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»Die Republik ist ein Badehaus voller schlaffer Greise, die nur Italien kennen. Die Republik ist tot.«

Hitzige Worte. Caesar hatte natürlich recht, dennoch war Antonius beunruhigt angesichts dieses freimütig, ja geradezu herausfordernd vorgetragenen Bekenntnisses. Irgend etwas war mit Caesar geschehen, während er in Spanien war. Der alte Knabe war in der Regel so vorsichtig, so... kühl und beherrscht. Es war, als hätte ihn der Leichtsinn gepackt. Vielleicht glaubte er allmählich selbst, was sich das Volk auf dem Aventin erzählte: daß er ein Gott sei.

»Ich möchte dir jedenfalls empfehlen, deine Pläne bezüglich des Triumphes noch einmal zu überdenken.«

Caesars Lippen verzogen sich zu einem bösen Lächeln. »Glaubst du, daß meinem spanischen Sieg kein Triumph gebührt, Marcus?«

»Es war ein Krieg gegen andere Römer.«

»Es war ein spanischer Aufstand, den verräterische Römer unterstützten.«

Oh, tatsächlich? Pompejus' Söhne als Verräter? »Die Leute sehen es anders.«

»Die Leute sehen es so, wie ich es ihnen sage.«

Antonius starrte ihn an. Meinte er das wirklich? Der alte Knabe wurde wahrhaftig verrückt. Vielleicht stimmte es, was Cicero und die anderen sagten - daß die Hexe in seinem Haus in der Via Campana dahinterstand.

»Ich bin nicht gegen dich«, sagte er. »Ich rede doch nur von Vorsicht.«

»Götter verrichten die Dinge auf ihre Art.«

»Wir sind aber keine Götter«, antwortete Antonius, wenngleich es ihn nicht gewundert hätte, wenn Caesar ihm auch hierin widersprochen hätte. »Wir unterstehen immer noch Rom.«

Caesar schleuderte ihm einen wütenden Blick entgegen. »Ich weiß, wem ich unterstehe.«

»Seit du aus Spanien zurück bist, hast du viel Zeit im Haus in der Via Campana verbracht. Es gibt Stimmen, die behaupten... «

»Das Geschwätz interessiert mich nicht.«

»Wenn es im Senat geäußert wird, ist es kein Geschwätz mehr, sondern Politik. Manche von ihnen fürchten sich vor dieser Frau. Sie glauben, daß sie dich regiert.«

»Und was glaubst du, Marcus Antonius?«

Antonius zuckte die Achseln. »Du kennst mich. Ich belehre keinen Mann über die Art, wie man mit Frauen umgeht. Ich habe es ja selbst nie gekonnt.«

Dieses Bekenntnis trug ihm ein freundliches Lächeln ein. »Schau, Marcus, diese Frau ist anders. Bei ihr fühle ich mich wohl, rede mit ihr wie mit meinesgleichen. Ich kann sogar politische Themen mit ihr besprechen und mich an ihrer Klugheit erfreuen. Es ist nicht das Bett, das mich zu ihr führt, Junge.«

»Dennoch rate ich dir noch einmal zur Vorsicht.«

»Oh, du kennst mich doch«, erwiderte Caesar. »Ich bin immer vorsichtig.« Er lächelte abermals. Ein Lächeln, das alles bedeuten konnte.

Ich wünschte, ich wüßte, was in ihm vorgeht, dachte Antonius. Es ist ihm doch sicher nicht ernst mit dem Königtum, oder doch?

12

Wenn Caesar kommt...

Wenn Caesar kommt, kommt er mit Liktoren und Leibgarde. Kein Geliebter der Nacht, sondern einer, der nicht schläft, ohne auf die Tritte von Mördern zu lauern.

In dieser Nacht hielt Kleopatra ihn umschlungen, den Arm über seine Brust gelegt, den Schenkel auf seinem Leib, den Mund an seiner Wange. In dieser Nacht war Caesar unfähig gewesen zu erobern, geschwächt von Intrigen und Sorge. Im Streben nach dem Göttlichen hat er die Kraft des Mannes verloren.

Der runde Erntemond hing tief und schwer über den sieben Hügeln, sein Licht erschien in Wellenlinien auf dem dunklen Wasser des Tibers. Auf dem Marmorboden ein silberner Lichtfleck. Nach einer Weile erhob Caesar sich und trat ans Fenster, wo er in düsterem Schweigen nach draußen starrte. Kleopatra beobachtete ihn vom Bett aus. In ihr breitete sich ein dumpfer Schmerz der Leere aus.

In dieser Nacht war Caesar zum Eunuchen geworden, so wie Mardian.

»Du bist müde«, flüsterte sie. »Es macht nichts. Komm wieder ins Bett.«

Er gab keine Antwort. Sein Zorn war wie dorniges Gestrüpp.

»Julius«, bat sie.

»So etwas ist Caesar noch nie zuvor passiert.«

Dann liegt es vielleicht an mir, dachte sie. Sie hatte keine Erfahrung mit diesen Dingen und wußte nicht, was sie sagen oder tun sollte. Wenn ein Mann eine Frau begehrte, zeigte er es dann nicht auf die übliche Art?

Das ist jetzt nur dein Stolz, Julius, dachte sie bei sich. Wenn du deinen Samen nicht in eine Frau ergießen kannst, erträgst du es nicht, sie anzuschauen. Er wollte ihren Trost, war jedoch zu hart, zu sehr ein Getreuer des Gottes Mars, um es auszusprechen.

»Rom ist zu eng und nimmt mir die Luft zum Atmen«, sagte er. »Auf dem Schlachtfeld sind die Dinge immer ganz klar. Dort ist der Feind, und ich weiß, wie man ihn besiegt. Hier in Rom weiß ich nie, wer mein Feind ist. Ich sehe nur Schatten.«

»Du hast zu viele deiner Feinde am Leben gelassen.«

»Aber Barmherzigkeit ist eine Tugend«, erwiderte er.

Es stimmte. Caesar war für seine Barmherzigkeit so berühmt wie für seine Grausamkeit. Derselbe Mann, der die Kriegsgefangenen in Gallien verstümmeln ließ, hatte Hunderte seiner Feinde in Pharsalos begnadigt. Er blieb ein Rätsel, das man nicht verstand.

Aus der Ferne erklang ein Trompetensignal. Im Lager auf dem Marsfeld fand der Wachwechsel statt. »Ich habe heute eine Geschichte gehört«, sagte sie. »Es ging um einen Wettkampf im Circus Maximus. Hirtius Grattus, einer der Gladiatoren wurde getötet. Er bat um Gnade, doch du hast mit dem Daumen nach unten gewiesen.«

»Sein Gegner wollte ihn nicht verschonen. Ich richte mich nur nach den Wünschen des Volkes. Sie wollten, daß er starb.«

»Der Mann, der ihn tötete, hieß Didius. Grattus hatte ihn vor zwei Monaten im Kampf verschont.«

»Warum erzählst du mir das?«

»Weil die Geschichte vielleicht eine Lektion enthält. Wenn du einem Menschen Gnade gewährst, kann es dich das Leben kosten.« Kleopatra erinnerte sich wieder an die unnachgiebige Härte, mit der Caesar sich ihres Bruders entledigt hatte, und wie sie ihn für diese Kälte bewundert hatte. Und nun hielt sie ihrem eigenen Lehrmeister einen Vortrag.

»Wenn du von Feinden redest, meinst du die Anhänger von Pompejus.«

»Im Senat gibt es viele, die dir ihr Leben verdanken. Glaube nicht, daß sie das zu deinen Freunden macht.«

»Der Senat«, sagte er verächtlich.

»Du glaubst, weil du gnädig warst, würden sie sich dir nicht widersetzen.«

»Sie widersetzen sich nicht mir, sondern einer Idee. Einige unter ihnen reden über die Republik, als würden Roms Probleme durch sie gelöst. Das Reich ist inzwischen zu groß, als daß es noch von einer Handvoll alter Männer zu regieren wäre, die nie weiter als bis zu ihren Landgütern in Brindisi gekommen sind.«

»Dann tu, was nötig ist. Hör auf, dich mit Gesetzen und Vorschriften zu quälen. Du bist Caesar. Nimm dir, was deins ist, so, wie du es immer getan hast.«

»Noch nicht, Kätzchen.«

»Wann?«

»Weißt du noch, wie es in Alexandria war? Ich habe sie gewähren lassen, als sie sich gegen die Palasttore warfen, denn ich war mir des Sieges nicht sicher. Ich habe den richtigen Zeitpunkt abgewartet, bis es soweit war, ehe ich zuschlug. Du bist zu ungeduldig.«

»Weil ich mich um meinen Sohn sorge. Und um mich selbst. Du wirst uns nicht verlassen, Julius, nicht wahr?«

Er wandte sich um. »Du zweifelst an mir?«

»Du vergißt, daß ich immer noch Königin bin. Soll ich noch einen Winter in Rom zubringen und in Alexandria über mich sagen lassen, ich sei nur eines reichen Mannes Mätresse? Lieber ginge ich gleich und mit leeren Händen nach Ägypten zurück, als daß ich mich weiter von dir demütigen lasse.«