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Die vergangenen Monate waren hart für ihn gewesen. Nach den wilden Lustbarkeiten Alexandrias erwartete ihn in Rom wieder die rauhe Wirklichkeit. Zuerst war er nach Ephesos gesegelt, wo er feststellen mußte, daß die Parther inzwischen fast ganz Syrien besetzt hatten, einschließlich der Stadt Tarsos. Um dieses Problem zu lösen, hatte er jedoch zuerst wieder ein Heer zusammenstellen müssen.

Eine Aufgabe, die leichter gewesen wäre, hätte sich nicht Octavian aufgrund dieses albernen Zwischenspiels in Perusia seine elf gallischen Legionen einverleibt.

In Athen hatte Antonius schließlich seine Frau und seine Mutter angetroffen, die vor Octavian geflüchtet waren. Da Sextus Pompejus seiner Mutter zuvor Zuflucht gewährt hatte, stand er nun auch noch in der Schuld dieses erbitterten Gegners des römischen Triumvirats.

»Claudia ist auch hier«, sagte Fulvia. Fulvias Tochter aus erster Ehe, die Octavian den Pakt hatte versüßen sollen, als sie das Triumvirat bildeten. »Octavian hat sie zurückgeschickt, einschließlich dieses Briefes.« Sie schleuderte ihm eine Schriftrolle entgegen. »Er behauptet, sie sei unversehrt. Wie kann das sein, wenn er sie drei Jahre lang bei sich hatte? Was hat er denn mit ihr gemacht?«

»Offenbar nicht viel.«

»Ebenso deine Schuld! Dein Bübchen hat dich hinters Licht geführt!«

Antonius hätte sie am liebsten erwürgt. »Ich habe den Krieg nicht angefacht. Ich fürchte, jemand anders ist von ihm hinters Licht geführt worden.«

»Du begreifst es einfach nicht.«

»Es gibt nichts zu begreifen, außer daß du mich mit in deinen Sumpf gezogen hast.«

»Octavian hat sich aufgeführt, als herrsche er über ganz Rom! Er suchte nur eine Ausrede, um dir die gallischen Legionen fortzunehmen. Du hast es ihm möglich gemacht.«

»Nein, meine Liebe, das warst allein du.«

»Du wurdest in Rom gebraucht. Was hast du denn getan, während ich deine Schlachten schlug?«

»Während du meine Schlachten verlorst!«

»Dein Bübchen ist hinter dir her! Er will dein geliebtes Triumvirat auflösen.«

»Mein Bübchen, mein Triumvirat?« Antonius wandte sich an Plancus. »Wie konntest du das zulassen?«

»Weil ich es ihm befohlen habe«, kreischte Fulvia.

Antonius wich zurück. Bei Jupiter, diese Frau war von Sinnen. Marcus Plancus mußte in den vergangenen zwölf Monaten eine höllische Zeit durchgemacht haben. Beinahe tat ihm der Schafskopf leid.

Fulvia machte einen Schritt auf Antonius zu. Ihr Gesicht war nur eine Handbreit von seinem entfernt. »Du wirst es schon noch sehen. Octavian lechzt nach deinem Blut.«

»Dieser Wicht? Ohne seinen Namen ist er ein Nichts. Mit dem werde ich fertig.«

»Das hat Cicero auch gedacht«, höhnte sie. In ihren Mundwinkeln hatte sich Speichel gesammelt, ein paar Tröpfchen klebten bereits an seinem Brustschild. Fulvia hatte tatsächlich den Verstand verloren. »Eines Tages wirst du mir recht geben. Er wird dich vernichten, Antonius, wenn du ihn nicht tötest.«

»Ich hatte einen Pakt mit ihm. Du hast mein Wort gebrochen.«

»Handele jetzt. Zerquetsche ihn! Danach bist du Herr über Rom.«

»Du bist ein Ungeheuer«, erwiderte Antonius, machte kehrt und verließ den Raum.

In Alexandria

Im Sommer leuchtete die Stadt so weiß, daß es die Augen schmerzte. Vom Hafen her kam ein Windhauch, der den Geruch von Tang und den Feuerrauch des Pharosturms mit sich führte. Über den Werften kreisten die Möwen mit wildem Geschrei. Weiter draußen tummelten sich Delphine, die feuchtglitzernd über die Wellenbrecher sprangen.

Antonius war seit drei Monaten fort. Im Palast war es wieder ruhig geworden. Der Bund der Freunde des Lebens hatte sich aufgelöst, und Kleopatra bekam wieder genug Schlaf. Dennoch fehlte Antonius ihr auf eigentümliche Weise.

»In Rom seid Ihr in aller Munde«, sagte Mardian.

Kleopatra wandte sich vom Fenster ab. »Immer noch?«

»Man redet über Antonius' Besuch in Alexandria. Von seinen Exzessen, aber auch von den Euren.«

»Von meinen?«

»Im Forum sagt man, daß Eure Gier der seinen entspricht. Auch sollt Ihr Gefangene zum Vergnügen foltern und Euch jede Nacht einen Sklaven zum Bettgefährten nehmen.«

»Das ist abscheulich! Ich fasse die Sklaven noch nicht einmal an, geschweige denn, daß ich mit ihnen mein Lager teile.«

»Genau das behauptet man aber.«

»Und weil ich bei seinen Exzessen dabei war, bin ich ihm schon gleich?«

»Offenbar ja.«

»Und was weißt du über die Versöhnung zwischen dem Imperator und seiner Frau?«

»Sie ist wohl nicht geglückt.«

Kleopatra schmunzelte. Sie konnte sich die Szenen zwischen den beiden lebhaft vorstellen.

»Zur Zeit segelt er nach Italien. Man spricht von dem Beginn eines neuen Bürgerkriegs.«

»Und Fulvia?«

»Sie bleibt in Athen. Fühlt sich nicht wohl, glaube ich. Wie es heißt, hat Perusia ihrer Gesundheit geschadet.«

»Ich danke dir, Mardian. Halte mich weiterhin auf dem laufenden.«

»Jawohl, Majestät.«

Nachdem Mardian sie verlassen hatte, wandte Kleopatra sich wieder dem Fenster zu. Sie war also immer noch Gesprächsthema in der Republik. Im Grunde machte ihr das Geschwätz kaum etwas aus, sie konnte Octavians Gerüchteküche ohnehin nicht ausmerzen.

Was würden sie erst sagen, wenn sie wüßten, daß ich Antonius' Kind in mir trage, dachte sie und legte die Hände auf ihren Bauch. Wahrscheinlich, daß es das Kind eines der Gefangenen ist, den ich gefoltert habe, oder das eines der zahllosen Sklaven, die ich in mein Bett genommen und anschließend enthauptet habe.

Sie ging zu einer der Ruhebänke und ließ sich darauf nieder. Es war zu heiß, um schwanger zu sein.

Ach, und der edle Herr Antonius hatte sich nicht mit seiner lieben Gemahlin versöhnt. Nun, das hatte sie ohnehin nicht für möglich gehalten. Fulvia hatte sich endlich als Hindernis erwiesen. Selbst Antonius würde nun einsehen, daß er sie loswerden mußte. Wenn man sich doch nur einmal auf ihn verlassen könnte! Und wenn er nun vor dem Problem Reißaus nahm, anstatt sich ihm zu stellen? Wahrscheinlich benötigte er Hilfe.

Sie rief nach ihrem Kammerherrn. »Hol mir Olympos herbei«, trug sie ihm auf.

2

An die allergnädigste und erlauchteste Majestät, Königin von Ägypten, Herrin der zwei Länder, vaterliebende Göttin.

Es gibt traurige Nachrichten, denn ich muß Eurer Majestät berichten, daß die Gemahlin des edlen Imperators Antonius, Triumvir von Rom, am heutigen Tag hier in Athen einer Krankheit erlag, die als Folge des vergangenen Kriegsgrauens in Italien angesehen werden darf. Die Menschen, die sie gekannt haben, werden sie beweinen.

Ich hatte das Glück, noch kurz vor ihrem Tode ihre Bekanntschaft zu machen. Ich habe Eure Grüße ausgerichtet und ihr Eure Geschenke überreicht. Die eingelegten Feigen in Honig, die ich ihr als Delikatesse unseres Landes empfahl, haben ihr Freude bereitet.

Zu Antonius ist ein Bote unterwegs, um ihm die traurige Nachricht zu überbringen.

Euer ergebener Diener und Freund

Olympos

Kleopatra betrat das Kinderzimmer. Sie mußte sich an den Wänden abstützen, da ihr plötzlich schwindelte. Die Geburtshelferinnen hatten ihr gesagt, daß sie sehr viel Blut verloren habe. Ihr Arzt hatte ihr starke Dosen Poleiminze verabreicht und ihr ein ranzig schmeckendes Gebräu eingeflößt, damit sie wieder zu Kräften kam. Kleopatra hatte jedoch verkündet, daß sie von allein genesen würde, sobald sie einen bestimmten Brief von Olympos erhielte.

Antonius war zweimal Vater geworden. Alexander und Kleopatra. Sie lagen in ihren Bettchen. Das von Alexander schmückte ein Elfenbeinfries mit Tigern, das der kleinen Kleopatra eins mit Elefanten. So, dachte Kleopatra, nun habe ich die Kinder der beiden größten Männer Roms in meiner Obhut. Wir werden sehen, ob man mich jetzt immer noch verleugnen kann.