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Marcus Antonius.

13

Charmion hatte die seidigen Haare der Königin ausgiebig gebürstet und teilte sie nun in zwei gleich dicke Stränge, die sie übereinander flocht, ehe sie sie mit goldenen Spangen zu einem Knoten befestigte. Iras hatte ein Kästchen aus Ebenholz aufgeklappt, dem sie Malachit entnahm, um Kleopatras Augen zu umranden. Anschließend färbte sie ihr die Hände mit Henna. Kleopatra verfolgte die Bemühungen in einem polierten Silberspiegel. Da tauchte Mardians Gesicht hinter dem Wandschirm auf. »Eine Botschaft von Octavian, Majestät«, sagte er, trat ganz in Erscheinung und reichte ihr eine metallene Röhre, die mit Leder bezogen war.

Kleopatra ergriff sie und brach das Siegel auf. »Wo befindet er sich?« fragte sie.

»In Rafah, Majestät - an der Grenze.«

Octavian war in einem Eilmarsch durch die glühende Hitze über die Halbinsel Sinai vorgedrungen. Seine Truppen werden erschöpft und halb verdurstet sein, dachte Kleopatra. Wie sehr sie nach meinem Blut lechzen müssen!

Sie las Octavians Schreiben zweimal, um sicherzugehen, daß sie kein Zeichen der Hoffnung übersah.

An die Königin Kleopatra.

Ich fürchte, zwischen uns hat es ein Mißverständnis gegeben, denn mit Euch hadere ich nicht. Doch solange Ihr einen Feind Roms beherbergt, habe ich keine Wahl, als ihn mit meinen Truppen zu jagen. Wenn Ihr ihn aus Eurer Stadt verstoßt und ihn in Ketten zu mir bringt, könnt Ihr mit meinem Wohlwollen und meinem Verständnis rechnen.

Octavian Gajus Julius Caesar, Divi Filius, Imperator.

Kleopatra hielt den Brief in die Kerzenflamme und warf ihn als lodernden Fetzen auf den Marmorboden, wo er erlosch und zu Asche zerfiel.

»Die Priesterschaft steht weiterhin hinter Euch«, sagte Mardian. »Die Menschen in der chora haben geschworen, Truppen aufzustellen, um gegen Octavian zu kämpfen.«

»Warum wollen sie das tun?«

»Weil Ihr ihnen während der Hungersnot Getreide gegeben habt. Weil Ihr den Apis-Stier heiligt und ihre Tempel instand gehalten habt. Weil Ihr Isis seid.«

Kleopatra schüttelte den Kopf. »Sagt ihnen, sie sollen zurück auf die Felder gehen. Warum soll ich noch mehr Menschenleben vergeuden?«

Danach überreichte sie Mardian eine versiegelte Papyrusrolle. »Hier sind meine Anweisungen für die Kinder. Selene und Ptolemaios sollen sich in den Tunneln unter dem Palast verbergen. Die Verstecke sind bereits mit Lampen, Nahrung und Wasserreserven versehen. Der Hauptmann der Palastwache wird sie dorthin begleiten.«

»Was wird aus Antyllus?«

»Für ihn ist sein Vater zuständig.«

»Und Caesarion?«

»Er wird schon morgen mit seinem Lehrer abreisen. Ist Apollodoros erschienen?«

»Er wartet draußen, Majestät.«

»Dann laß ihn herein.«

In diesen letzten Tagen war es wichtig, daß die Menschen sie für unbesiegbar hielten, wenngleich Kleopatra wußte, daß sie geschlagen war. Als sie hinter dem Wandschirm hervortrat, war sie königlich hergerichtet, in einem goldenen Gewand und dem Isisknoten auf der Brust. Sie hatte einen großen Kragen aus Lapislazuli umgelegt, und an ihren Ohren funkelten Perlen. Auch in ihr Haar waren Perlenschnüre geflochten, und um den Arm wand sich eine goldene Schlange mit Augen aus Karneol.

Apollodoros wartete in ihrem Vorzimmer. Ein wenig älter, ein wenig grauer, ein wenig beleibter, doch immer noch amüsiert angesichts der Unwägbarkeiten der Welt. Sie sah ihn noch vor sich, damals am Berg Kasios, und ganz ähnlich war auch ihre Furcht gewesen - doch in jenen vergangenen Tagen hatte es Hoffnung für sie gegeben. »Majestät«, sagte er.

»Mein Apollodoros! Nun bist du also abermals gekommen, um mich zu retten.«

»Habt Ihr denn auch den Teppich aufbewahrt?«

»Er war für Caesar gedacht. Er hat ihn mit nach Rom genommen.«

Um seine Züge spielte ein spöttisches Lächeln. Wie immer ließ er es an Respekt fehlen, doch das gehörte zu seinem Reiz

- vielleicht war es sogar der Grund, weshalb sie ihm vertraute.

»In diesem Auftrag steckt kein Gewinn für dich, Apollodoros. Wenn Octavian deine Tat entdeckt, wirst du fliehen müssen.«

»Ich bin reich und kann mir die Flucht leisten.«

»Aber warum willst du es tun?«

Apollodoros holte tief Luft. »Majestät, meine Familie hat sich immer vom Meer ernährt. Ich habe gehandelt und andere im Rahmen der Gesetze beraubt. Mein Bruder hingegen ist Seeräuber geworden, wofür ihn die Römer gekreuzigt haben. Er hat drei Tage gelitten, bis er starb - Caesar hatte seinen Tod befohlen.«

»Julius?«

Apollodoros nickte. »Ich hasse die Römer. Ich habe immer gebetet, daß Ihr eines Tages siegt. Und wenn Ihr es nicht seid, dann vielleicht Euer Sohn.«

Kleopatra spürte, wie sich der erste Zweifel in ihr regte. »Er ist auch Caesars Sohn.«

»Nein, er ist Euer Sohn. Ich würde mein Leben für ihn geben.«

»Ich hoffe, es wird nicht dazu kommen.«

»Ich habe bereits alles Notwendige veranlaßt. Ich werde ihn auf einer Feluke bis Koptos begleiten. Danach schließt er sich einer Karawane an, die durch die Wüste bis Berenice zieht. Am Roten Meer werden meine Schiffe auf ihn warten, die mit ihm nach Indien segeln. Wir müssen lediglich auf die Monsunwinde warten, da die Reise sonst zu gefährlich ist.«

»Laß mich nicht im Stich, Apollodoros.«

Er grinste wie ein Junge. »Habe ich das jemals getan?«

14

Pelusium war gefallen. Danach gab es für Octavian auf seinem Marsch nach Alexandria kein Hindernis mehr. Kleopatra verrichtete ihre letzte Pflicht als Mutter.

Caesarion trug das derbe, einfache Gewand eines Wüstenbewohners, sein Gesicht war mit Schmutz unkenntlich gemacht. Nun, dachte Kleopatra, die Art eines Bauern ist ihm bereits zu eigen, jetzt paßt auch die Kleidung zu seinem Benehmen. Rhodon war ähnlich ausgestattet, doch er wirkte weniger überzeugend. Das weiche, gepflegte Gesicht würde noch nicht einmal einen Blinden täuschen, geschweige denn einen der römischen Offiziere.

Eine einfache Barke legte am Königlichen Hafen an, eine von denen, die den Nil zu Hunderten befuhren. Caesarions Leibwache eilte an Bord und verbarg sich unter Deck, gefolgt von Rhodon und Sklaven mit Büchertruhen.

Die Barke würde sie durch den Königlichen Hafen bringen und durch das Heptastadion in den Hafen der Glücklichen Wiederkehr. Von dort aus würden sie einem Kanal folgen, der unter Rhakotis durchführte und in den See Mareotis mündete. Auch Caesarion und Rhodon würden sich unter Deck verkriechen, um den Augen von Octavians Häschern zu entgehen.

Das ist nun die endgültige Trennung von Julius Caesar, dachte Kleopatra; jetzt geht das einzige von mir, das mir von ihm geblieben ist, und mit ihm entschwinden meine Träume. Sie nahm Caesarion in die Arme und drückte ihn an sich, doch ihr Sohn blieb steif und unnachgiebig.

»Leb wohl«, flüsterte sie.

Caesarion schwieg. Dann stieß er sich von ihr ab und schritt die Stufen zu der wartenden Barke hinunter. Kleopatra wußte nicht, ob er vor Trauer oder vor Furcht verstummt war, doch schließlich hatte sie nie begriffen, was in ihm vorging.

Apollodoros kam, um sich noch einmal vor ihr zu verneigen. Kleopatra bedachte ihn mit einem forschenden Blick und fragte sich abermals, ob es richtig war, ihm ihre kostbare Fracht anzuvertrauen.

»Ich passe gut auf ihn auf«, versicherte Apollodoros, als ob er ihre Gedanken erraten habe.

Kleopatra sah zu, wie die Barke ablegte und durch den Hafen glitt. Sie wußte, daß sie Caesarion nie wiedersehen würde.