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Etwas in ihr war in diesem Moment zerbrochen.

Nicht, weil Antonius sie verraten hatte, das war beileibe nichts Neues. Nein, es war die Schäbigkeit des Verrats. Ich habe seine Kinder geboren, während er seinen Elendspakt schloß, dachte sie. Ich habe ihm die Welt geboten, und er sucht sich ein Mauseloch. Ich wollte ihm Größe schenken, und er gibt sich mit dem Mittelmaß zufrieden.

»Der einzigartige Marcus Antonius hat das Ungeheuerliche getan«, sagte sie.

»Ich bedaure, daß ich Euch diese Botschaft überbringen mußte.«

»War es nicht zu erwarten? Er ist nicht besser als all die anderen.«

»Man sagt, daß er dazu gezwungen wurde, Majestät. Octavian ließ den Hafen von Brindisi verschließen. Antonius mußte nördlich davon an Land gehen. Als die Soldaten sich gegenüberstanden, verweigerten sie den Kampf. Viele der Legionen hatten zuvor bei Philippi Seite an Seite gekämpft, sie sind des Krieges müde. Sie haben das Bündnis herbeigeführt.«

»O ja, gewiß muß man Antonius mit Gewalt in das Bett dieser Frau zerren.« Antonius. Er glich einem Bär, der von einem Honigtopf zum nächsten tappte, um seine Tatze hineinzustecken. »Ist Octavians Schwester schön?«

»Nicht so schön wie Ihr.«

»Wenn du mich wie ein dummes kleines Mädchen behandelst, lasse ich dir den Kopf abschlagen.«

Mardian schaute sie unglücklich an. »Wie ich vernommen habe, ist ihr Hals wie der eines Schwans und ihr Gesicht wie das der Aphrodite.«

»Der arme Antonius, wie furchtbar muß das für ihn sein.«

»Stimmt, man kann sich seine Verzweiflung vorstellen.«

Kleopatra schwieg für eine Weile. Dann schien sie sich wachzurütteln wie aus einem langen Schlaf. »Was hat ihm das Bündnis eingebracht?«

»Octavian behält die gallischen Legionen, doch er wird Sizilien von Sextus befreien. Antonius wendet sich gegen die Parther.«

»Das heißt, daß Antonius den Westen kampflos aufgegeben hat.«

»Er scheint den Osten für wichtiger zu halten.«

Kleopatra seufzte. »Gut, es ist nicht mehr zu ändern. Wir haben gewürfelt und haben verloren.«

»Wünscht Ihr allein zu sein? Soll ich die Minister für heute entlassen?«

»Nein. Wenn sie an der Tür lauschen und hören, wie ich mit Vasen um mich werfe, werden sie glauben, ich sei wütend. Ich will die Sache nicht aufbauschen - es ist ein kleiner Rückschlag, weiter nichts. Laß sie wieder herein, ich muß mich an die Arbeit machen.«

Ein kleiner Rückschlag.

Der Schmerz wollte ihr schier die Brust zerdrücken. Am Ende ist es immer dasselbe mit den Römern, dachte sie. Ihren Samen geben sie mir, doch nie ihr Wort.

Ich bleibe eine Fremde, eine von diesen ägyptischen Sumpfpflanzen. Nun, sie haben mich einmal gekränkt, weil ich zu sehr als Frau empfand. Julius zu lieben war ein Fehler. Ein zweites Mal werde ich diesen Fehler nicht begehen.

Ich werde es als Ärgernis behandeln - so wie einen gebrochenen Vertrag. Das ist alles nur Politik.

Ich muß weiterkämpfen, muß mich an die Arbeit machen, genau wie ich es Mardian gesagt habe.

3

Auf dem Palatin in Rom

Antonius haßte es, die Toga zu tragen. Sobald er einen Schritt vorwärts machte, rutschte sie herunter und schleifte hinter ihm her. Togen waren zu warm, zu schwer, und ihre Wolle juckte auf der Haut. Welches verworrene römische Hirn hatte sich nur dieses Kleidungsstück ausgedacht?

Er und Octavia lagen auf Ruhebänken im Innenhof seines Hauses auf dem Palatin. Luftige Wolken zogen über den Himmel, auf der moosbedeckten Mauer sonnte sich eine Eidechse, und in den Gärten schrie ein Pfau und öffnete sein Gefieder zu einem großen schillernden Rad.

Antonius überlegte gerade, wie Octavia wohl ohne Kleidung aussähe. Bei den unförmigen, weiten Gewändern der Römerinnen ließ sich das nicht erkennen, anders als bei den Ägypterinnen, wo die Kleidung nur wenig verbarg.

Das Gespräch war bisher recht förmlich verlaufen. Antonius sehnte sich nach Kleopatras Witz und auch nach dem derben Spott seiner Huren. Dennoch war er zuversichtlich, daß er schließlich entschädigt würde, wenn er in der Hochzeitsnacht die Kerzen löschte.

»Wie hat Euch der Osten gefallen?« erkundigte Octavia sich höflich.

Antonius stutzte. Bezog sie sich womöglich auf seine Gelage mit den Freunden des Lebens? Ihr Blick verriet nichts, sie war ebenso schwer zu durchschauen wie ihr Bruder. »Oh, Alexandria besitzt eine einzigartige Bibliothek«, hörte er sich sagen. »Ganz hervorragend.« Er haßte sich selbst, wenn er nüchtern war.

»Dann habt Ihr gewiß viel Zeit mit Lesen verbracht.«

Machte sie sich über ihn lustig? »In Alexandria läßt sich vieles tun. Auch die Gymnasien finden so rasch nicht ihresgleichen. Ich habe gejagt und geangelt, und einmal bin ich auf einem Kamel geritten.« Bei allen Göttern, er hörte sich an wie Plancus. Selbst ein Streit mit Fulvia war vergnüglicher gewesen als dieses Geschwätz. Doch den würde es nicht mehr geben. Als er von ihrem Tod erfuhr, hatte er sich betrunken und mit Sisyphus und Dellius gefeiert.

Er griff nach dem Weinkrug. »Wünscht Ihr noch Wein?«

Octavia schüttelte den Kopf.

Nein, natürlich nicht. Antonius nahm einen tiefen Zug aus seinem Pokal. Danach fühlte er sich ein wenig besser.

»Es tat mir leid, von Fulvias Tod zu hören.«

»Habt Ihr sie gekannt?«

»Flüchtig. Wir sind uns nur selten begegnet.«

»Hättet Ihr sie besser gekannt, würde Euch ihr Tod nicht dauern.«

Diese Bemerkung brachte das Gespräch vorerst zum Erliegen. Das war ihr wahrscheinlich zu hart, dachte Antonius. Welch ein bleiches, wächsernes Geschöpf. Am liebsten würde ich ihr in den Hals beißen, um nachzusehen, ob überhaupt Blut in ihr fließt.

»Mein Bruder wünscht unsere Ehe«, hub sie nach einer Weile wieder an.

»Er beweist mir damit eine große Ehre.«

»Es dient zu seinem Nutzen und zu Eurem.«

Na gut, jetzt hatte sie es wenigstens ausgesprochen. »Das ist wohl wahr«, entgegnete Antonius. »Dennoch rühmt man in Rom Eure Schönheit. Ich darf mich glücklich schätzen.«

»Ihr werdet sehen, daß der Wert meiner Treue den meiner Schönheit übersteigt, Marcus.«

Der Pfau stieß abermals einen Schrei aus. Die Sonne hatte sich hinter einer Wolke verzogen. Was nutzt mir die Treue einer Frau, dachte Antonius. Eine kleine Kostprobe von dem Flaum zwischen deinen Schenkeln wäre mir lieber.

»Wir wollen etwas klarstellen«, sagte er. »Wenn wir verheiratet sind, bleibt meine Freiheit unangetastet. Ich bin ein Mann aus Fleisch und Blut.«

»Mir wäre es lieb, wenn ich Euch glücklich machte.«

Der Klang ihrer Stimme ließ ihn argwöhnisch werden. Wenn Frauen sein Glück erwähnten, erwarteten sie in der Regel eine Gegenleistung. Selbst Kleopatra. Doch Kleopatra hatte politische Interessen, ihre Beweggründe verstand er besser als die, die Fulvia getrieben hatten.

»Wir werden eine Hochzeit feiern, von der man in Rom lange reden wird«, sagte er, um ihr einen Gefallen zu tun. Er befahl seinem Mundschenk, den Wein für ihn neu zu mischen.

»Ihr solltet weniger trinken«, sagte Octavia.

Götter! Sie fing schon jetzt damit an. »Ich tue, was mir gefällt«, entgegnete er. Was man für ein Bündnis nicht alles in Kauf nahm! Ich kann die Zukunft erkennen, dachte er, ganz ohne Astrologen. Diese Frau verabscheut mich, sie wird genauso an mir herumnörgeln wie Fulvia. Sie wird mir den Wein verdünnen, wegen meiner Liebschaften zürnen und im Bett unter mir liegen wie eine Tote. Doch wenn es uns allen einen Krieg erspart, ist es das wohl wert.

4

Kleopatra lag auf ihrem Bett, sah durch das Fenster zu, wie der Mond durch die Wolken glitt, und lauschte den sanften Wellenschlägen. Es war eine heiße Nacht, ihr Körper war matt und schwer. Sie schloß die Augen. Den ganzen Tag über hatte sie sich mit ihren Ministern beraten und die Beschlüsse zur Verbesserung der Kanäle debattiert. Sie war müde und fand dennoch keinen Schlaf.