Sieg! Es war wohl eher ein Beutezug gewesen. Dennoch verstand Kleopatra, daß ihn die Nachricht schmerzte. Selbst sein General Ventidius hatte einen Triumph für seine Erfolge in Syrien feiern dürfen und Sosius sogar einen nur für die Rückeroberung Jerusalems. Und nun würde er leer ausgehen? Es war, als ob Rom ihn vergessen hätte, als ob sie ihn nicht mehr für einen der Ihren hielten.
»Aber ich habe ihn verdient!« schrie er wütend auf.
Er drehte sich um, ergriff eine gefüllte Amphore und schleuderte sie an die Wand. Das Gefäß zerschellte, und der Wein sickerte wie ein roter Blutbach an der Wand herab.
»Ich habe ihn verdient!«
Das war es, was er wollte: Das Volk sollte seinen Namen jubeln, so wie zuvor den Caesars. Er wollte auf dem geschmückten Triumphwagen stehen, genau wie der alte Knabe - vor ihm die Kriegsgefangenen und die Fuhrwerke mit den erbeuteten Schätzen, vorbei an dichtgedrängten Menschenmassen. Die Budenbesitzer sollten grölen, die Brotverkäufer, die Kesselflicker, die Besitzer der Spelunken sowie der ganze andere Pöbel.
»Du sollst deinen Triumph haben«, sagte Kleopatra.
»Wie denn?«
»Wenn man es in Rom nicht tut, dann geschieht es eben hier in Alexandria.«
Er starrte sie verdattert an. »In Alexandria?«
»Warum denn nicht?«
»Triumphe feiert man nur in Rom.«
»Vielleicht die römischen Triumphe. Wir werden dir einen alexandrinischen Triumph bereiten.«
Antonius ließ sich die Worte eine Weile durch den Kopf gehen. Kleopatra beobachtete die wechselnden Gefühle, die sich auf seinem Gesicht abmalten. Warum eigentlich nicht? schien er sich zu sagen. Es wäre eine Form der Rache. Antonius, der Rom beweist, daß man ihn weder übergehen noch beleidigen kann.
»Octavian wird dir nie gewähren, was dir gebührt«, flüsterte Kleopatra. »Es ist genau wie mit den Legionen, die er dir versprochen hatte. Er hat dir nur seine Schwester gegeben, damit sie dich ausspionieren kann und hindern...«
»Ausspionieren... «
»Bist du noch nie auf die Idee gekommen?«
»Du glaubst, sie war eine Spionin? Von Anfang an?«
»Octavian lag jedenfalls nie an Eurem Bündnis.« Armer Antonius, es dauerte so lange, bis er Octavians Ränke erfaßte. »Verzichte auf das Amt des Triumvirs. Es wird Zeit, daß du der alleinige Herrscher des Ostens wirst.«
Plötzlich glomm in seinen Augen ein Funke auf. Vielleicht erkannte er endlich das Ausmaß seiner Möglichkeiten. »Ich habe meinen Triumph verdient«, murmelte er. »Ich habe ihn verdient.«
3
Diese ganze fremdländische Umgebung kann ja nichts Gutes bewirken, dachte Ahenobarbus. Die Wandschirme aus Perlmutt, die golddurchwirkten Kissen und Schemel aus Ebenholz, die weichen Ruhebänke und Alabasterlampen, die schweren seidenen Behänge. Wir sind Römer! Der orientalische Luxus darf sich nicht in unsere Seelen fressen - er ist wie Rost auf einem Schwert.
»Da kommt seine Herrlichkeit«, grummelte er, an Canidius gewandt. Lächerlich, dachte er, wie Antonius da in den Raum gesegelt kam, mit Kleopatra, den Lustknaben und den Eunuchen im Schlepptau, den Friseuren, Nagelbeschneidern, Bauchnabelreinigern und was sonst nicht alles - der Hof sieht aus wie eine Wanderkomödie. Und allen voran Antonius, in fließender Robe und Juwelenpantoffeln, beringt wie einer, der Huren verkauft, und nicht wie ein römischer Magistrat.
»Ich habe gehört«, flüsterte Munatius Plancus, »daß er in Alexandria einen Triumph feiern will.«
»Was will er?« stieß Ahenobarbus hervor.
Plancus genoß es, der erste zu sein, der die Neuigkeit verkünden konnte. »Der Triumph findet in Alexandria statt. Für unseren Sieg im Krieg gegen Armenien.«
»Das war doch kein Krieg! Wir sind lediglich einmarschiert, haben uns die Beute geschnappt und sind wieder hinausmarschiert.«
»Wir kamen, sahen und nahmen«, murmelte Canidius.
»Er kann außerhalb Roms keine Triumphe feiern.«
Plancus zuckte die Achseln. »Genau das wird aber behauptet.«
Ahenobarbus schüttelte den Kopf. Es war Irrsinn - der blanke Irrsinn.
»Ich bitte dich, das Ganze noch einmal zu überdenken«, sagte Ahenobarbus. »Um unserer aller willen.«
Antonius hatte sich auf einen Sessel gefläzt, der aussah wie ein Thron. Neben ihm stand ein Krug mit Wein. Früher hatte Ahenobarbus sich nie an Antonius' Weinkonsum gestört, doch inzwischen fand er, daß dessen Trunksucht haltlos geworden war.
»Findest du nicht, daß mir ein Triumph zusteht?« erkundigte Antonius sich empört und setzte sich aufrecht. »Rom verweigert mir die Armee, liefert weder Waffen noch Proviant, und dennoch erobere ich eine neue Provinz für das Reich. Und du findest, daß ich keinen Triumph verdiene?«
»Ich sage ja nicht, daß du ihn nicht verdienst...«
»Sondern?«
Ahenobarbus hatte Antonius noch nie so wütend gesehen. Wo war der sorglose Soldat von früher geblieben? Der neue Antonius gefiel ihm sehr viel weniger. »Ich sage doch nur, daß du Rom nicht den Rücken kehren sollst.«
»Du willst immer noch, daß ich zurückgehe?«
»Aber ja.«
»Dann sag mir doch, was mich dort erwartet! Ich darf in Italien keine Truppen ausheben, ich habe kein Geld, keine Flotte, keine Einkünfte. Ich könnte noch nicht einmal einen Aufstand in einem Bäckerladen beginnen, geschweige denn woanders.«
»Du hast noch Freunde im Senat. Mächtige Freunde.«
»So mächtig, daß sie noch nicht einmal meinen Triumph durchsetzen konnten?«
»Das ist doch nicht so wichtig.«
»Für dich vielleicht nicht«, herrschte Antonius ihn an.
»Du tust einen Schritt, den wir alle bereuen werden.«
»Ich brauche Kleopatras Geld. Es ist weder das erste noch das letzte Mal, daß ein Römer sich fremder Hilfe bedient. Pompejus hat Spanier gegen Caesar eingesetzt, Brutus führte bei Philippi Gallier gegen uns ins Feld. Und als Caesar hier belagert wurde, hat ihn keine römische Legion befreit, sondern die Vasallen Mithridates und Herodes taten es. Danach hat er mit Kleopatras Geld die Kriege in Afrika und Spanien bestritten. Ich habe nichts anderes vor als er. Ägypten ist die Schatztruhe der Welt, und dank Kleopatra habe ich dazu Zugang.«
»Ich sage ja auch nur, daß in Rom...«
»Wenn ich mich wieder nach Rom begebe, verliere ich Kleopatras Unterstützung, das hat sie mir deutlich gesagt. Damit ist alles geklärt, denn zur Zeit brauche ich sie noch dringend.«
Ahenobarbus betrachtete ihn nachdenklich. Es ergab tatsächlich einen Sinn. Sie brauchten Ägypten, wenn sie ihre Kriege gewinnen wollten. Doch gefallen mußte es ihm deshalb noch lange nicht. Er spürte es in den Knochen, daß dabei nichts Gutes herauskam.
»Octavian ist schon wieder krank«, fuhr Antonius fort. »Wer weiß, ob er nicht in den nächsten Wochen stirbt. Doch selbst wenn nicht, wird er auf Dauer die Truppen nicht im Zaum halten können, denn der Geldbeutel Roms ist leer. Wie du schon sagtest, gibt es noch Senatoren, die mich unterstützen. Wir wollen abwarten, was daraus wird. Vielleicht überhäufen mich andere mit Schmähungen, doch das werde ich ebenso überleben wie die Beleidigungen Octavians.«
»Es geht nicht um Beleidigungen. Der Pöbel Roms...«
»Der Pöbel!«
»Die Römer interessieren sich nicht für Hintergründe. Für das Volk ist der Triumph gleichbedeutend mit freiem Essen und Spielen. Sie werden glauben, daß du ihnen das versagen willst.«
»Aber nicht ich versage es ihnen, sondern Octavian!«
»So sehen sie es aber nicht.«
»Das Volk ist mir ganz gleich.«
»Es ist dir nicht gleich, wenn es dich umjubelt.«
»Ich halte meinen Triumph so ab, wie ich es will. Und auch Kleopatra erhält, was sie sich wünscht.«