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Kents Gesicht verdüsterte sich vor Zorn, aber er beherrschte sich noch immer. »Ich rede weder von dem Mädchen noch von diesem Shark«, sagte er gepreßt. »Wohin habt ihr die Leute gebracht, die aus dem Bunker geflohen sind?«

»Was für Leute?« fragte Charity harmlos.

»Wo sind sie?« fauchte Faergal. »Wenn wir sie finden, dann wäre das ein Beweis.«

»Da, wo auch die Lasergewehre her sind«, antwortete Charity lächelnd. Sie hob die Hand, deutete auf die Waffe auf Kents Schulter und machte gleichzeitig einen Schritt auf Faergal und Kent zu.

»Dieses Versteckspiel hat wenig Sinn, findet ihr nicht?« fragte Kent seufzend. Charity funkelte ihn mit gespielter Wut an und trat einen weiteren Schritt auf sie zu. Sie war den beiden jetzt sehr nahe, aber noch nicht nahe genug. Kent rechnete sicherlich nicht mit einem Angriff, aber seine Männer waren wachsam, und Charity zweifelte nicht daran, daß in Faergals Adern statt Blut verflüssigtes Mißtrauen pulsierte.

»Kaum«, fauchte sie. »Aber was stellt ihr euch vor? Ihr fallt euren Männern über uns her, stehlt uns unsere Ausrüstung, sperrt uns zwei Tage und Nächte in ein eiskaltes schwarzes Loch und erwartet dann noch unsere Hilfe?« Ein weiterer Schritt, aus einer perfekt geschauspielerten, wütenden Bewegung heraus, »Ihr seid ja verrückt!« fügte sie hinzu.

»Mein liebes Kind«, sagte Kent gepreßt, »meine Geduld ist Erschöpft. Ich habe dir geglaubt. Ich habe meine Freunde herkommen lassen, weil ich dachte, du wärst wichtig für uns. Aber ich habe nicht gewußt, daß ich es mit einer hysterischen Frau zu tun habe!« Bei den letzten Worten wurde seine Stimme immer lauter. Er kochte jetzt wirklich vor Zorn, aber schließlich war das genau das, was Charity wollte. Sie entschloß sich, noch ein bißchen Öl auf die Flammen zu gießen.

»Und ich glaube, daß ihr alles Feiglinge seid«, sagte sie. »Genauso habe ich mir das vorgestellt - ein Haufen von Narren, die Krieg spielen und den Schwanz einziehen, sobald es ernst wird.«

Kent riß die Augen auf, starrte sie eine Sekunde lang fassungslos an und streckte die Hand aus, um sie zu packen. Und genau darauf hatte Charity gewartet.

Es ging so schnell, daß Kents Männer keine Chance mehr Hatten, irgend etwas zu unternehmen. Charity packte sein Handgelenk, versetzte ihm einen Stoß und zerrte plötzlich mit aller Kraft in die entgegengesetzte Richtung, als er sich instinktiv nach vorne warf. Kent verlor plötzlich den Boden unter den Füßen, prallte gegen sie und rollte mit einem krächzenden Schrei über ihren plötzlich gekrümmten Rücken ab.

Und Charity bekam das Gewehr zu fassen.

Sie machte sich nicht die Mühe, Kent die Waffe von der Schulter zu reißen, sondern stürzte an ihn geklammert zu Boden, entsicherte die Waffe und riß Kent mit einer verzweifelten Kraftanstrengung herum, bis der Lauf des Lasers auf Faergal deutete, und drückte ab; alles in einer einzigen, rasend schnellen Bewegung. Ein nadeldünner Energiestrahl zuckte aus der Waffe und durchbohrte Faergals Unterleib.

Plötzlich geschah alles gleichzeitig. Charity hörte Skudder schreien, hörte Schritte und das helle metallische Klacken von Waffen, die in fliegender Hast entsichert wurden, dann die Geräusche eines Kampfes und wieder Schreie, und plötzlich fühlte sie sich von fast einem Dutzend Händen gleichzeitig gepackt und weggerissen. Jemand schlug ihr in den Magen, ein anderer Mann packte ihre Hand und drehte sie so brutal auf den Rücken, daß sie mit einem Schmerzlaut auf die Knie fiel. Ein Dutzend Gewehrläufe richteten sich auf sie.

Aber niemand schoß.

Faergal war zu Boden gestürzt, als ihn der Laserstrahl traf. Aber er lag nicht still.

Er tobte. Sein Körper zuckte wie in Krämpfen, während seine Arme und Beine rasend schnell wirbelten; mit Bewegungen, die ein menschlicher Körper einfach nicht vollbringen konnte, ganz gleich, was man ihm antat.

Dann klappte er auseinander. So sauber und rasch wie zwei Teile einer perfekt angepaßten Form, die plötzlich ihren Halt verloren. Und aus seinem Inneren kroch... etwas hervor. Ein großes schwarzes Wesen mit dürren Spinnengliedern, das Charity aus einem Dutzend Facettenaugen haßerfüllt anstarrte.

Charity riß sich mit einem entschlossenen Ruck los, hob den Laserstrahler auf und legte auf das Ding an.

Niemand versuchte sie aufzuhalten.

Dieses Mal stellte sie den Laser auf volle Energieabgabe ein, ehe sie abdrückte.

»Ich glaube es immer noch nicht«, sagte Kent. »Ich sehe es mit eigenen Augen, aber ich ... ich glaube es einfach nicht. Das ist unmöglich!« Er war blaß. Seine Stimme klang brüchig wie die eines uralten Mannes, und trotz des Entsetzens, das er empfand, schien es ihm unmöglich zu sein, seinen Blick von dem verkohlten Etwas zu lösen, das von Faergal übriggeblieben war. Ein wenig Blut lief über sein Gesicht aus einer Wunde, die er sich beim Sturz auf den Betonboden zugezogen hatte. Er schien es nicht einmal zu spüren.

»Genau dasselbe habe ich auch gesagt, als ich gesehen habe, was Raoul wirklich war«, sagte Skudder leise. Die Männer hatten ihn wieder losgelassen, und er war neben Charity und Kent getreten. Außer Charity schien er der einzige zu sein, der nicht mit aller Kraft um seine Fassung kämpfen mußte.

Kent sah mühsam auf. Sein Blick flackerte wie der eines Wahnsinnigen, als er Charity ansah. »Du ... du hast es gewußt?«

Charity nickte. »Skudder auch«, antwortete sie. »Er hat ihn sogar vor mir erkannt. Oder was glaubt ihr, sollte dieses ganze Theater sonst bedeuten?«

»Aber wieso?« murmelte Kent. »Woher ...?«

»Ich kann sie spüren«, antwortete Charity. »Ich fühle es, wenn einer der Fremden in meiner Nähe ist. Skudder ebenfalls.«

Kents Blick irrte verwirrt zwischen ihr und Skudder hin und her. »Was ... was seid ihr beiden?« fragte er. Seine Angst schien sich nicht gelegt zu haben; im Gegenteil.

»Wir sind nichts Besonderes«, sagte sie hastig. »Ich glaube, jeder spürt ihre Nähe. Ich bin vielleicht nur ein bißchen sensibler als die meisten hier.« Sie machte eine Geste auf den aufgeplatzten Körper, dann auf Kent. »Ich habe dich beobachtet. Vorhin, als du neben ihm standest. Du hast es auch gespürt.«

Kent nickte zögernd. »Ja. Aber das ...«

»Erschien nicht wichtig, ich weiß«, unterbrach ihn Charity. »Skudder ging es bei Raoul ebenso. Instinktive Abneigung, Antipathie... Vielleicht spüren wir einfach die Nähe einer vollkommen fremden Lebensform.« Sie zuckte mit den Achseln. »Es gibt tausend Gründe, die sich finden lassen.«

»Aber wieso spürst du es so deutlich?«

»Vielleicht, weil ich nicht in ihrer Nähe aufgewachsen bin«, antwortete Charity. Aus den Augenwinkeln registrierte sie Skudders warnenden Blick, und sie reagierte darauf. Es konnte ein Fehler sein, Kent jetzt einzuweihen. Manchmal war es besser, die Wahrheit in kleinen Dosen zu verabreichen. »Ich bin in einer Gegend aufgewachsen, in der es sie nicht gibt«, fügte sie hinzu. »Vermutlich ist das das ganze Geheimnis. Skudders Stellvertreter war der erste lebende Moroni, dem ich näher als ein paar Meilen gekommen bin. In ein paar Jahren verliert sich das vielleicht.«

»Heißt das, daß es vielleicht noch mehr von diesen Wesen gibt?« fragte einer der anderen Rebellenführer.

»Nein«, antwortete Charity ruhig. »Nicht vielleicht. Bestimmt.« Sie lachte humorlos. »Ich wäre überrascht gewesen, hier keinen von ihnen anzutreffen.«

»Aber Faergal gehört seit zwanzig Jahren zu uns!« protestierte der Rebellenführer. »Ich kenne ihn, solange er lebt! Das ist völlig unmöglich.«

»Vielleicht haben sie ihn erst später ausgetauscht«, vermutete Skudder.

»Aber wenn sie von uns wußten, wieso haben sie uns dann nicht längst getötet?« murmelte Kent.

»Warum sollten sie?« fragte Skudder. »Ein Feind, den man kennt, ist nicht mehr gefährlich.« Er lachte ganz leise, deutete auf den verbrannten Kadaver und dann mit einer weit ausholenden Geste auf die Rebellen. »Sie haben euch ein bißchen Krieg spielen lassen und waren im übrigen wahrscheinlich ganz sicher, daß es außer euch keine wirklichen Rebellen gibt.«