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Es sah aus, als ob Antonius immer noch nicht ganz bei der Sache wäre.

»Der Fluß ist zu gut bewacht«, begehrte Dellius auf. »Es könnte bedeuten, daß wir hangaufwärts kämpfen müssen.«

»Wir haben immer noch die besten Reiter Asiens zur Verfügung«, entgegnete Canidius und lächelte Amyntas zu, der bis dahin geschwiegen hatte.

»Es wird mir eine Ehre sein, den Angriff anzuführen«, sagte dieser daraufhin, doch Kleopatra erkannte, daß ihn die Uneinigkeit der Römer verwirrte. Wenn mich nicht alles täuscht, dachte sie, wird er der nächste sein, der uns verläßt.

»Damit ist es entschieden«, verkündete Antonius mit einemmal. »Genauso gehen wir vor.« Danach machte er kehrt und verschwand in seinem Zelt. Die anderen schauten sich fragend an, doch dann entfernte sich langsam einer nach dem anderen.

Nicht einem von ihnen kann ich trauen, dachte Kleopatra verzweifelt. Noch nicht einmal mehr Antonius. Vor allem nicht Antonius.

Canidius war noch geblieben. Er beugte sich über die Karte auf dem Tisch und starrte darauf, als gäbe es eine geheime Botschaft darin zu entschlüsseln.

Er war der einzige, der Kleopatra nicht zu hassen schien, denn sein Verstand konzentrierte sich allein auf militärische Fragen und befaßte sich nicht mit Politik.

»Ich möchte Euch etwas fragen, Canidius Crassus«, sagte Kleopatra.

Canidius sah auf. »Ja, Majestät?«

»Vor drei Monaten waren wir in Patras und sagten uns, daß es zu keinem Krieg käme und es nur eine Frage der Zeit sei, bis Octavian ins Exil verbannt worden sei. Wir hatten eine gewaltige Armee, Geld und Versorgungsmittel, für die ein Pompejus oder ein Caesar seinen rechten Arm gegeben hätte. Wir hatten eine Flotte, um die uns die Welt beneidete. Und was hatten die anderen? Nichts. Kein Geld - und einen Feigling zum Feldherrn.«

»Sie haben Agrippa.«

»Kann ein Mann einen solchen Unterschied bewirken?«

»Es war wohl eher so, daß wir ihn unterschätzten.« Canidius schien zu zögern. Er schaute zu Antonius' Zelt und senkte die Stimme. »Ich will Euch gegenüber offen sein, Majestät. Wir haben den Krieg verloren. Wir können nur noch hoffen, uns so heil wie möglich aus diesem Durcheinander zurückzuziehen, und danach noch einmal beginnen.« Kleopatra schaute ihn entgeistert an.

»Wir haben den Krieg verloren?«

Canidius nickte. »Ja, Seit dem Tag, an dem Agrippa Methone errang. Und ich glaube, der Imperator weiß das.«

Er faltete die Karte zusammen und ging mit schwerfälligem Schritt von dannen. Kleopatra starrte ihm nach. Verloren? Ob er das wirklich glaubte? Ob auch Antonius' bester und erfahrenster General aufgegeben hatte?

Am folgenden Morgen brach Antonius auf, um den Angriff auf Octavians Befestigungen entlang des Flusses Louros anzuführen. Mit ihm würden Amyntas und dessen Reiter vorstoßen, gefolgt von zwei Legionen unter Dellius' Befehl, während Canidius mit den restlichen Legionen die Reserve bilden würde.

Sie verließen das Lager kurz nach Anbruch der Morgendämmerung. Die Schlacht sollte zehn römische Meilen entfernt auf der anderen Golfseite stattfinden, so daß Kleopatra das Geschehen nicht mitverfolgen konnte. Die einzigen Laute, die an ihr Ohr drangen, waren die einsamen Schreie der Möwen, die wilde, wirre Kreise zogen. Bedrückt von dem feindseligen Schweigen seitens Ahenobarbus' und der anderen Römer und ermattet von der Hitze, zog sie sich in ihr Zelt zurück, wo sie von dumpfer Vorahnung erfüllt saß und wartete. Am frühen Nachmittag hörte Kleopatra, wie die Pferde zurück ins Lager gedonnert kamen, und wußte, daß sie mit keiner guten Nachricht rechnen konnte. Die Kämpfer kamen zu schnell zurück.

Mardian kam schnaufend zu ihr ins Zelt gewatschelt, sein Gewand war schweißdurchtränkt. Er ließ sich auf die Knie niedersinken und beugte die Stirn bis auf den Teppich. Dann schaute er auf und murmelte: »Der Angriff wurde abgebrochen, Majestät.«

»Ist Antonius in Sicherheit?« erkundigte sich Kleopatra. Seit einigen Tagen beschäftigte sie die Frage, was wohl mit ihr geschehen würde, wenn Antonius etwas zustieße. Nicht nur, daß sie dann allein wäre - Ahenobarbus und die anderen würden sie zweifellos an Octavian verraten, um sie gegen die eigene Sicherheit einzutauschen. Trotz seiner vielen Unzulänglichkeiten war Antonius der einzige Schutz, den sie in Aktium hatte.

»Er ist in Sicherheit«, sagte Mardian. Kleopatra wartete stumm, daß er ihr den Rest der Geschichte erzählen würde.

»Amyntas ist zu Octavian übergelaufen«, sagte Mardian. »Er ist bis zur Festung vorausgeritten, doch anstatt anzugreifen ist er durchgaloppiert, bis er auf Octavians Seite stand. Antonius ist abermals verraten worden.«

Zuerst Artavasdes, dann Deiotaros und jetzt Amyntas. Der arme Antonius! Er hatte sich in den Osten verliebt, doch der hatte sich als ebenso untreu erwiesen wie er selbst. Wahrscheinlich überlegt er jetzt, wer ihn als nächster verrät, dachte Kleopatra.

Ob ich das sein werde.

2

Ahenobarbus wirkte elend und krank. Auf seiner Stirn glänzte der Schweiß, sein Gesicht war eingefallen, und seine Augen lagen tief in den Höhlen.

Er stand mit Canidius und Dellius am Eingang zu Antonius' Zelt und schien sich nur schwer auf den Beinen halten zu können. Dennoch war er wie immer entschlossen, seinen Standpunkt zu vertreten.

»Du mußt Kleopatra aufgeben«, sagte er. »Übergib sie und verhandele mit dem Giftzwerg. Es ist der einzige Ausweg.«

»Und was ist mit meiner Ehre?« fragte Antonius leise.

»Was hat denn Ehre damit zu tun?« kam es bitter von Ahenobarbus. »Jeder wird seine Haut retten wollen. Warum nicht auch du?«

»Weil ich nicht so tief sinken will.«

»Na, großartig! Jetzt redest du von Tugend! Sieh dir den Morast doch an, in den wir durch dich geraten sind!«

»Ich habe dich nicht gebeten mitzukommen. Es war deine Wahl, gegen Octavian zu kämpfen.«

»Aber ich war von Anfang an gegen deine Verbindung mit dieser Frau.«

»Sie hat sich als treuere Freundin erwiesen als viele unserer anderen Verbündeten.«

»Das dürfte nicht schwer gewesen sein.«

Antonius schwieg.

»Schau, alter Junge«, setzte Ahenobarbus ein wenig versöhnlicher an, »wir kennen uns jetzt doch schon ziemlich lange. Warum willst du nicht auf mich hören? Wenn du sie fallenläßt, gibt es noch einen Ausweg. Octavians Truppen kennen dich von früher und würden lieber für als gegen dich kämpfen, sofern du ihnen nur einen Grund dafür lieferst. Doch solange diese Hure zwischen euch steht...«

»Nenn sie nicht so!« brauste Antonius auf und schoß drohend in die Höhe.

Doch Ahenobarbus war nicht bereit, sich einschüchtern zu lassen. »Was soll das Ganze denn jetzt noch?« rief er aufgebracht. »Du hast gesagt, wir brauchen ihr Geld und ihre Flotte! Nun, beides kannst du dir mittlerweile hinten hineinstecken!«

Die beiden anderen blieben stumm, und Ahenobarbus' Worte hallten in der Stille nach. Danach hörte man eine Weile nur den Wind, der an den Zeltbahnen und dem Gestänge riß und rüttelte.

»Sie ist immer noch die Königin von Ägypten.«

»Wenn sie der König von Ägypten wäre, hättest du sie nicht so lange bevorzugt. Beherrscht sie dich, weil sie deine Geliebte ist?« Ahenobarbus war jetzt nicht mehr zu bremsen. Als Antonius nichts erwiderte, fuhr er fort: »Weißt du eigentlich, daß jeder von deinen Vasallen eifersüchtig auf sie ist, und daß jeder von unseren Senatoren sie als Gefahr ansieht und los sein will?«

Antonius blickte Canidius fragend an, der nach kurzem Zögern nickte.

»Siehst du?« sagte Ahenobarbus.

Antonius schaute sie der Reihe nach an. Ahenobarbus, Dellius, Canidius - seine treuesten Anhänger und Generäle. Es stimmte wahrscheinlich, was sie sagten.

Dennoch - es hätte gelingen können. Er hätte Parthien dem Reich zuführen und dank des ägyptischen Reichtums eine eigene Dynastie gründen können. Das war auch Caesars Absicht gewesen. Er war nur den Plänen des alten Knaben gefolgt, war so kurz vor dem Ziel gewesen.