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Auch der Palast war von erstaunlicher Fülle und Pracht. Stühle aus Ebenholz und Elfenbein, Truhen, über und über mit Gold besetzt, arabischer Weihrauch in Dreifüßen aus Bronze und Silber, die Böden gekachelt mit rotem und schwarzem Porphyr. Und doch war es keine Stadt, die sich allein den Sinnen ergab, wie man hätte meinen können, sondern ein Hort der Bildung. Eine schier grenzenlos scheinende Sammlung an Schriften, eine Bibliothek mit jedem namhaften Werk der Welt, alles, was sich der zivilisierte Mensch für seine Muße erträumte.

Trotzdem - bis zum großen Auftritt der hübschen kleinen Königin wäre er es zufrieden gewesen, den ägyptischen Halunken ein wenig Furcht einzuflößen und sich eine Atempause zu gönnen nach den endlosen Kriegszügen in Britannien, Gallien und zuletzt nach dem Gerangel mit Pompejus.

Doch diese dunkelhaarige kleine Abenteurerin hatte ihn auf eine neue Idee gebracht. Abgesehen davon, daß es ihm körperlich wie seelisch Vergnügen bereitete, mit dieser jungen, lebhaften Königin des Orients ins Bett zu steigen, bot sich auch ein politischer Schachzug, wenn man es geschickt einfädelte. Mit dem richtigen Bündnis an der Hand konnte er sich die größte Kornkammer der Welt zu eigen machen.

Pothinos war kein Mann gewesen, der sein Fähnchen nach dem Wind hängte, das hatte er gleich erkannt. Ein fanatischer Nationalist, das Gefährlichste auf der Welt, was man sich denken konnte. Daß sich hier Kopf und Körper ein freundliches Lebewohl entbieten mußten, war sonnenklar gewesen.

Inzwischen hatte er die Lage schon weitaus besser im Griff. Die ägyptische Hilfe würde er brauchen, wenn er seine Ziele in Rom verwirklichen wollte. Die Anhänger Pompejus' waren noch nicht geschlagen. Dessen Söhne hatten sich nach Afrika verzogen, und der Tag würde kommen, an dem er ihnen folgen und sie stellen müßte. Das zu bewerkstelligen würde einiges kosten. Und was war Ägypten letztlich anderes als eine riesige Schatztruhe?

Er selbst war der Schlüssel dazu. Und Kleopatra besaß das zarte, rosige, wohlriechende Schlößchen.

Seit Jahren waren Kleopatra und ihre Schwester bis auf den Austausch leerer Höflichkeitsfloskeln nicht fähig, miteinander zu reden, ohne sich alsbald wie Wildkatzen an die Gurgel zu gehen. Inzwischen war es ihnen zur Gewohnheit geworden, nur noch das Nötigste zu sagen, doch selbst das fiel ihnen schwer.

Seit dem Tag ihrer Krönung waren sie sich nicht mehr begegnet. Kurz nach Pothinos' Tod sah Kleopatra jedoch, daß jene über die Palastgänge auf sie zugerauscht kam - eine Woge aus Seide, Parfüm und Verachtung. Ganymedes war an ihrer Seite.

Sie wollte bereits in eine andere Richtung schauen und vorbeieilen, doch zu ihrer Überraschung hielt Arsinoe sie an.

»Schwester«, grüßte Kleopatra sie, während sie sich fragte, was die andere wohl von ihr wollte.

Arsinoe bedachte sie mit einem geringschätzigen Lächeln. »Nun, du hast es ja offenbar geschafft. Endlich konntest du es dir einmal von einem Römer besorgen lassen.«

Kleopatra schnappte nach Luft. Welch eine Ausdrucksweise! Hätte sie nicht wenigstens erst ein oder zwei einleitende Sätze über das Wetter von sich geben können? Höchst bedauerliche Manieren.

Ganymedes' Gesicht war sehenswert. Er zupfte seinen Zögling am Ärmel. »Erlauchte! Das sollten wir nicht tun«, flehte er weinerlich.

»Maße dir nicht an, mir Vorschriften zu machen, du fette Kröte!«

Noch nicht einmal achtzehn Jahre alt, dachte Kleopatra bei sich, und schon eine kleine Schlange.

»Du bist genau wie Vater«, fauchte Arsinoe. »Du hast ihnen so lange die Füße geleckt, bis es nur eine Frage der Zeit war, daß man dich besteigt.«

Ich werde mich hüten, meinen Atem zu verschwenden, dachte Kleopatra. Wenn sie nicht begreift, was sie tut, werde ich ihr nicht auf die Sprünge helfen. Man übersandte dem Feind den Schlachtplan schließlich nicht im voraus.

Ganymedes bat seinen Schützling flüsternd, doch mit ihm weiterzugehen.

»Auf daß du tausend Tode stirbst«, zischte Arsinoe noch, bevor sie sich auf den Weg machte. Ganymedes huschte hinter ihr her. Kleopatra sah ihnen kopfschüttelnd und in Gedanken versunken nach.

18

Die Vorhänge der Fenster aus weißer, hauchdünner Seide blähten sich und tanzten in der Brise um die mondbeschienenen Säulen. Der vergangene Nachmittagssturm hatte das Meer wieder aufgewühlt, der wuchtige Aufprall der Wellen gegen die Landzunge hallte wie ferner Donner.

Der Onyxboden unter ihren Füßen war kühl. Caesar hörte nicht, wie sie den Raum betrat. Ihr Schatten fiel plötzlich über den Tisch, an dem er schrieb, und er hob überrascht den Kopf. Sie war nackt.

Sie hielt ihm den Weinpokal entgegen, doch er schob ihn fort. Wortlos legte er den Stylus ab, stand auf und ging auf sie zu. Dieses Mal hatte Kleopatra jedoch beschlossen, daß sie ihn verführen würde. In dieser Nacht wollte sie seine sanfte Meisterin sein, etwas von der natürlichen Macht ausüben, die sie als Frau besaß, und endlich Gebrauch machen von dem, was sie bei der heterai gelernt hatte.

Als er nach ihr greifen wollte, packte sie ihn bei den Handgelenken und legte sie an seinen Körper.

»Zieh dich aus«, flüsterte sie.

Sie war nervös. Sie hatte so etwas noch nie zuvor getan, hatte nie gedacht, daß sie so etwas einem Mann zuliebe machen würde.

Caesar war neugierig geworden und tat, wie ihm geheißen.

Sein Körper war übersät mit Narben, runzelige häßliche Erinnerungen an Hunderte von Schlachten. Trotz seiner Jahre war sein Bauch hart wie Rosenholz, Brust und Schultern waren von festen Muskelsträngen durchzogen. Er war nicht behaart, weder auf der Brust noch auf den Schenkeln. Mardian hatte ihr anvertraut, daß man munkelte, er ließe sich die Haare mit glühendheißen Walnußschalen absengen.

Sein Glied war angeschwollen. Caesar, dachte sie, Gott der Fruchtbarkeit, so wie Osiris. Und ich bin Isis, die über deinen Körper streicht, um zu empfangen und zu nähren.

Nie hätte sie sich vorgestellt, so vor einem Mann zu knien. Doch sie tat es, wie Rachel es ihr vorgemacht hatte. Zuerst war sie befangen, doch ermutigt von seinem Stöhnen vergaß sie für einen Augenblick, daß sie Königin war und er nur ein Barbar.

Was immer er auch vorhat, dachte sie, in diesem Augenblick ist er in meiner Hand.

Sie hielt abrupt inne, so wie sie es von Rachel in Erinnerung hatte, und zwang ihn sanft auf das Bett. Dann nahm sie einen Schluck aus dem Weinpokal und bewahrte ihn im Mund, kühl und prickelnd. Dann beugte sie sich über ihn, küßte ihn und ließ den Wein in seinen Mund tröpfeln, spürte die Nässe auf seinem Kinn.

Sie setzte sich auf ihn und führte ihn ein, hielt ihn hin, wehrte sich gegen sein Drängen. Er hatte sie an den Hüften gepackt, riß sie fort mit seinen Stößen. Kleopatra stöhnte so laut auf, wie Rachel es getan hatte. Doch bei ihr war es kein Theater, denn sie erfuhr abermals dieses köstliche, wunderbare Gefühl, das sich ihres Körpers bemächtigen konnte. Seine Stöße wurden hastiger, heftiger. Im Mondlicht erblickte sie sein Gesicht, erkannte die Überraschung, den Schreck und die Erleichterung auf seinen Zügen, wie sie sie zuvor schon auf den Gesichtern Sterbender gesehen hatte.

Doch es gab eine Lektion der Jüdin, die sie nicht übernahm. In jenem letzten Moment stieß sie sich nicht von ihm ab. Statt dessen ließ sie ihn in sich eintauchen, wünschte, daß sein Samen den Weg in ihren Schoß fand.

Es geschah ohne Vorwarnung.

Sie waren eines Abends allein in ihren Gemächern, als Caesar plötzlich einen dünnen Schrei ausstieß und zu Boden stürzte. Der Rumpf war starr, das Gesicht blau, mit blutigem Schaum auf den Lippen, während die Gliedmaßen wild zu zucken anfingen.

Wie gelähmt schaute Kleopatra auf ihn hinab. Der einzige Gedanke, der ihr durch den Sinn schoß, war, daß ihn jemand vergiftet hatte. Achillas! Er hatte sie überlistet!