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»Am liebsten erzählt man sich jedoch im Forum, daß Antonius jetzt einen goldenen Nachttopf benutzt.«

Kleopatra starrte ihn sprachlos an. Einen goldenen Nachttopf? Wer dachte sich so etwas aus? »Der edle Herr Antonius hatte sich dem Laster bereits ergeben, bevor ich ihn kennenlernte. Mit seinen Gewohnheiten habe ich nichts zu tun, wenngleich ich nicht glaube, daß der Gebrauch eines goldenen Nachttopfes dazugehört.«

»Hinter alldem steckt Octavian«, ließ Mardian sich vernehmen.

»Das gleiche denke ich auch«, pflichtete Apollodoros ihm bei. »Er gibt sich große Mühe, sich gegen Antonius abzuheben, und stellt sich als Inbegriff römischer Tugend dar. Und dennoch weiß ich von einer Freundin, daß seine Gier nach Jungfrauen unersättlich ist. Sie werden ihm von Maecenas geliefert, doch manchmal auch von seiner Frau.«

Diese Römer! dachte Kleopatra. Erstaunliche Menschen! Barbaren! Ein Wunder, daß sie überhaupt eine zivilisierte Sprache beherrschten, von anderen Erfolgen ganz zu schweigen?

»Wer ist diese Freundin?«

»Sie unterhält ein Bordell in der Nähe des Circus Maximus. Wir kennen uns schon sehr lange, Majestät, und... «

Kleopatra hob abwehrend die Hand. »Die Einzelheiten mußt du mir nicht erzählen.«

»Mir auch nicht«, grummelte Mardian vor sich hin.

»Wie findet das Volk denn Octavian, den edlen Sohn des Gottes?« erkundigte Kleopatra sich weiter.

»Er ist noch immer nicht beliebt, doch es ist besser geworden. Man nennt ihn auch nicht mehr Octavian, sondern Caesar, so daß man häufig nicht weiß, ob vom Onkel oder Neffen die Rede ist. Er versucht auf vielerlei Arten die Gunst des Volkes zu gewinnen.«

»Nenn sie mir.«

»Nun, Rom erlebt eine Zeit der Renaissance, die Stadt wird in Marmor wiedergeboren. Neue Tempel werden gebaut, neue Basiliken, neue Amphitheater, sogar eine Bibliothek. Man könnte fast annehmen, daß sie Alexandria imitieren.«

»Woher hat Octavian das Geld dafür?«

»Nicht aus der eigenen Tasche«, kam es von Mardian.

»Natürlich nicht. Er hat seine Anhänger überredet, in die neuen Projekte zu investieren. Er macht ihnen Zusagen, sie geben ihm ihr Geld.«

»Das hat er von Antonius gelernt«, erklärte Mardian, doch Kleopatra brachte ihn mit einem drohenden Blick zum Schweigen.

»Agrippa hat dafür gezahlt, daß man die Cloaca Maxima reinigt. Die Stadt wirkt gar nicht mehr wie Rom, seit der Gestank verschwunden ist.«

»Und ich habe immer geglaubt, er stamme von den Senatoren«, spöttelte Kleopatra.

»Außerdem hat Octavian angeordnet, daß der Besuch von Bädern und Theatern unentgeltlich ist«, fuhr Apollodoros fort. »Sogar die Wagenrennen darf man nun kostenlos genießen. Und an die Armen der Stadt läßt er Öllampen verteilen, die mit kleinen Silberdelphinen verziert sind, um an seinen Sieg über Sextus zu erinnern.«

Mardian gab ein verächtliches Schnauben von sich. »Dabei erzählt man sich, daß er wie ein Mädchen unter Deck gekauert hat, als die Kämpfe ausgefochten wurden. Agrippa hat diese Schlacht gewonnen.«

Apollodoros hob die Schultern. »So steht es aber nicht in den offiziellen Dokumenten.«

Kleopatra warf Mardian einen bedeutsamen Blick zu. »Octavian ist schlau.«

»Das ist er in der Tat«, stimmte Apollodoros ihr zu. »Er läßt sich auch einen Tempel neben seinem Haus auf dem Palatin. errichten, für seinen neuen Schutzherrn Apoll.«

»Für Apoll?« fragte Kleopatra erstaunt. Doch dann begriff sie den Zusammenhang. Apoll galt als der Hüter von Recht und Ordnung, die Inbegriffe römischer Tugend. Octavians Botschaft war deutlich und durfte als Warnung gelten, denn in den alten Göttergeschichten war es auch Apoll, der Dionysos tötete.

»Gibt es denn überhaupt noch jemanden in Rom, der etwas Gutes über Antonius sagt?« fragte Kleopatra.

Apollodoros wurde zurückhaltender. »Seit den Schenkungen sind solche Stimmen seltener zu finden...«

»Seit den was?«

»So nennt man sie in Rom. Die Schenkungen von Alexandria. Es handelt sich um die Erklärungen, die Antonius nach seinem Triumph abgegeben hat.«

Alle drei versanken in nachdenkliches Schweigen. »Vielleicht sollte unser Römer doch lieber zurückgehen«, ließ sich Mardian nach einer Weile vernehmen. »Das Blatt wendet sich gegen uns.«

Kleopatra bedachte ihn mit einem kalten Blick. »Wenn der Herrscher des Ostens nach Rom geht, begleitet ihn seine Königin, oder aber er geht gar nicht.«

Darauf gaben die beiden Männer vorsichtshalber keine Antwort, denn wenn die Königin in diese Stimmung geriet, war es besser, nicht mit ihr zu streiten.

»Vielen Dank, Apollodoros«, sagte Kleopatra schließlich.

Apollodoros verabschiedete sich und war froh, daß jetzt sein Schwager und nicht er Kleopatras Laune ausbaden durfte. Dabei hatte er ihr das Ausmaß der Hysterie in Rom noch vorenthalten. In Wirklichkeit waren die Römer außer sich, was Antonius und sein ägyptisches Abenteuer betraf.

Jede einzelne Lügengeschichte wurde als Wahrheit aufgenommen. Man konnte es sich nicht ausmalen, wenn man es nicht selbst erlebt hatte. Was ihn betraf, so war er überzeugt, daß die Römer vor Panik den Verstand verloren hatten.

»Dekadent!« Antonius lachte, als Kleopatra ihm Apollodoros' Bericht weitergab. »Unrömisch! Und das behauptet ein Junge, der seinen Hintern unter Caesars Freunden im Badehaus verhökert hat. Angeblich hat er Aulus Hirtius dreihunderttausend Sesterzen dafür abgeknöpft.«

Das hatte Kleopatra nicht gewußt, und sie fragte sich, ob es stimmte oder ob Antonius sich das ausgedacht hatte.

»Und was ist mit seiner Frau? Sie war mit einem anderen verheiratet, als er sich mit ihr eingelassen hat. Und schwanger war sie obendrein. Und dann glaubt er, er könne mich als dekadent bezeichnen?« Antonius wußte offenbar nicht, ob er erbost oder belustigt sein sollte.

»Nun jedenfalls hat er vor, dich zu vernichten.«

»Weißt du, daß er sich Straßenhuren beschaffen läßt? Seine Frau ermuntert ihn sogar dazu. Wahrscheinlich ist sie froh, wenn er sie in Ruhe läßt. Hast du dir einmal seine Zähne angeschaut? Auf ihnen wächst mehr Moder als auf alten Säulen.«

Kleopatra ließ ihn reden und trat ans Fenster. Sie schaute dem Orontes nach, wie er sich zwischen den grünen Feldern verlor. Auf seinen Wellen spielte das Sonnenlicht. Der Sommer war fast vorbei, ein Sommer, den Antonius mit dem Aufstellen neuer Truppen zugebracht hatte, die er von seinen Vasallen erhalten hatte. Er plante stur den neuen Krieg gegen Parthien, da er sich dem wahren Kampf nicht stellen wollte.

»Du mußt etwas dagegen unternehmen«, sagte Kleopatra.

Auf Antonius' Gesicht breitete sich ein Grinsen aus. »Also weißt du, es ist wirklich allerhand! Eine Junge, dessen Vater Geldverleiher war und dessen Mutter mit Duftwässern gehandelt hat.«

»Er hat vor, dich zu vernichten«, wiederholte Kleopatra. »Der Junge ist inzwischen ein Mann. Er hat sich an die Macht gewöhnt und weiß, wie man sie benutzt.«

Du hingegen, dachte sie, bist kein junger Mann mehr, sondern beinahe so alt wie Caesar, als ich ihn das erste Mal traf. Fast das gleiche Alter, doch welch ein Unterschied! Caesar war ein Mann von Geist und Verstand, doch du denkst nur an deine körperlichen Freuden.

»Zieh mit deiner Armee nach Italien, nicht nach Parthien.«

Antonius' Grinsen erlosch. »Ich habe keinen offiziellen Grund, gegen Octavian vorzugehen.«

»Dann denk dir einen aus.« Diese Römer mit ihren Gesetzen!

Er wandte sich unwirsch ab. »Schuld daran hat nur dieser Armenier. Ohne ihn gehörte mir jetzt schon alles.«

Kleopatra konnte ihre Wut nicht länger im Zaum halten. »Vergiß doch endlich den Armenier! Vorbei ist vorbei. Es läßt sich nicht mehr ändern!«

»Ich hätte geduldiger sein müssen. Es war mein Fehler. Ich habe einfach zu viele Fehler gemacht. Beim nächsten Mal mache ich es anders.«