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Die Luft in der Gegend war stickig und schwül. Kleopatra rümpfte die Nase. »Das gefällt mir alles nicht.«

»Das ist ja auch nicht nötig«, knurrte Antonius. »Wir wollen hier keine Hauptstadt errichten.«

»Ich habe mich dabei auf die Flotte bezogen. Sie hat den Winter über in seichtem Gewässer gelegen, das Holz muß inzwischen voller Würmer sein.«

»Nun, im Moment läßt sich nichts dagegen unternehmen.«

»Mir scheint, daß vieles davon abhängt, daß wir die Insel Leukas halten können. Bist du dir sicher, daß Grattus dort genügend Männer hat?«

»Wer, glaubst du, ist hier der oberste General?«

Kleopatra zuckte die Achseln. »Bisher würde ich Agrippa dafür halten.«

Der Stachel ging tief, und Kleopatra schalt sich, daß sie ihre Zunge nicht besser im Zaum gehalten hatte.

»Überlaß bitte mir die Sorge um den Kampf«, grollte Antonius. »Warum gehst du nicht in dein Quartier und kümmerst dich um deine Sklaven?«

Kleopatra erkannte, daß es wenig Zweck hatte, mit ihm zu streiten, denn er verlangte bereits nach mehr Wein.

Nachts lag Kleopatra in dem Seidenzelt, das in der Nähe von Antonius' Quartier errichtet worden war. In den benachbarten Zelten befanden sich ihre Sklaven und Höflinge, und draußen war ihre nubische Leibgarde postiert, die das ägyptische Lager bewachte.

Ihre Ankunft war wieder einmal Anlaß für Gerede gewesen, denn da sie als Königin kam, hatte sie auch die Ausstattung mitgeführt, die ihrer erhabenen Stellung entsprach. Dicke kappadokische Teppiche schmückten ihr Zelt, des weiteren prächtige, mit Perlen und Korallen besetzte Sessel, Tische aus Elfenbein, Tafelgeschirr aus Gold und Silber und Pokale aus Jaspis. Ihre Gewänder, die Schuhe und der Schmuck waren während der Reise in Ebenholztruhen transportiert worden, und natürlich waren auch Iras und Charmion bei ihr, um für ihr Wohl zu sorgen.

Mag sein, daß die Römer den Aufwand anstößig finden, dachte Kleopatra; wahrscheinlich begreifen sie nicht, daß dergleichen für eine Königin ebenso unabdingbar ist wie für sie Katapulte und Legionen.

Sie lauschte dem Summen der Fliegen, die hinter dem seidenen Vorhang auf warmes Menschenblut lauerten. Trotz des Geruchs des kostbaren arabischen Weihrauchs trug die Brise den Gestank des Marschlandes herein. Die Nacht war kalt, und Kleopatra fröstelte unter ihren Decken.

Sie wünschte, sich an einen warmen Leib schmiegen zu können, doch es war lange her, daß sie und Antonius das Lager geteilt hatten, denn sie war für ihn keine Aphrodite mehr, und er für sie kein Gott. Sie waren zusammen, weil sie sich jeweils in den Zielen und Schwächen des anderen verfangen hatten, und seitdem waren ihre Schicksale miteinander verknüpft.

Kleopatra wußte, daß sie keine andere Wahl gehabt hatte, doch sie wünschte sich sehnlichst, daß Julius bei ihr wäre. Er war aus demselben Holz geschnitzt gewesen wie sie, und wenn er nur ein wenig länger gelebt hätte, hätte sich ihnen bald niemand mehr widersetzt.

Kleopatra spürte, daß die Sehnsucht übermächtig wurde und daß sie sich wieder sehr einsam fühlte. Niemand war ihr ebenbürtig, doch ihr Streben hatte sie an einen Punkt geführt, an dem sie abermals von einem Mann abhing.

17

Canidius kam im Eilmarsch aus Patras, mit sieben Legionen und den Kontingenten der asiatischen Verbündeten. Auf der Halbinsel im Süden des Golfes lagerten nun einhunderttausend Mann. Antonius hielt in der ehemaligen Fischerhütte die erste große Lagebesprechung ab, bei der sich alle - die verbündeten Könige, die Generäle und die befreundeten Senatoren - um den großen Kartentisch drängten.

Auf der ausgebreiteten Karte waren die Stellungen der beiden Armeen verzeichnet, die Antonius ihnen erläuterte. Die Messungen hatten ergeben, daß die Öffnung des Golfes sich auf etwa vier Stadien belief und daß die Sandbänke eine natürliche Schwelle bildeten. Auch die Passage, die die Insel Leukas vom südlichen Festland trennte, ließ sich aufgrund von Sandbänken kaum befahren. Zudem hatte Grattius die Hafeneinfahrt mit Türmen und Wurfmaschinen befestigen lassen, so daß für Agrippas Schiffe kein Durchkommen möglich war.

Der Feind dagegen hatte sich im Norden auf einem hochgelegenen Stützpunkt verschanzt, den Octavian mit Gräben und Schutzwällen zu einer Festung hatte ausbauen lassen, die bis zum Meer hinunter reichte. Agrippas Flotte hatte sich in die Bucht von Gomaros zurückgezogen.

Doch Octavian war nicht der einzige Feind, wie sich herausstellte, als sich Canidius bei Kleopatra nach der Bereitschaft ihrer Flotte erkundigte.

»Wir haben im Winter zehntausend Ruderer infolge einer Seuche verloren«, erklärte sie ihm nach kurzem Zögern. Die Männer um den Kartentisch zogen hörbar die Luft ein. »Zehntausend!« rief Canidius entsetzt. Grattius hatte ihm zwar etwas von einer Seuche berichtet, doch daß sie dabei einen derartigen Verlust erlitten hatten, erfuhren alle erst jetzt. »Nun, das ist nicht allzu verwunderlich«, ließ sich Ahenobarbus vernehmen. »Grattius' Männer sind in erster Linie Syrer und Asiaten, die immer wieder dieselben Latrinen benutzen und sich nachher wundern, wenn sie erkranken.«

Kleopatra bemerkte, daß Amyntas und die anderen Verbündeten befremdete Blicke austauschten, denn sie waren es nicht gewöhnt, daß man sie so offen brüskierte.

»Was auch immer der Grund sein mag«, versuchte Kleopatra zu beschwichtigen, »die Seuche hat sich nun einmal unter meinen Ruderern breitgemacht.«

»Dann werden wir bei der hiesigen Bevölkerung neue Ruderer anwerben«, sagte Antonius.

»Die Männer, die ich verloren habe, waren Phönizier und Ägypter, die wir zuvor monatelang ausgebildet hatten. Sie werden sich nicht so einfach ersetzen lassen.« Ihr Einwand schien Antonius nicht zu behagen, doch das konnte sie im Moment nicht ändern. Jeder anständige General hätte für annehmbare Bedingungen gesorgt, bevor er seine Männer im Marschland überwintern ließ, wo bekanntermaßen Seuchen drohten. »Außerdem«, fuhr Kleopatra fort, »gefällt es mir nicht, daß wir im Golf eingeschlossen sind.«

»Wir sind nicht eingeschlossen«, entgegnete Antonius. »Wir schützen lediglich die Flotte. Agrippa hingegen ist in Gefahr, weil ihm der Sturmhafen fehlt.«

»Im Gegensatz zu uns kann er sich jedoch frei bewegen.«

»Ich stimme Antonius zu«, kam es von Ahenobarbus. »Wir sind hier unangreifbar. Wir danken Euch dennoch für Eure Meinung, Kleopatra, wenngleich wir uns fragen, aus welchen Schlachten Ihr Eure Kenntnis bezieht.«

Kleopatra mußte sich zwingen, Ruhe zu bewahren. Was erlaubte sich dieses Stück römischen Eseldungs, sie ohne ihren Titel anzureden? »Sicherlich fehlt mir die Erfahrung«, erwiderte sie, »aber dafür bediene ich mich meines gesunden Menschenverstandes.«

»Da wir derzeit keine Seeschlacht planen, ist der Punkt im Moment ohne Bedeutung«, wies Antonius sie zurecht. Danach wandte er seine Aufmerksamkeit wieder der Karte zu und erklärte die Lage der Sümpfe, Bäche und Flüsse. Kleopatra spürte jedoch die Feindseligkeit ihr gegenüber unter den Römern.

»Octavian lagert hier«, fuhr Antonius fort, »auf dem Hügel von Mikalitzi. Da wir ihn nicht direkt angreifen können, müssen wir ihn von seinem Hochstand herunterlocken. Wie mir scheint, bietet sich dazu seine Wasserversorgung an.« Er stieß mit dem Finger auf einen Punkt auf der Karte. »Sie holen sich das Wasser aus dem Fluß Louros oder aus diesen Bächen am Fuße des Hügels. Wenn wir sie dabei erwischen, müssen sie die Festung verlassen und kämpfen, wobei ihnen Agrippa nicht helfen kann.«

»Die Bäche sind gut gesichert. Sie haben die Erde aufgeschüttet und ringsum Wälle errichtet.«

»Das habe ich mit bedacht. Wir werden einen Frontalangriff vortäuschen, doch die Reiterei nach Osten ziehen lassen, um die Wasserquellen zu umzingeln. Das wird uns gelingen, denn schließlich verfügen wir über die besten Reiter der Welt.« Antonius warf Amyntas ein aufmunterndes Lächeln zu.