Выбрать главу

»Und weiter?«

Kyle blickte einen Moment lang an Liz vorbei ins Leere. »Es war gestern ... nein, vorgestern«, flüsterte er. »Ich habe ... Wasser gefunden, und ein bißchen Morphium, um die Schmerzen zu dämpfen. Ich wollte weg. Die Ameisen waren abgezogen, nachdem sie alle umgebracht hatten. Und dann ist der Gleiter gelandet.«

»Was für ein Gleiter?« fragte Liz mißtrauisch.

Kyle mußte davon ausgehen, daß das Transportschiff geradewegs über die Siedlung hinweggeflogen war. Er wußte nicht, welchen Kurs es genommen hatte. »Ein riesiges Ding«, antwortete er. »Eine Art ... Scheibe, fast eine halbe Meile groß. Ich hab' so etwas noch nie zuvor gesehen. Ein paar Ameisen sind herausgekommen, und dann ...« Er sah Liz an, als glaube er selbst nicht, was er da sagte. »Ich vermute, es war Daniel persönlich«, fuhr er fort. »Ein Mann in schwarzer Kleidung, mit dem Zeichen Morons. Jedenfalls jemand mit Macht. Er war nicht allein. Eine Ameise war bei ihm, und ein ... ein anderer Mann. Ich konnte hören, was sie sprachen.«

»Und dieser andere Mann war der Jäger, von dem Sie sprachen?« Liz' Mißtrauen war keineswegs besänftigt.

Kyle nickte. »Ja. Ich ... weiß nicht, wer er ist, oder was, aber ich muß Skudder warnen.«

Liz lächelte dünn. »Wie kommen Sie auf die Idee, daß ein einzelner Mann Skudder finden könnte?« fragte sie. »Daniel und all seine Ameisen haben es nicht geschafft.«

»Das ist kein normaler Mensch«, antwortete Kyle aufgebracht. »Ich weiß nicht, was er ist, aber er ... er muß eine Art menschlicher Spürhund sein.« Er hob erregt die Hände. »Hören Sie, Liz. Ich bin ihm gefolgt. Ein ... ein paar von unseren Jungs hatten sich in die Berge geschlagen, aber er hat sie gefunden. Es gab keine Spuren. Nichts, was sie hätten verraten können, und das Versteck war perfekt. Er hat nicht einmal eine Stunde gebraucht, um sie aufzuspüren. Er hat alle getötet.«

Antony starrte ihn an, und auch Liz schwieg einen Moment. Dann sagte sie: »Und jetzt glauben Sie, er wäre hinter Skudder her.«

»Ich weiß es!« widersprach Kyle. »Verdammt, begreifen Sie denn nicht, daß Sie auch in Gefahr sind? Er wird hierher kommen. Ich bin gefahren wie der Teufel, aber ich glaube nicht, daß ich einen allzu großen Vorsprung habe. Er wird euch alle umbringen!«

»Das glaube ich nicht«, antwortete Liz gelassen. »Wir sind nicht ganz wehrlos.« Sie wandte sich an Antony. »Stell ein paar Wachen auf.«

Der Mann nickte und entfernte sich. Liz drehte sich wieder zu Kyle um. »Eine ziemlich phantastische Geschichte, die Sie da erzählen, nicht?«

»Aber sie ist wahr!« widersprach Kyle heftig. »Verdammt, wenn Sie mir nicht glauben, dann schicken Sie wenigstens jemanden zu Skudder, der ihn warnt. Ihr müßt mir ja gar nicht sagen, wo er ist.«

Liz blickte ihn einen Moment lang sehr nachdenklich an. Dann zuckte sie mit den Schultern, drehte sich um und ging zur Tür, blieb aber noch einmal stehen. »Wir denken darüber nach«, sagte sie. »Wenn Ihre Geschichte stimmt, sehen wir weiter.«

Kyle starrte ihr mit perfekt geschauspielertem Zorn nach, sagte aber nichts mehr.

»Sie dürfen es ihr nicht übelnehmen«, sagte Stanley. »Liz ist das Mißtrauen in Person. Aber ohne sie wären wir alle schon lange nicht mehr am Leben.« Er schwieg einen Moment, schien darauf zu warten, daß Kyle antwortete.

»Spielt sowieso keine Rolle«, fuhr er in verändertem Tonfall fort. »Ob wir Ihnen glauben oder nicht - mit dem Bein gehen Sie nirgendwohin, in den nächsten zwei oder drei Wochen.« Er wandte sich an das Mädchen. »Du bleibst hier und paßt auf ihn auf, ja? Ich komme später noch einmal vorbei.«

Kyle schwieg weiter, bis auch er die Hütte verlassen hatte. Dann drehte er sich langsam zu dem Mädchen um und schüttelte den Kopf. »Was ist mit den beiden los?« fragte er. »Sind sie völlig bescheuert, oder arbeiten sie für die Ameisen?«

Das Menschenjunge lächelte, aber es sah irgendwie schmerzlich aus. »Du mußt das verstehen«, sagte es, während es näher kam. »Noch etwas Wasser?«

Kyle nickte, und das Mädchen setzte die Wasserschale wieder an seine Lippen. »Wir hatten vor vier Tagen Besuch von Daniels Freunden«, fuhr es fort, während er trank. »Sie suchen Skudder. Sie ... haben drei von uns umgebracht und eine Hütte niedergebrannt. Liz traut niemandem mehr. Aber sie weiß, daß du die Wahrheit sagst«, fügte sie hinzu.

Kyle sah überrascht auf.

»Du hast im Schlaf gesprochen«, erklärte das Mädchen. »Völlig wirres Zeug, aber jetzt ergibt es einen Sinn, weißt du? Ich denke, sie glaubt dir. Sie ist nur vorsichtig. Und Stanley hat recht«, fügte sie mit einer Geste auf sein Bein hinzu. »Du kannst sowieso nichts tun.«

»Ich kann fahren«, antwortete Kyle stur. »Ist meine Maschine in Ordnung?«

Das Mädchen zuckte mit den Schultern. »Ich verstehe nichts davon«, antwortete es. »Ich denke schon. Aber das ändert nichts. Du kannst mit dem Bein auch nicht fahren, glaub mir.«

»Aber jemand muß Skudder warnen«, beharrte Kyle. Er sprach jetzt leiser, und etwas in seiner Tonart änderte sich, Nuancen, die das Mädchen nicht einmal bewußt registrierte, die aber ihre Wirkung taten. Es war eine Art äußerst subtiler Hypnose. Ohne daß das Mädchen es auch nur begriff, begann sein ohnehin schwach ausgeprägtes Mißtrauen zu zerbröckeln.

»Ich weiß«, sagte es.

Kyle lächelte. »Dann versprich mir etwas«, sagte er sanft. »Ich hänge hier fest, aber du kannst dafür sorgen, daß man jemanden zu Skudder schickt. Warnt ihn. Und verschwindet von hier, ehe dieser Killer auftaucht.«

Das Mädchen schwieg. Es sah verwirrt aus. Dann nickte es, schüttelte aber gleich darauf den Kopf. »Ich würde es ja tun, aber...«

»Du traust mir nicht«, stellte Kyle fest. Seine Stimme klang verletzt, aber nicht vorwurfsvoll. Trotzdem wußte er, daß sie heftige Schuldgefühle in dem Mädchen weckte. Diese Humanoiden waren so leicht zu beeinflussen.

»Das ist es nicht«, sagte sie. Sie lächelte nervös, drehte sich plötzlich um und sah rasch und fast erschrocken zur Tür, als fürchte sie, belauscht zu werden.

»Sondern?«

»Sie waren hier, das stimmt«, fuhr das Mädchen stockend fort. »Aber Liz weiß selbst nicht genau, wo sie hingegangen sind. Skudder meint, es ... es wäre sicherer, wenn sie es nicht wüßte. Sie wollten nach Osten.«

»An die Küste?«

Das Mädchen zuckte hilflos mit den Schultern. »Ich weiß nicht«, sagte es unsicher. »Der Zwerg, der bei ihnen war, erzählte von irgendwelchen Rebellen. Aber niemand hier weiß genau, wo sie zu finden sind.«

Kyle schwieg einen Moment. Er empfand keine Enttäuschung. Er hatte eine Spur - keine sehr gute, aber immerhin eine Spur. Es gab jetzt keinen Grund mehr für ihn, noch länger zu bleiben. Er wußte, daß das Mädchen die Wahrheit sprach. Er selbst hätte nicht anders gehandelt, an Skudders und Lairds Stelle.

Mit einem Ruck setzte er sich auf. Das Mädchen erschrak - und erstarrte mitten in der Bewegung, als es sah, welche unheimliche Veränderung mit Kyle vor sich ging.

Kyles zerfurchtes Gesicht glättete sich. Die Spuren von Fieber und Durst verschwanden binnen Sekunden. Plötzlich waren auf seinen Händen keine Narben mehr, und für eine Sekunde begann sich der graue Verband über seiner Schulter wie ein lebendes Wesen zu bewegen, als sich das Fleisch darunter glättete und die Wunde verschwand, die Kyle mit seiner puren Willenskraft geschaffen hatte.

Kyle gab dem Mädchen keine Chance, auch nur einen warnenden Schrei auszustoßen. Er tötete es, stand auf und konzentrierte sich für die nächsten drei Minuten darauf, sein gebrochenes Bein zu heilen. Dann verließ er die Hütte.

Als er das Dorf eine halbe Stunde später verließ, lebte in dem kleinen Felsental niemand mehr.

5

Was einmal Denver, Colorado, gewesen war, war jetzt eine Ruinenstadt. Die stolze Skyline mit ihren himmelhoch aufstrebenden Wolkenkratzern war ebenso verschwunden wie die kleinen, gepflegten Villenviertel, die die City umgeben hatten.