. Badri trug nicht einmal ein Anklebethermometer. War es möglich, daß er von Gilchrists Entscheidung, das Netz abzuschalten, nichts wußte? Vielleicht hatten sie es Badri aus Sorge um seine Erholung vorenthalten, wie sie ihm die Nachricht von Marys Tod vorenthalten hatten.

»Man weigert sich bis heute, mich aus dem Krankenhaus zu entlassen«, sagte Badri wie zu seiner Rechtfertigung. »Ich hätte einfach gehen und die Verantwortung für einen möglichen Rückfall auf mich nehmen sollen.«

Dunworthy dachte, daß er es ihm sagen sollte. Aber er tat es nicht. Er stand schweigend da, sah zu, wie Badris nervöse Finger den Stoffgürtel drehten und drehten, und hatte Mitleid mit ihm.

»Mrs. Montoya zeigte mir die Wahrscheinlichkeitsstatistik«, sagte Badri. »Glauben Sie, daß Kivrin tot ist?«

Ich hoffe, sie starb am Virus, bevor sie begriff, wo sie war. Bevor sie begriff, daß wir sie dort sich selbst überlassen hatten. »Es war nicht Ihre Schuld«, sagte er.

»Ich war nur zwei Tage zu spät, als ich das Netz öffnete. Ich war überzeugt, sie würde dort sein und warten. Nur zwei Tage.«

»Was?«

»Am Sechsten versuchte ich Erlaubnis zum Verlassen des Krankenhauses zu bekommen, aber sie weigerten sich, weil ich schwach war und noch etwas Fieber hatte. Erst am Achten ließen sie mich schließlich gehen. Ich öffnete das Netz, sobald ich konnte, aber sie war nicht dort.«

»Was reden Sie da?« sagte Dunworthy. »Wie konnten Sie das Netz öffnen? Gilchrist hatte es abgeschaltet.«

Badri blickte zu ihm auf. »Ich hatte die Daten gespeichert«, sagte Badri. »Sie waren so besorgt über die Art und Weise, wie die Absetzoperation lief, daß ich die Fixierung speicherte. Das hätte ich wahrscheinlich auch so getan, für den Fall, daß etwas schiefginge. Am Dienstagnachmittag kam ich zum Balliol College, um Sie zu fragen, aber Sie waren nicht da. Ich hinterließ Ihnen eine Notiz, daß ich Sie sprechen müßte.«

»Eine Notiz«, sagte Dunworthy, »ich habe keine gesehen.«

»Das Laboratorium war offen. Ich machte sicherheitshalber eine zusätzliche Fixierung durch unser Netz am Balliol College.«

Dunworthy schienen plötzlich die Kräfte zu verlassen. Er setzte sich auf das Bett.

»Ich versuchte es Ihnen zu sagen«, sagte Badri, »aber es ging mir so schlecht, daß ich mich nicht verständlich machen konnte.«

Es hatte die ganze Zeit eine Fixierung gegeben. Er hatte Tage und Tage mit Bemühungen vergeudet, Gilchrist zum Aufsperren des Laboratoriums zu bringen, hatte nach Basingame geforscht, auf Polly Wilson gewartet, daß sie einen Schleichweg in den Universitätscomputer ausfindig mache… Und die ganze Zeit war die Fixierung im Balliol gespeichert gewesen!

»Können Sie das Netz wieder öffnen?«

»Natürlich, die Koordinaten sind eingegeben. Aber selbst wenn sie nicht die Pest bekommen hat…«

»Hat sie nicht«, unterbrach Dunworthy. »Sie wurde geimpft.«

»… würde sie nicht mehr dort sein. Seit dem Rückholtermin sind acht Tage vergangen. Sie kann unmöglich die ganze Zeit dort gewartet haben.«

»Kann jemand anders durchgehen?«

»Jemand anders?«

»Ja, um sie zu suchen. Könnte jemand anders die gleiche Absetzoperation benutzen, um durchzugehen?«

»Ich weiß nicht.«

»Wie lang würden Sie brauchen, um alles für einen Versuch vorzubereiten?«

»Höchstens zwei Stunden. Wie gesagt, die Koordinaten sind eingegeben, aber ich weiß natürlich nicht, wie viel Verschiebung es diesmal geben würde.«

Die Tür sprang auf, und Colin kam herein. »Ah, hier sind Sie«, sagte er. »Die Schwester sagte, Sie seien spazieren gegangen, aber ich konnte Sie nirgends finden. Dachte schon, Sie hätten sich verlaufen.«

»Bestimmt nicht«, sagte Dunworthy. »Inzwischen kenne ich mich hier besser aus als mir lieb ist.«

»Sie sagte, daß ich Sie zurückbringen soll«, sagte Colin. Er nahm Dunworthy beim Arm und half ihm auf. »Daß Sie nicht übertreiben sollen.« Er führte ihn zur Tür.

Dort angekommen, blieb Dunworthy stehen. »Welches Netz gebrauchten Sie, als Sie es am Achten öffneten?« fragte er Badri.

»Balliols. Ich fürchtete, ein Teil der Daten könnte gelöscht worden sein, als Brasenoses Netz abgeschaltet wurde, und es war keine Zeit, um ein Schadenfeststellungsprogramm laufen zu lassen.«

Colin hielt die Tür auf. »In einer halben Stunde kommt die andere Schwester zum Dienst. Wenn die sieht, daß Sie auf sind, können Sie was erleben.« Er zog Dunworthy durch die Tür und ließ sie zufallen. »Tut mir leid, daß ich nicht früher gekommen bin, aber ich mußte Impfpläne nach Godstow hinausbringen.«

Dunworthy lehnte schwach an der Tür. Es mochte zuviel Verschiebung geben, und der Techniker saß im Rollstuhl, und er war nicht sicher, ob er bis zum Ende des Korridors, geschweige denn zurück zu seinem Krankenzimmer gehen konnte. Was hatte er sich für Sorgen gemacht. Und die ganze Zeit hatte es eine zweite Fixierung gegeben.

»Fehlt Ihnen was?« fragte Colin. »Haben Sie einen Rückfall oder was?«

»Nein, es geht schon.«

»Haben Sie Mr. Chaudhuri gefragt, ob er die Fixierung nach den gespeicherten Daten neu anlegen kann?«

»Ich brauchte ihn nicht zu fragen«, sagte er. »Er hatte eine zweite Fixierung vorgenommen, sicherheitshalber.«

»Eine zweite Fixierung?«

»Heißt das, daß Sie sie retten können?«

Er blieb stehen und stützte sich auf den Bahrenwagen. »Ich weiß nicht.«

»Ich werde Ihnen helfen«, sagte Colin. »Was soll ich tun? Ich tue alles, was Sie sagen. Ich kann Botengänge machen und Dinge für Sie holen. Sie brauchen überhaupt nichts zu tun.«

»Es könnte sein, daß es nicht klappt«, sagte Dunworthy. »Die Verschiebung kann bei dem zeitlichen Abstand fünf Jahre ausmachen…«

»Aber Sie werden es versuchen, nicht? Nicht wahr?«

Mit jedem schlurfenden Schritt zog sich ein eiserner Reifen enger um seine Brust, und Badri hatte bereits einen Rückfall erlitten, und selbst wenn sie es schafften, war noch nicht gesagt, daß das Netz ihn durchschicken würde.

»Ja«, sagte er, »ich werde es versuchen.«