Henri sprang lachend unter sie, rief: «Noch nicht das ewige Leben, das haben wir noch nicht gewonnen, aber dieses.» Faßte den größten Humpen und stieß ihn gegen alle anderen, die seine tapferen Hauptleute ihm entgegenhielten. Sie verschlangen, womit die riesigen Schüsseln beladen waren; Henri so viel wie einer. Ihre lauten Stimmen erzählten ihre Taten in dieser Schlacht, und Henri die seinen, hell wie eine Trompete. In dem langen Saal war die Luft verdichtet vom Rauch der Fackeln, Qualmen des Bratherdes, und von den heißen Ausdünstungen der Soldaten. All ihre lederne Tracht hat dunkle Flecken; welche sind von ihrem Blut, und welche vom Blut getöteter Feinde? ‹Ich seh euch, aber ihr seht nicht, daß ich geweint habe.
Genug getrauert um meine Landsleute, die ich selbst hab hinschlachten müssen, und hätten mir doch später treu gedient. Dort hängen von der Decke ihre Banner, die von ihnen übrig sind. Gut und recht — aber das Banner des Königs von Frankreich will ich mir nicht holen, und er selbst soll nicht drunten auf dem Tisch liegen, indes ich oben tafle. Das nicht, ich schwör es› — sprach er zu sich selbst, tat aber den Tischgenossen munter Bescheid.
Valois steht längs der Loire mit seinem letzten Heer und deckt sein Königreich. ‹Ich tu dir nichts, Valois, und für dein Königreich schlag ich meine Schlachten. Wir müssen noch fertig werden mit Guise, das wissen wir beide. Jetzt mag er die deutschen Landsknechte zurücktreiben nach der Schweiz, du aber ziehst statt seiner siegreich in deine Hauptstadt ein, mein Valois. Denn ich tu dir nichts, wir verstehen uns.›
Gedacht, getan, und tags darauf stieg Henri zu Pferd, um durch die ganze Guyenne bis nach Bearn zu reiten; hatte bei sich einen berittenen Trupp und zweiundzwanzig eroberte Fahnen, die brachte er der Gräfin Gramont. Er handelte romantisch, wie alle sahen. Anstatt seinen Sieg zu verfolgen und den König zu schlagen, schwelgte er im Gefühl und trug eroberte bunte Fahnen bis vor die Füße seiner Freundin. Darüber große Enttäuschung bei den Siegern von gestern; ja, des Verrats wird Henri beschuldigt von fremden Protestanten, die leicht reden haben, je weiter fort sie sind von diesem Königreich.
Er kam an, da stand auf der Treppe ihres Schlosses, in Weiß und überflutet von Perlen, die Fee Corisande, so himmlisch er sie nur träumte. Alle Fahnen wurden vor ihr geschwungen und gesenkt; dann, als wäre er hiernach würdig genug, schritt Henri zu ihr hinan und führte sie hinein an der erhobenen Hand. Sie konnte nicht sagen, wie glücklich sie war. So glücklich war seine Muse, daß sie alles vergaß, was nicht sein Sieg und großer Weg war. Kein Gedanke an Bitterkeit oder eigenen Anspruch: sie vertraute ihm sanftmütig. Mütterlich bedauerte sie seine Mühen, freute sich, daß sie belohnt worden waren; hätte sich in Wahrheit aber wünschen müssen, daß sie lange währten, wie es dann auch kam. Solange das Glück in der Schwebe bleibt, ist noch die Zeit der Muse: dies aber ist ihr fröhlicher Tag.
Moralité
Imperceptiblement il avance. Tout le sert, et ses efforts, et les efforts des autres pour le refouler, ou le tuer. Un jour on s’aperçoit, qu’il est fameux et que la chance le désigne. Or, sa vraie chance c’est sa fermeté naturelle. Il sait ce qu’il veut: par cela il se distingue des indécis. Il sait surtout ce qui est bien et sera admis par la conscience des hommes ses pareils. Cela le met franchement à part. Personne, parmi ceux qui s’agitent dans cette ambiance trouble, n’est aussi sûr que lui des lois morales. Qu’on ne cherche pas plus loin les ori-gines de sa renommée qui ne sera plus jamais obscurcie. Les contemporains, d’alors et de quelques autres époques, ont pour habitude de s’incliner devant tout succès, même infâme, quitte à se recuser aussitôt traversé ce passage où soufflait un vent de folie. Par contre, les succès d’Henri n’étaient pas pour humilier les hommes, ce que n’évitent guère la plupart des chefs heureux. Ils devaient plutôt les rehausser dans leur propre estime. On ne voit pas d’habitude l’héritier d’une couronne, que le parti dominant répudie voilemment, gagner à sa cause, par des procédés d’une honnêteté pathetique, le roi même que force lui est de combattre. Combien il voudrait aider ce roi, au lieu de devoir le diminuer, lui et son royaume. Il a eu ses heures de faiblesse et la tentatation d’en finir ne lui est pas restée inconnue. Cela le regarde. A mesure qu’il approchaít du trône il a fait comprendre au monde qu’on peut être fort tout en restant humain, et qu’on défend les royaumes tout en défendant la saine raison.[10]
Die Toten am Wege
Wer wagt es?
Am neunten Mai 1588 schleicht der Herzog von Guise sich heimlich mit wenig Begleitung in Paris ein. Der König hat ihn bitten, ängstlich bitten lassen, er möge nicht kommen. Valois weiß, daß die bloße Gegenwart des anderen sein Ende einleitet, oder sie entscheidet das Ende des anderen. Wer von beiden wagt, und wagt es früher? Guise hat damals die fremde Armee der Hugenotten vernichtet, das königliche Heer unter Joyeuse ist im Gegenteil geschlagen worden von Navarra. Trotzdem hat der arme König versucht, sich als den Sieger aufzuspielen; das Volk und die ehrbaren Leute verachten ihn einmütig. Seine Parlamentarier, die großen Richter des Landes, sind fast als einzige noch königlich gesinnt: sie sind im Denken erfahren. In dieser unübersichtlichen Lage darf man nicht vom Gesetz abweichen, aber das Gesetz ist der König. Wem können sie es sagen und begreiflich machen? Weder den Reichen, denen Guise, nicht der absterbende Valois, für ihr Geld bürgt, noch den aufgeregten Leuten auf der Straße, die «Hungersnot» schreien. Es ist schon oft gehungert worden: kein Grund zur Annahme, daß man das gewohnte Maß des Fastens nächstens würde überschreiten müssen. Eine Volksmenge indessen, die einmal falsch gewählt hat, begeht auch weiterhin nur Unsinn. Sie sind für Guise, einen Abenteurer und Massenbetrüger im feindlichen Sold. Ihre widernatürliche Parteinahme erzeugt bei ihnen Wut und Angst — es ist der Widerstand ihres Gewissens, aber das verstehen sie nicht. Wegen zerrütteten Gemütes ergibt Paris sich seiner eingebildeten Hungersnot.
Guise mit seinen fünf oder sechs Reitern gelangt bis in eine volkreiche Straße, noch immer unerkannt, das Gesicht unter dem Hut und dem Mantel. Die Stadt, besonders die zahlreichen Klöster, sind von seinen Truppen voll, er kann sie rufen, wo immer er sich befindet. Aber er spielt den Furchtlosen und den Geheimen, der überraschenden Wirkungen wegen. Bald ein Vierziger und Vater vieler Söhne, behält er noch immer die schaustellerische Wucht der Mittel, mit denen solch ein Unberufener sich in Szene setzt. Sein eigener junger Mann, der dafür abgerichtet ist, zieht dem geheimnisvollen Reiter den Hut und den Mantel weg, der kleine Schalk, und ruft helclass="underline" «Edler Herr, geben Sie sich zu erkennen!»
Vor dem König in seinem Schloß Louvre sagte währenddessen die alte, sehr alte Königin Madame Catherine: «Guise ist der Stab meines Alters.» Ihr Sohn blickte mit schweren Augen auf die Erfinderin der Bartholomäusnacht, deren letzte Folgen jetzt auf ihn niederfielen, und das wußte er sogar ohne besondere Meldung. Diese traf aber alsbald ein, und mit der Ankunft des Herzogs von Guise erfuhr man auch gleich seinen Erfolg. «Wir sind gerettet!» hatte als erste eine feine Dame dem Herzog zugerufen, wobei sie ihre Maske von den Augen herabzog. «Guter Fürst, wir sind gerettet!» Darauf geriet die ganze Straße in ein Wogen der Begeisterung. Keine Hungersnot mehr, Führer verjagt Hungersgespenst! Tränen der Freude flossen. Stiefel, die vom Pferd hängen, kann man einfach küssen. Rosenkränze wurden an ihm gerieben, damit er sie heiligte, und natürlich wurden Menschen erdrückt.
10
Unmerklich gewinnt er Boden. Alles ist ihm dabei dienlich, sowohl seine eigenen Anstrengungen wie auch die Anstrengungen der anderen, die ihn zurückdrängen oder ihn töten wollen. Eines Tages gewahrt man, daß er berühmt ist und daß das Glück ihn zeichnet. Nun, sein wahres Glück ist seine natürliche Festigkeit. Er weiß, was er wilclass="underline" dadurch zeichnet er sich vor den Unentschlossenen aus. Er weiß vor allem, was recht und gut ist, und wird vom Bewußtsein derer, die seinesgleichen sind, darin anerkannt. Das macht ihn frischweg zu einem Besonderen. Niemand unter denen, die sich in einer solch trüben Atmosphäre bewegen, ist der moralischen Gesetze so sicher wie er. Man suche nicht noch weiter die Ursprünge seines Rufes, der niemals mehr verdunkelt werden wird. Seine damalige Zeitgenossen, wie die anderen Epochen, haben die Gewohnheit, sich jedem Erfolg zu beugen, selbst dem ruchlosesten, der sich aller Verantwortung für ledig erklärt, sobald er erst einmal diesen Engpaß hinter sich hat, durch den ein Wind des Wahnsinns stürmte. Im Gegenteil dazu waren die Erfolge Henris nicht dazu angetan, die Menschen zu demütigen, was die meisten glückhaften Führer kaum vermeiden können. Die seinen sollten die Menschen vielmehr in ihrer eigenen Wertschätzung erhöhen. Nicht oft sieht man den Erben einer Krone, den die herrschende Partei gewaltsam zurückstößt, durch großartige Ehrlichkeit für die eigene Sache den König gewinnen, der er eigentlich bekämpfen müßte. Wie gern möchte er diesem König beistehen, anstatt ihn schmälern zu müssen, ihn samt seinem Königreich. Er hat seine Stunden der Schwachheit gehabt, und die Versuchung, allem ein Ende zu machen, ist ihm nicht unbekannt geblieben. Das ist seine Sache. An der Art, wie er sich dem Throne näherte, hat er der Welt begreiflich gemacht, daß man stark sein und dabei doch menschlich bleiben kann und daß man die Königreiche verteidigt, indem man schlichthin die gesunde Vernunft verteidigt.