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»Ich weiß nur, daß ich gegen meinen Willen in diesen Krieg hineingezogen wurde.«

Gegen deinen Willen? dachte Kleopatra. Begreifst du denn Octavians Machenschaften immer noch nicht? Sie erhob sich.

»Du hast einfach jede Tugend verloren«, sagte sie. »Du kennst weder Treue noch irgend etwas anderes außer deinem Vergnügen. Du widerst mich an.«

Antonius gab ihr keine Antwort. Der Feuerschein warf ein Licht auf seine Züge, doch sein Blick wirkte leer und schien sich auf etwas in seinem Inneren zu richten.

Kleopatra ließ ihn zurück. Mochte er doch die Wellen zählen, die sich an diesem kalten Wintertag an den Felsen brachen, oder von ihr aus auch mit der Natur und der Gleichgültigkeit des Meeres hadern.

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DER MONAT MARTIUS NACH DEM RÖMISCHEN KALENDER IM JAHRE 31 VOR CHRISTI GEBURT

Patras im Golf von Korinth

Und wieder waren es die Iden des März, die den Schicksalsboten mit der Nachricht brachten. Der Winter war noch nicht zu Ende, doch Octavian hatte sich nicht aufhalten lassen, oder besser, sein Admiral Marcus Agrippa hatte gezeigt, daß er zu einem gefährlichen Feind wurde, wenn er sich bedrängt fühlte.

Agrippa hatte den großen Schild umgangen, der Griechenland umgab, war mit der Hälfte seiner Flotte weiter nach Süden gesegelt und hatte Methone eingenommen. Das Geschwader, das dort vor Anker lag, war überrascht worden, denn dessen Mannschaft hatte nicht mit einem Angriff gerechnet, sondern bezweifelt, daß es überhaupt zum Kampf kommen würde.

Es war ein reines Spähgeschwader gewesen, das im Hafen überwintert hatte und in einem einseitig geführten Kampf vernichtet worden war. Die Festung von Methone befand sich danach in den Händen des Feindes, und Bogud von Mauretanien, einer von Antonius' treuesten Vasallen, war gefallen. Es war ein harter Schlag, denn Methone war als Stützpunkt gedacht gewesen, von dem aus der Nachschub aus Ägypten gesichert werden sollte.

Antonius und seine Offiziere waren wie betäubt, denn nun mußten sie befürchten, daß Octavians Truppen dort an Land gehen und nach Norden marschieren würden.

Die nächsten Ereignisse kamen Schlag auf Schlag.

Ehe Antonius und seine Generäle sich's versahen, hatte sich Agrippa mit seinen Truppen in Methone eingerichtet und griff von dort aus Antonius' Südflanke an, wogegen andere Schiffe Vorstöße auf Kerkyra wagten. Und während man noch Auswege aus dieser Umzingelung suchte, erreichte sie die Nachricht, daß Octavian in Panormos gelandet war, einhundert Meilen nördlich des Golfes von Ambrakia. In nur wenigen Wochen war Antonius die Initiative aus der Hand genommen worden, und sein strategischer Angriffs- oder Verteidigungsplan war null und nichtig. Es war ihm zwar gelungen, einige Attacken abzuwehren, doch Agrippa hatte ihn eindeutig übertrumpft und das Gesetz des Handelns an sich gerissen.

Auch die Erwartung, Octavians Legionäre würden meutern, erfüllte sich nicht. Vielleicht war sie auch gar nicht begründet gewesen, sondern lediglich Antonius' Wunschdenken entsprungen.

Antonius' Soldaten hingegen tranken und randalierten noch immer in den Hafentavernen von Patras und glaubten, daß sie, wenn überhaupt, auf einen entmutigten und geschwächten Feind treffen würden.

Doch die, die es inzwischen besser wußten, fragten sich, wie sich diese katastrophale Entwicklung erklären ließ.

Nun - Antonius hatte seine Armee abermals getrennt und auf Kerkyra im Norden und die südlichen Stützpunkte konzentriert und dazwischen eine zu lange Verteidigungslinie gelassen, die sich nun als zu schwach erwies.

Schließlich gab Antonius den Befehl, die Armee von Patras nach Norden zu schaffen, um Octavians Truppen Einhalt zu gebieten. Seine Basis würde er nach Aktium verlegen, an den Golf von Ambrakia, wo er dem Quälgeist ein für allemal ein Ende bereiten wollte.

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Aktium lag am Zipfel des südlichen Golfufers, umgeben von Marschen und kleinen Gewässern, mit vorgelagerten Inseln, die den gleichen sumpfigen Boden hatten. Die umliegenden Hügel bestanden aus Kalkstein, auf denen nichts wuchs außer kargem Gestrüpp. Es war ein unwirtliches Gelände, über das die Möwen kreisten und klagende Schreie ausstießen.

Kleopatras Flotte war dort den Winter über vertäut gewesen, die Masten ragten vor den wolkenverhangenen Bergen von Akaramania in die Höhe. Jenseits der offenen Mündung sah man die hellen Klippen der Insel Leukas.

Rauchschwaden zogen über das Lager hinweg. Die Truppen hatten Holzzäune und Wassergräben als Schutzwälle errichtet, und auf den ersten Blick schien alles in Ordnung zu sein. Doch als Kleopatra an der Torwache vorbeiritt, erschrak sie beim Anblick der ausgemergelten und erschöpften Gesichter. Der Winter auf diesem trostlosen Flecken Erde mußte sehr lang und hart gewesen sein.

Das ist das Problem, wenn man Krieg führt, ging es ihr durch den Kopf: Was auf der Karte vernünftig und klar wirkt, wird durch die Wirklichkeit oft widerlegt. Todesgeruch und Resignation vermittelten die Karten jedenfalls nicht. Auf dem langen Marsch vom Golf von Korinth nach Norden hatten sie erstmalig Furcht und Zweifel beschlichen, die nun übermächtig zu werden drohten, als sie das Lager von Aktium sah. Die Reise kam ihr vor wie der Aufbruch in das Schattenreich des Todes.

Antonius' oberster Feldherr, Marcus Grattius, erstattete ihnen in seinem Hauptquartier Bericht - eine karge Fischerhütte mit schiefen Mauern und niedrigem Dach. Er breitete die Karte des Golfes von Ambrakia auf einem großen Klapptisch aus und zeigte ihnen, wo sie sich und wo sich Octavians Truppen befanden.

Octavian hatte sich auf der nördlichen Landzunge verschanzt, an einem Ort, den sie von ihrem Lager aus sehen konnten. Doch wie sich Grattius zu versichern beeilte, gab es dort keinen guten Hafen, so daß Agrippas Flotte jedwedem Wetter ausgesetzt sei, wogegen sich ihre Flotte in sicheren Golfgewässern befände und man zudem über die Insel Leukas als Landeplatz für die ägyptischen Getreideschiffe verfüge.

Einmal habe Agrippa bisher versucht, sich in den Golf zu drängen, fuhr er fort, doch da sei er im Handumdrehen abgeschlagen worden. Man habe zwar damit gerechnet, daß Octavian seinen Vorstoß zu Land unterstützen würde, doch dies sei nicht geschehen, wahrscheinlich sei er zu hasenherzig gewesen.

»Gestern haben sie uns mit brennenden Fackeln und Felsbrocken bombardiert«, sagte er, »um uns zum Angriff zu provozieren. Es waren zwei von ihnen gegen einen von uns, doch schließlich haben sie sich zurückgezogen. Octavian hat nicht den Mumm, uns auf dem Land anzugreifen.«

Danach beschrieb ihnen Grattius die einzelnen Stellungen ihrer Truppen und bemühte sich, seinem obersten Befehlshaber zu imponieren. Er strengt sich zu sehr an, dachte Kleopatra, es muß etwas geben, das er verbergen will.

Anschließend sagte sie sich jedoch, daß man immerhin bald die Trompeten zum Angriff blasen und Antonius spätestens dann aus seiner Teilnahmslosigkeit erwachen würde.

Antonius' purpurfarbener Mantel war schlammbespritzt, Gesicht und Hände waren verklebt vom Schmutz und Schweiß der langen Reise. Eros brachte ihm ein Gefäß mit frischem Wasser. Nachdem Antonius sich erfrischt und gereinigt hatte, ließ er sich auf einem Schemel niedersinken und die Lederstiefel aufschnüren. Dann verlangte er nach einem Becher Wein.

Kleopatra betrachtete ihn stumm. Wie hatte Mardian ihn einst bezeichnet? Als Soldat in Generalsuniform, dessen Mut man nicht mit militärischem Geschick verwechseln dürfe.

Ob es inzwischen wohl zu spät sei, Agrippa zu verführen, hatte Mardian Kleopatra in der vergangenen Nacht gefragt, und sie hatte ihn für seine Frechheit getadelt. Doch im Grunde hatte er recht - sie hatte sich mit dem falschen Mann verbündet. Doch Octavian war nie eine ernsthafte Alternative gewesen, selbst wenn sie sich gezwungen hätte, sein Äußeres zu vergessen. Es war nicht nur wegen Caesarion, sondern auch weil das Bübchen, wie Antonius ihn immer noch nannte, die Macht mit niemandem teilen würde.