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»Vielen Dank, Mardian. Welch ein tröstliches Bild an einem so schönen, warmen Tag.«

Die Sonne verschwand einen Moment lang hinter den Wolken, und Kleopatra fröstelte. Zwanzig Jahre lang hatte sie gekämpft, für sich, für ihren Sohn, für Alexandria, für Ägypten.

Nun, so oder so - es würde bald vorbei sein.

Auf dem Palatin in Rom

Octavia hatte gehofft, daß die Leidenschaft ihres Mannes für diese Ägypterin abklingen würde, so wie sein Interesse an allen Frauen im Laufe der Zeit erloschen war. Als es nicht so kam, hatte sie angefangen, ihn zu hassen. Doch dann hatte sie feststellen müssen, daß auf ihren Haß kein Verlaß war, daß es sogar Tage gab, an denen er sie ganz im Stich ließ, an denen sie vergaß, daß Antonius sie gedemütigt und verlassen hatte, daß er sie zurückgewiesen hatte, als sie ihm gefolgt war.

Genaugenommen versagte ihr Haß immer häufiger, enttäuschte sie ohne Unterlaß - bis zu dem Tag, an dem ihr ein Bote die Nachricht überbrachte, daß sich ihr Mann von ihr scheiden lassen würde.

Nun mußte sie zuletzt doch tun, wozu Octavian sie so lange gedrängt hatte: Sie mußte Antonius' Haus verlassen und sich mit ihren Kindern in die Obhut ihres Bruders begeben.

Octavian verwandelte ihren Umzug natürlich in ein öffentliches Ereignis, wenngleich man ihn auch nachts hätte durchführen können, um Octavias Würde zu wahren. Doch das hätte seinen Plänen nicht entsprochen, und deshalb geschah das Ganze bei hellem Tageslicht. Er hatte es zuvor überall kundgetan, denn als sie aus dem Haus trat, hatte sie draußen eine Menge vorgefunden, die ihren Auszug begaffte, als würde sie zur Hinrichtung geführt.

Auch hatte Octavian ihr keine Sänfte zur Verfügung gestellt, so daß sie zu Fuß über den Palatin wandern mußte, die Kinder und die Sklaven im Gefolge. Welch einen traurigen Anblick wir bieten, dachte Octavia, ein jämmerliches Schauspiel, das mein Bruder benutzt, um die Abtrünnigkeit meines Mannes unter Beweis zu stellen.

Ich habe jedenfalls von Männern für mein Leben lang genug, beschloß sie hernach. Wenn Antonius mich benutzt hat, dann hat es mein Bruder noch mehr getan, denn er benutzt selbst mein Elend noch für seine Zwecke. Ich hoffe, daß sich die Türen des Hades für beide auftun und daß sie nach ihrem Tod im ewigen Schattenreich leiden müssen. Was mich angeht, so werde ich auch im jenseitigen Leben nur noch die Nähe der Frauen suchen.

13 ln Athen

Antyllus war ein unbeholfener Junge, hoch aufgeschossen, dünn, schüchtern und Antonius nicht im entferntesten ähnlich.

Antyllus war das einzige von Antonius' Kindern, das sich nach der Scheidung entschlossen hatte, Rom zu verlassen und hinfort bei seinem Vater zu leben. Antonius, der den Jungen zuletzt als kleines Kind gesehen hatte, schien angesichts dieser Zuwendung jedoch eher peinlich berührt als erfreut zu sein.

»Antyllus«, sagte er nur, »mein Junge.« Er erhob sich nicht, um ihn zu umarmen, und auch der Junge ging nicht auf ihn zu, sondern murmelte lediglich: »Ich grüße dich.« Danach stierte er wieder auf das Muster des Marmorbodens.

Antonius, der zitternd und mit rotgeränderten Augen auf der Ruhebank lag, hatte sich von dem Exzeß der vergangenen Nacht noch nicht erholt. Er benötigte beide Hände, um seinen Pokal an die Lippen zu führen. Kleopatra, Caesarion und die anderen Kinder hatten sich um ihn versammelt, um ihr neues Familienmitglied willkommen zu heißen. Die Kinder benahmen sich hölzern und steif und musterten Antyllus mit offenkundigem Widerwillen.

»Er kräuselt sich ja die Haare!« ließ sich Caesarion mit einemmal vernehmen.

»Sie sind von Natur aus so«, stammelte Antyllus verwirrt.

Caesarion schnupperte in der Luft. »Und er benutzt ein Duftwasser wie die syrischen Lustknaben bei uns am Hof.«

»Das reicht«, fuhr Antonius ihn an.

»Du wirst dich jetzt entschuldigen«, befahl Kleopatra ihrem Sohn.

»Es tut mir leid«, murmelte Caesarion mürrisch. »Es tut mir leid, daß ich dich mit einem syrischen Lustknaben verwechselt habe.«

Antyllus war feuerrot geworden, und seine Unterlippe bebte.

»Wie geht es Octavia?« erkundigte Antonius sich kühl, während seinem Sohn eine Träne über die Wange lief.

»Es geht ihr gut.«

Danach herrschte wieder unbehagliches Schweigen. »Hat Octavian dich gut behandelt?«

»Sehr gut. Ich teilte ihm jedoch mit, mein Platz sei hier bei dir.«

Antonius nickte. »Richtig.«

»Außerdem hat er gewiß eigene Lustknaben«, spottete Caesarion. »Schönere als dich.«

Kleopatra gab Caesarions Lehrer einen Wink. »Bring Caesarion fort und züchtige ihn.« Caesarion warf ihr einen haßerfüllten Blick zu. Er ist zwar schon sechzehn Jahre alt, dachte Kleopatra, und Schlägen eigentlich entwachsen, doch ein derartiges Benehmen werde ich nicht dulden.

Der Eunuch, der Caesarion unterrichtete, zerrte den Jungen aus dem Raum. Er war zu alt und zu schwach, um großen Schaden anzurichten, doch Kleopatra hoffte, daß es ihrem Sohn eine Lehre sein würde.

Antonius wußte offenkundig nicht, was er mit Antyllus anfangen sollte, auch wenn er Helios, Selene und Philadelphos gegenüber ein wundervoller Vater war. Vielleicht hatte er ein schlechtes Gewissen, weil er die Existenz dieses Jungen vergessen gehabt hatte, vielleicht erinnerte er ihn aber auch an seine Ehe mit Fulvia.

Schließlich wurde Antyllus fortgeführt, um sich die Räume zeigen zu lassen, die man für ihn hergerichtet hatte. Kleopatra bedeutete auch den anderen Kindern und deren Lehrern, den Raum zu verlassen.

»Es tut mir leid, daß Caesarion so unhöflich war«, sagte sie, nachdem sie mit Antonius allein war. »Vielleicht betrachtet er Antyllus als Nebenbuhler.«

Antonius nickte. »Alle Brüder sind Nebenbuhler.«

»Das gleiche gilt für Schwestern«, erwiderte Kleopatra im Angedenken an Arsinoe.

Die Szene zwischen Caesarion und Antyllus hatte sie nachdenklich gemacht. Wieviel Bedeutung wir Kindern beimessen, ging es ihr durch den Kopf. Es ist, als wollten wir unser Leben durch sie verlängern, selbst wenn sie uns nicht ähnlich sind. Welch ein hämischer, boshafter Junge Caesarion geworden ist, dem sowohl der edle Charakter als auch der Verstand seines Vaters fehlten! Und wie schwach und weinerlich Antyllus reagierte, der offenbar zu lange verzärtelt worden war!

Sie ließ Antonius in bedrückter Stimmung zurück, doch sie war sicher, daß er nach dieser unliebsamen Begegnung seinen Trost wie immer im Weinkrug finden würde.

Allerdings verblaßte die Bedeutung von Antyllus' Erscheinen zwei Tage später vor der Nachricht, daß Munatius Plancus Athen verlassen hatte, um sich in Rom Octavian anzuschließen.

Auf dem Palatin in Rom

Eine widerliche Kreatur, dachte Octavian, während er sich auf der Ruhebank ausstreckte. Für mich kaum ein Gewinn, für Antonius schwerlich ein Verlust. Ein weiterer Speichellecker, und sonst gar nichts.

Dennoch, Agrippa würde die Informationen des Abtrünnigen interessant finden, um Einzelheiten über die Anzahl von Antonius' Truppen und ihrer Stationierung zu erfahren, obwohl es denkbar war, daß Antonius seine Pläne nun ändern, dem Rat seiner Generäle folgen und die Via Egnatia doch besetzen würde.

Sie befanden sich in dem Raum, in dem Octavian sich mit Vorliebe aufhielt, einem Prunkgemach gewaltigen Ausmaßes, vier Mann hoch und mit blattgoldbelegter Decke und Wandgemälden, auf denen Apoll, Jupiter und Mars ihre Feinde erschlugen. »Und was hat Euch letztlich bewogen, die Seiten zu tauschen?« fragte Octavian Plancus.

»Weil ich Rom liebe, Imperator«, erwiderte Plancus. »Als ich erkannte, daß Kleopatra Antonius verhext hatte und daß sie ihn lediglich benutzt, um ihren Machthunger zu stillen, wußte ich, daß ich ihm nicht mehr dienen wollte. Natürlich hatte ich auch von Eurer Weisheit gehört und von Eurer Gnade, und deshalb dachte ich... «