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Wohin man sah, erblickte man Caesarstatuen, und die Menschen in der Stadt redeten von ihm, als sei er noch am Leben. Im Juliustempel des neuen Forums wurde seine Statue wie eine Gottheit verehrt, der Opfer gebracht und zu der gebetet wurde.

Du alter Schurke, dachte Ahenobarbus, als er vor der Statue stand. Das alles hast du deinem Neffen zu verdanken, der dich zu Lebzeiten nicht ausstehen konnte, geschweige denn, daß er inzwischen etwas von dir hielte. Doch er hat dafür gesorgt, daß das Volk dich als Gott ansieht. Dabei warst du nur ein gerissener Fuchs, der zu taktieren verstand, und das einzig Übernatürliche an dir waren die vielen Weiber, die du bestiegen hast, du gieriger, glatzköpfiger Mörder.

In den Läden waren die Regale mit Trinkbechern gefüllt, auf denen Motive aus dem Omphale-Mythos abgebildet waren. Auch dabei hatte Octavian seine Hand im Spiel gehabt, denn Omphale war die Königin, die Herkules drei Jahre lang als Sklaven gehalten hatte. Auf den Bechern trug sie den Helm des Helden, seine Keule und sein Löwenfell, während er sich als Frau verkleidet neben ihrem Wagen befand und einen Sonnenschirm über sich hielt. Der Bezug zu Antonius war für jedermann erkennbar.

Ein Straßenhändler folgte Ahenobarbus und bedrängte ihn derart, einen der Becher zu kaufen, daß Ahenobarbus drohte, ihn in ein Faß mit ranzigem Öl zu werfen. Als der Mann dennoch nicht von ihm abließ, schleuderte Ahenobarbus den hingehaltenen Becher gegen die nächste Hausmauer, würgte den Händler und stieß ihn zu Boden.

Omphale oder Kleopatra, die Frauen waren schon immer Antonius' Schwäche gewesen, doch daß sie ihm nachgerade zum Verhängnis werden würden, hätte man vorher nicht gedacht.

Ahenobarbus erhob sich, um seine Rede vorzutragen. Er rückte sich seine Toga zurecht, deren Schwere er nicht mehr gewöhnt war. Dann räusperte er sich und schaute auf die wohlgenährten Gesichter im Senat, die ihm nun mit finsteren Mienen entgegenstarrten.

»Erlauchte Senatoren«, hub er an. »Ihr habt in der letzten Zeit Ungutes über die Taten des Triumvirs Marcus Antonius gehört. Ich bin hier, um euch zu beruhigen und euch zu versichern, daß er sich nie jenseits unserer Gesetze bewegt hat. Antonius ist und bleibt ein großer Römer...«

Danach schilderte er die Geschichte von Anfang an:

Wie Antonius die berühmte Schlacht bei Philippi geschlagen hatte, während Octavian krank auf seinem Lager lag.

Wie Octavian sich später Antonius' gallischer Truppen bemächtigt und nur Antonius' große Duldsamkeit Rom vor einem weiteren Bruderkrieg gerettet hatte.

Wie Antonius Octavian in Tarent vier Flottengeschwader überlassen hatte, damit er den Piratenkönig Sextus Pompejus bekämpfen konnte, und Octavian ihm dafür vier Legionen versprach, die Antonius nie geliefert bekam.

Wie Antonius sich zum Ruhme Roms an die Eroberung Parthiens gemacht hatte, wenngleich Octavian ihm weiterhin Hilfe versagte und man sich daraufhin der Hilfe seitens Ägyptens versichert hatte, dem Freund und Verbündeten Roms.

Wie im Rahmen dieses Feldzugs Armenien Rom zugeführt wurde, eine Tat, die der Senat ungewürdigt gelassen hatte.

Er erklärte, daß die vermeintlichen Schenkungen nichts anderes seien als eine Umordnung der Macht der Vasallenkönige und daß Antonius weiterhin oberster Herrscher über diese Gebiete sei, gemäß der Vereinbarungen von Brindisi.

Schließlich schwor er, daß der edle Antonius den Gesetzen Roms treu ergeben sei, wogegen Octavian die Auflagen des Triumvirats mißachte. Auch sei es allein dessen Verantwortung, daß Rom sich nicht stabilisiere. Käme es zu einem neuen Bruderkrieg, so läge die Schuld nur bei diesem Mann und gewiß bei keinem anderen. Er gebe daher zu bedenken, ob es nicht ratsam sei, Octavian zum Feind des Volkes zu erklären.

Als Ahenobarbus sich setzte, erntete er Schweigen.

Danach erhob sich Octavian.

»Ich habe die schönen Worte des guten Ahenobarbus vernommen«, setzte er an. »Und ich bin voller Bewunderung für sein Geschick, die Fakten für Antonius in ein so günstiges Licht zu rücken.«

Einige der Senatoren fingen an zu glucksen.

»Wie ich feststellen konnte, hielt er es für angemessen, die Rolle der Königin von Ägypten in diesen Angelegenheiten zu verschweigen. Nur leider muß ich mich fragen, ob Antonius nicht von dieser Frau verblendet wurde und ob seine Taten nicht eher ihren Zielen dienen anstatt den unseren?«

Ahenobarbus spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoß. Genau davor hatte er Antonius immer gewarnt. Die Verbindung mit dieser Königin machten alle Bemühungen zunichte.

»Da wäre zuerst einmal ihre Behauptung, ihr Sohn sei tatsächlich ein Nachkomme Caesars«, höhnte Octavians Stimme weiter. »Wie viele Kinder hat denn der edle Caesar gezeugt? Da wäre Julia, seine Tochter, doch das war dreißig Jahre bevor er die ägyptische Königin kennenlernte. Danach hatte er drei Ehefrauen - Cornelia, Pompeja, Calpurnia -, von denen ihm keine Kinder gebar, wohingegen die Liebelei mit Kleopatra ihm gleich einen Sohn einbrachte... Ich halte das für ein Wunder, und zwar für eins, das Ägypten sehr gelegen kam.«

Lautes Gelächter in den Reihen der Zuhörer.

»Doch wenden wir uns Antonius' Taten im Osten zu. Er hat vor nicht langer Zeit einen Triumph gefeiert, und zwar in der Hauptstadt Ägyptens, mit dem er sowohl Rom als auch das römische Volk beleidigt hat. Wir alle wissen, daß nur dieser Senat einen Triumph gewähren kann und daß er nicht als persönliche Ehrung gilt, wie der edle Antonius glaubt, sondern als Ruhmeszeichen für unsere Stadt und unsere Republik. Sich dergleichen selbst anzumaßen betrachten wir als unverzeihlich, als einen Akt, der die Strafe der Götter auf sich zieht.«

Unter den Senatoren erhob sich zustimmendes Gemurmel. Selbst Ahenobarbus konnte nicht umhin, widerwillig zu nicken.

»Die Schätze, die Antonius erobert hat, überließ er Kleopatra, seinen Dank entrichtete er ihren Göttern. Nun frage ich euch, ob das das Verhalten eines wahren und edlen Römers ist?«

Octavian hatte sich inzwischen in Eifer geredet.

»Kleopatra hat nicht nur Antonius' Sinne betört, sie beherrscht offenbar auch seinen Verstand. Möchtet Ihr, edle Senatoren, daß Rom von Kleopatra gesteuert wird? Sie plant, Alexandria zur Hauptstadt des Reiches zu machen und dieses Reich anschließend selbst zu regieren. Wenn Ihr Euch ihrem Wunsche anschließen wollt, dann haltet nur still und laßt Antonius weiter gewähren.«

Auf diese Worte hin brach ein Tumult los, in dem Antonius' Anhänger versuchten, Octavian niederzubrüllen, woraufhin sich dessen Anhänger aufschwangen, um die anderen mit Schmähungen zu bedenken.

Octavian deutete mit dem Zeigefinger auf Ahenobarbus und schrie über den Lärm hinweg: »Ich werde Euch nicht gestatten, die Ehre meines Vaters zu besudeln. Wer Rom zerstören will, der hat sein Leben verwirkt.«

Der Senat glich einem Tollhaus. Ahenobarbus drängte sich durch die Reihen hinaus. Dieses Bübchen mag eine schwächliche Hülle haben, dachte er, doch er besitzt Caesars Feuer und Verstand.

8

DER ÄGYPTISCHE MONAT PHAMENOTH IM JAHRE 32 VOR CHRISTI GEBURT

In Alexandria

»Hier kommt der große Löwe«, brummte eine tiefe Stimme.

Selene fing hinter dem Seidenbehang an zu kichern. Antonius folgte dem Geräusch und entdeckte die Wölbung unter dem Stoff und unter dem Saum die beiden kleinen Füße.

Er stapfte mit schwerem Schritt über den Marmorboden und hörte, wie sie abermals kicherte. »Wo ist meine Speise?« knurrte er.

Vor dem Behang blieb er stehen und zögerte die Spannung noch ein wenig heraus. Er hörte, wie Selene schluckte und die Luft anhielt. Dann packte er sie mitsamt dem Seidenbehang, und sie kreischte vor Entsetzen und Vergnügen.