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Natürlich machten die Hitze und der Hunger die Soldaten gereizt, so daß es täglich zu Schlägereien kam, bei denen es entweder um Proviant oder Dirnen ging. Etliche der Soldaten starben an Dolchwunden oder wurden gekreuzigt, weil sie gemeutert oder Befehle verweigert hatten.

Der Kampf zwischen Octavian und Antonius hatte sich zu einem Stellungskrieg entwickelt. Agrippa hielt seine Seeblockade aufrecht, und Antonius belagerte Octavian vor dem Hügel von Mikalitzi. Allerdings erhielt Octavian noch immer Getreide aus Italien, wogegen Antonius die Versorgung seiner Soldaten nur schwerlich aus dem griechischen Hinterland bestritt. Beide warteten darauf, daß etwas geschah - daß der andere zum Angriff überging.

Dann wieder versuchte Antonius, Octavian mit kleineren Vorstößen in den Kampf zu locken, doch dieser verschanzte sich hinter seinen Barrikaden und wartete ab. Er wußte, daß die Zeit wie schon zuvor für ihn arbeiten würde.

Der heiße Wind wirbelte den Sand zu ihren Füßen auf. Kleopatra und Antonius hatten sich unter einem Baldachin niedergelassen, in der Hoffnung, daß es draußen kühler sein würde als in dem stickigen Zelt. Sie ließen sich Luft zuwedeln, doch trotz der großen Pfauenfächer kam es Kleopatra vor, als ob es nicht genug Luft zum Atmen gäbe.

Antonius hatte die Hände auf die Knie gestützt und starrte auf das Meer hinaus. Er trug nur seine rote Untertunika, die geschnürten Stiefel und sein rotes Tuch um den sonnenverbrannten Hals. »Ich hätte damals gewinnen können«, murmelte er. »Wenn der König von Armenien nicht gewesen wäre, könnte ich jetzt in Babylonien sein.«

»Antonius, wie lange willst du dieses Klagelied noch singen? Du mußt etwas unternehmen.«

Er fuhr sich durch die Haare. »Ich habe diesen Krieg nicht gewollt.«

»Aber jetzt ist er da, und deshalb mußt du etwas tun.« Er nickte, als ob er ihr beipflichten wolle, doch dann schienen sich seine Blicke wieder auf die verlorene Zukunft zu richten, und er murmelte: »Wenn es diesen Verräter nicht gegeben hätte, hätte ich gewonnen.«

Die Offiziere umstanden den Kartentisch, wie sie es in den vergangenen Wochen unzählige Male getan hatten. Inzwischen hatten sich Verzweiflung und Erschöpfung in ihre Gesichter eingegraben, und ihre Tuniken waren übersät mit Flecken aus Schmutz und Schweiß. Auch Amyntas und die anderen Satrapen waren dabei - die Schmuddelkönige, wie Ahenobarbus sie nannte - sowie einige fettleibige Senatoren, deren vormals so sorgfältig gekräuselte Haare stumpf und strähnig geworden waren.

Die drückende Schwüle schien alle zu lähmen. Auf dem Tisch standen ein Weinkrug sowie etliche juwelenbesetzte Becher, deren Pracht in der schäbigen Umgebung fehl am Platz wirkte.

Quintus Dellius ergriff den Krug, schenkte sich Wein ein und spuckte den ersten Schluck angewidert auf den Boden. »Ich möchte wetten, daß Octavian etwas anderes trinkt als diesen Essig«, klagte er.

In früheren Zeiten hätte Antonius mit einem schlagfertigen Witz reagiert, doch nun starrte er Dellius nur finster an.

»Er hat auch Getreide für Brot«, nörgelte Dellius weiter.

Das stimmte. Zwar litt man in Italien Hunger, doch Octavian hatte dafür gesorgt, daß der Getreidenachschub für seine Truppen funktionierte. Antonius hingegen war weiterhin auf die Versorgung durch griechische Bauern angewiesen, die mit Getreidesäcken auf den Schultern aus den Bergen gestolpert kamen, die Rücken voller Striemen von den Peitschen der Römer.

»Du kannst auch Octavians Brot essen, wenn du willst«, sagte Antonius.

Danach wurde es still, und Dellius' schoß das Blut in den Kopf. »Das ist nicht mein Wunsch, mein Herr. Ihr wißt, daß ich Euch treu bin bis zum Tod.«

Für einen Moment sah es so aus, als ob Antonius darauf eingehen würde, doch dann wandte er sich ab, stützte die Hände auf den Tisch und sagte nur: »Wie es aussieht, ist Octavian auch weiterhin nicht zum Kämpfen aufgelegt.«

»Vielleicht gereicht uns das zum Vorteil«, ließ sich Kleopatra vernehmen.

Die Männer schauten sie so mißbilligend an, als hätte sie etwas Unflätiges von sich gegeben. Es war immer das gleiche. Ob sie immer noch glaubten, daß sie zu schweigen habe? Litt sie denn nicht unter den gleichen Entbehrungen wie alle anderen? Auch sie badete nur in schmutzigem Wasser, deckte sich nachts mit zerschlissenen Decken zu, ertrug die Hitze, den Gestank und die Fliegen.

Antonius bedachte sie mit einem zornigen Blick. »Hast du einen Plan?« fragte er kalt.

»Wir müssen die Schlacht erzwingen, bevor meine Flotte verfault und auch die restlichen Ruderer der Seuche erlegen sind. Octavian sitzt hier genauso gefangen wie wir. Ein Seegefecht kann die Entscheidung bringen.«

Ahenobarbus und Dellius funkelten sie böse an. »Wie stellst du dir das vor?« erkundigte sich Antonius.

»Die besten Legionen bemannen meine Schiffe und versuchen, die Blockade zu durchbrechen.«

Ahenobarbus' Blick war voller Verachtung. »Agrippa hat sich bei jeder bisherigen Begegnung als überlegen herausgestellt. Wie sollen wir ihn plötzlich besiegen können?«

»Wir müssen ihn nicht besiegen. Ein Durchbruch würde genügen.«

»Um wohin zu ziehen?« fragte Antonius. »Nach Italien.«

»Italien...«, wiederholte Antonius mit einem wehmütigen Lächeln.

»Du hast selbst gesagt, daß dort nur wenige gegen dich sind, und die restlichen Senatoren befinden sich bei Octavian. Du müßtest nur mit den Soldaten auf Rom zumarschieren, danach gehört die Stadt dir. Anschließend wäre Octavian derjenige, der hungert.«

»Und was wäre mit Euch? Was habt Ihr vor?« fragte Ahenobarbus lauernd.

Kleopatra betrachtete ihn mit eisiger Miene. »Es ist meine Flotte, ich führe sie an.«

»Ausgeschlossen!« stieß Ahenobarbus hervor.

»Ein Seegefecht - und Octavian wäre am Ende!«

Ahenobarbus wandte sich an Antonius. »Du darfst nicht auf sie hören! Wenn du mit der ägyptischen Königin in Italien landest, gibst du Octavian recht. Das ganze Land wird sich gegen dich erheben, und niemand wird dir Unterstützung gewähren.« Unter den Senatoren erhob sich zustimmendes Gemurmel.

»Was schlagt Ihr mir denn vor?« fragte Kleopatra. »Ihr scheint zu vergessen, daß ich genau wie Ihr in der Falle sitze.«

»Ihr und Euer... Gefolge solltet über Land zurück nach Ägypten ziehen. Eure Flotte nützt uns nichts mehr, doch Ihr hängt uns wie Blei um den Hals. Eure Anwesenheit schadet Antonius und seiner Sache.«

»Er hat recht, Majestät«, sagte Canidius, wenngleich in gemäßigterem Ton. »Wenn Ihr zurückbleibt, könnte Euer Vorschlag verdienstvoll sein. Doch wenn nicht... «

»Es ist immer das gleiche mit euch glorreichen Römern. Als Nachtgespielin ist euch Kleopatra willkommen, doch hinterher zu ihr halten wollt ihr nicht.«

Daraufhin entstand betretenes Schweigen.

Antonius' Aufmerksamkeit war in die Ferne gerichtet. Wie es schien, hatte er sich wieder in seiner eigenen Gedankenwelt verloren.

Canidius unterbrach die Stille und deutete auf die Karte. »Es gibt nur einen Weg, Octavian aus seinem Lager zu locken, Imperator.«

Antonius mußte sich erst besinnen, ehe seine Blicke Canidius' Fingerzeig folgten.

»Wir müssen ihm den Zugang zum Louros abschneiden. Das ist seine letzte Wasserquelle. Danach kommt er zwangsläufig hervor, um uns anzugreifen.«