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In ihrem Bauch breitete sich Wärme aus, und sie wurde feucht zwischen den Beinen. Sie drückte die Hand auf den Mund und grub die Zähne in das Fleisch ihres Handballens.

Der Sizilianer preßte die heterai jetzt unter sich auf das Bett, Rachels Hüften wölbten sich ihm entgegen. Jedes Aufbäumen wurde von heiserem Geflüster und kleinen Schreien untermalt. Die Gurtbänder des Lagers ächzten, scharlachrote Fingernägel zerkratzten die Haut auf seinem breiten Rücken und über den festen Muskeln seiner Hinterbacken. Die Jüdin warf den Kopf zurück, die Lippen geöffnet. Doch dann wandte sie den Kopf zur Seite und lächelte abermals zu der dunklen Schattenecke hin. Trotz der perfekt gespielten Unterwerfung war sie immer noch Herrin der Lage.

Vollkommene Liebe, vollkommenes Theater.

Kleopatra spürte die Hitze in ihren Leisten, ihre Bauchmuskeln zogen sich schmerzhaft zusammen. Die Stärke der eigenen Begierde bewirkte, daß ihr übel wurde. Lange würde sie nicht mehr zuschauen können.

Rachel saß nun rittlings auf ihrem Liebhaber, seine Hände fuhren gierig über ihren Körper. Doch sie schien seinen Rhythmus zu kennen - ohne Vorwarnung stützte sie sich von ihm ab und hielt sein Glied, während er sich ergoß. Er rang mit offenem Mund nach Luft, die Fäuste zusammengeballt.

Rachel stand auf, um ihm noch einmal Wein einzuschenken. Sie tippte gegen die große Sanduhr neben der Karaffe. Der Sand war erst halb durchgelaufen, die Aufführung noch nicht zu Ende.

Kleopatra wußte jedoch, daß sie genug gesehen hatte. Sie erhob sich und hastete aus dem Pavillon.

10

Ein zarter violetter Schleier der Dämmerung hatte sich über die Küste gesenkt, als sie zu der Galeere ruderten, einem der Handelsschiffe des Sizilianers, das aus Syrien kam. Weiter im Westen erkannte man im dichter werdenden Nebel die große Festung von Pelusium und die Lagerfeuer von Achillas' Truppen.

Sie machten an der Galeere fest, während das kleine Boot auf den grauen Wellenbergen schlingerte. Plötzlich rissen grobe Hände Kleopatra hoch, als sei sie eine Schiffbrüchige und nicht die Königin von Ägypten.

Der Anker wurde gelichtet, und sie fuhren auf das Meer hinaus, um das letzte Stück der Reise hinter sich zu bringen, hinein in das Delta und nach Alexandria. Kleopatra war vor Angst wie gelähmt. Jetzt spielte es keine Rolle mehr, wie oft sie sich gesagt hatte, daß es keinen anderen Ausweg gab. Jetzt, da die Gefahr greifbar war, flüsterte ihr eine leise, doch unüberhörbare Stimme zu, daß ihr Leben, jedes Leben mehr galt als Stolz und Pflicht.

Aber sie würde ihre Schwäche nicht zeigen. Sie verbarg das Grauen unter derselben hochmütigen Maske, die ihr schon in der Vergangenheit gute Dienste geleistet hatte.

Apollodoros stand neben ihr am Bug. Sie schaffte es nicht, ihn anzublicken. Jedesmal, wenn sie daran dachte, was sie in der vergangenen Nacht mit angesehen hatte, wurde sie von einem heftigen Schamgefühl gepackt. Sie hätte jeden anderen Mann für die Unterweisung der jüdischen heterai auswählen können. Daß sie den Sizilianer erkoren hatte, war der unverzeihliche Versuch gewesen, ihr eigenes Verlangen auf dem einzigen Weg zu befriedigen, der ihr zustand. Sie würde nie die Freiheit besitzen, eigenen Sehnsüchten nachgeben zu können.

Das Ganze entbehrte jedoch nicht der Ironie. Sie hatte den Meisterspion enttarnt gesehen, hatte bis tief in sein Innerstes geblickt. Dennoch gab es vieles an ihm, das sie nicht kannte, und trotzdem hatte sie ihm ihr Leben anvertraut.

»Du bist mit der Schwester meines Lehrers verheiratet«, sagte sie und hielt die Augen auf den Küstenstrich gerichtet, der immer rascher in der Dunkelheit verschwamm.

»Seit zehn Jahren, Majestät«, kam die knappe Antwort.

»Wo ist deine Frau?«

»Ich sehe sie nicht oft«, erwiderte er ausweichend. »Die Anforderungen meines Geschäfts lassen es nur selten zu.«

»Sie lebt also nicht in Alexandria?«

»Nein, Majestät.«

Kleopatra fing an, sich über seine wortkarge Art zu ärgern. Glaubte er womöglich, nur weil sie nicht mehr im Lochias-Palast residierte, könne er so mit ihr umspringen? Nun, sie wollte einmal sehen, ob sie ihn nicht doch ein wenig aus der Bahn werfen konnte. »Und wie hat dir deine Hure gefallen?«

Er schwieg für lange Zeit, und Kleopatra dachte bereits, er habe ihre Frage nicht gehört. Schließlich antwortete er: »Ihr seid sehr gnädig. Ich hielt mich bereits für ausreichend entlohnt.«

»Eine kleine Zulage - da du dein Heim so selten siehst«, fügte sie spöttisch hinzu.

»Ich wünschte, es wäre meine Frau gewesen.«

»Selbstverständlich. Doch wenn sich etwas so günstig anbietet... «

»Ich liebe meine Frau. Bei meinem Leben.«

In der einfallenden Dunkelheit konnte sie sein Gesicht nicht ausmachen, doch seine Antwort verwunderte sie nicht. Männer sind ausnahmslos Lügner, hatte der Vater ihr in einem seiner klaren Momente erklärt. Sie belügen sich sogar selbst. Daß Ehemänner sich andere Frauen nahmen, schockierte Kleopatra nicht, das war einfach ihre Art. Selbst für Männer edlen Geblüts war die Ehe oft nichts weiter als eine Vereinbarung, ein Bündnis zwischen zwei Familien. Es erbitterte sie jedoch, daß der Sizilianer von der Liebe zu seiner Frau sprach, während ihm noch der Geruch einer anderen am Körper haftete.

»Natürlich liebst du sie. Zumindest wenn du bei ihr bist.«

»Wagt es nicht, über mich zu richten!« zischte er. »Ihr mögt eine Königin sein, aber Ihr seid noch ein Mädchen und wißt bei weitem nicht alles, was es über das Leben zu wissen gibt!«

Er wandte sich von ihr ab und begab sich zum Heck des Schiffes. Kleopatra verkroch sich in ihrem Mantel, um sich gegen den scharfen Nachtwind zu schützen. Wenn ich Caesar für mich einnehmen kann, lasse ich dich auspeitschen, Mardian hin oder her, dachte sie, während ihr das Herz wütend gegen die Rippen hämmerte. Ich lasse mich nicht wie eine Dienstmagd abkanzeln! Auch wenn ich verlassen und verraten bin und mich wie eine Diebin in den eigenen Palast schleichen muß, so bin ich dennoch Königin von Ägypten, die fleischgewordene Große Mutter, und das wird so bleiben, bis zum Tage meines Todes!

Kleopatra erfuhr zum ersten Mal in ihrem Leben, wie es ist, Opfer der Seekrankheit zu sein. Den folgenden Tag verbrachte sie über das Heck gebeugt, um Neptun die Ehre zu erweisen, wie Apollodoros es ausdrückte. Auf diesem Weg lernte sie, daß auch der stolzeste Wille am Schaukeln eines kleinen Schiffes zerbrechen kann. Als sie schließlich keine Galle mehr im Leib hatte, die sie über Bord spucken konnte, kauerte die Königin von Ägypten so elend im Speigatt wie die kümmerlichste Bettlerin aus Rhakotis.

Sie hatte ihre Stadt noch nie so gesehen, wie viele der anderen Alexandriner sie kannten, nämlich vom Horizont aus, vom Meer kommend. Der Leuchtturm schwang sich riesengroß aus dem schwarzen Meer, die mächtige Statue des Zeus erhob sich über dem lodernden Signalfeuer, die Wellen brachen sich wie Phosphor unter den Sockelkolonnaden.

Apollodoros hatte Kleopatra in ihrem Refugium aufgerüttelt, damit sie sich den Anblick nicht entgehen ließe. Geschwächt stand sie an der Reling, die sie so fest umklammerte, daß ihr die Knöchel weiß hervortraten.

Alexandria, ihre Stadt, die weißen Palastgebäude und Tempel stachen gespenstisch in den sternenübersäten Nachthimmel. Ein eindrucksvolles Bild, aber sie fühlte sich so matt, daß es ihr ebenso recht gewesen wäre, wenn sich das Reich der Toten vor ihr ausgebreitet hätte.

Von der Küste drang der Gestank der Werftgebäude zu ihnen, ein Gemisch von Gewürzen in den Lagerhallen, säuerlichem Tanggeruch der Fischerboote und dem beißenden Aroma der Eßstände. Kleopatras Magen verkrampfte sich. Sie hielt den Blick starr auf das Ufer gerichtet. Sie schämte sich zu sehr, um die Seeleute und Apollodoros anzuschauen, die sie in ihrer schlimmsten Stunde erlebt hatten. Noch immer zitterten ihr die Glieder von der Heftigkeit der Anfälle. Daß sie ihren Körper nicht hatte beherrschen können, jagte ihr einen heillosen Schrecken ein. Sie werden glauben, daß ich mich gefürchtet habe, dachte sie.