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»Was bedeutet: ›Was ist für uns drin?‹« sagte Raistlin spöttisch. Er streckte seine schlanke Hand aus und zeigte in eine Ecke seines Zeltes.

Argat konnte anfangs nichts erkennen. Dann begann ein Gegenstand in der Ecke zu leuchten, erst ganz sanft, dann mit zunehmender Helligkeit. Argat warf Raistlin einen scharfen, argwöhnischen Blick zu.

»Du kannst es näher untersuchen«, sagte Raistlin schulterzuckend. »Du kannst es auch heute abend mitnehmen... falls wir uns einig werden.«

Aber Argat war bereits aufgestanden und stolperte zu der Ecke des Zeltes. Auf seine Knie fallend, tauchte er seine Hände in die Truhe voller Stahlmünzen, die in einem hellen, magischen Schein glänzten. Lange Zeit konnte er den Reichtum nur mit glitzernden Augen anstarren, die Münzen durch seine Finger gleiten lassen. Dann erhob er sich mit einem Seufzer und ging zu seinem Platz zurück. »Du hast einen Plan?«

Raistlin nickte. Das magische Glühen der Münzen verblaßte, aber es blieb ein schwaches Leuchten zurück, das ständig den Blick des Zwerges auf sich lenkte.

»Spione berichten uns«, sagte Raistlin, »daß Dunkan plant, unserer Armee auf der Ebene vor Pax Tarkas gegenüberzutreten. Seine Absicht ist, uns dort zu besiegen oder, falls ihm das nicht gelingt, uns zumindest schwere Verluste zuzufügen. Wenn wir gewinnen, werden sich seine Streitkräfte in die Festung zurückziehen, die Tore schließen und Tausende Tonnen von Gestein auf uns herabstürzen. Mit den Vorräten an Lebensmitteln und Waffen, die er dort gehortet hat, kann er so lange warten, bis wir aufgeben und uns zurückziehen oder bis seine eigene Verstärkung aus Thorbadin anrückt, um uns im Tal einzuschließen. Stimmt das?«

Argat fuhr sich durch seinen schwarzen Bart. Er zog sein Messer hervor, warf es in die Luft und fing es geschickt wieder auf. Er sah den Magier an, hielt plötzlich inne, breitete seine Hände aus. »Es tut mir leid. Eine nervöse Angewohnheit«, erklärte er und grinste tückisch. »Ich hoffe, es beunruhigt dich nicht. Wenn es dich stört, kann ich...«

»Wenn es mich stört, kann ich es aushalten«, unterbrach ihn Raistlin sanft. »Fahr fort.«

Schulterzuckend, sich dennoch unter dem Blick dieser seltsamen Augen unbehaglich fühlend, die er im Schatten der schwarzen Kapuze spüren, aber nicht sehen konnte, warf Argat das Messer in die Luft.

Eine schlanke weiße Hand kam aus der Dunkelheit, ergriff das Messer am Griff und stieß geschickt die scharfe Klinge in den Tisch zwischen ihnen.

Argats Augen funkelten. »Magie«, knurrte er.

»Geschick«, erwiderte Raistlin kalt. »Sollen wir unsere Diskussion fortsetzen oder Spiele spielen, in denen ich mich in meiner Kindheit hervorgetan habe?«

»Deine Information ist richtig«, brummte Argat, sein Messer wieder einsteckend. »Das ist Dunkans Plan.«

»Gut. Mein Plan ist recht simpel. Dunkan wird in der Festung sein. Er wird das Feld nicht halten können. Er wird den Befehl erteilen, die Tore zu schließen.« Raistlin sank auf seinen Stuhl zurück und legte die Spitzen seiner langen Finger zusammen. »Wenn dieser Befehl kommt, werden sich die Tore nicht schließen.«

»So einfach?« höhnte Argat.

»So einfach.« Raistlin spreizte seine Hände. »Jene, die sie schließen sollen, werden vorher sterben. Deine einzige Aufgabe ist es, die Tore einige Minuten aufzuhalten, bis wir Zeit haben, sie zu stürmen. Pax Tarkas wird fallen. Dein Volk wird seine Waffen niederlegen und anbieten, sich mit uns zusammenzuschließen.«

»Die Sache hat nur einen Haken«, erwiderte Argat. »Unsere Familien in Thorbadin. Was wird aus ihnen, wenn es sich herausstellt, daß wir Verräter sind?«

»Nichts«, antwortete Raistlin. Er griff in einen Beutel an seiner Seite und zog eine mit schwarzem Band zusammengehaltene Schriftrolle hervor. »Dies wirst du Dunkan überbringen.« Er reichte Argat die Rolle und forderte ihn mit einem Wink auf: »Lies es.«

Stirnrunzelnd, Raistlin mit Argwohn musternd, nahm der Zwerg die Rolle, band sie auf, ging mit ihr zu der Kiste mit den Münzen und las sie in ihrem schwachen magischen Licht. Er sah erstaunt zu Raistlin auf. »Das... das ist die Sprache meines Volkes!«

Raistlin nickte etwas ungeduldig. »Natürlich! Was hast du erwartet? Dunkan würde etwas anderes doch wohl nicht glauben.«

»Aber« – Argat glotzte ihn an – »diese Sprache ist geheim, nur den Dawaren und einigen wenigen anderen bekannt, wie Dunkan, dem König...«

»Lies!« winkte Raistlin gereizt. »Ich habe nicht die ganze Nacht Zeit.«

Einen Fluch murmelnd, studierte der Zwerg die Schriftrolle. Trotz des kurzen Textes nahm es lange Zeit in Anspruch. Er strich über seinen dicken, zotteligen Bart und grübelte. Dann richtete er sich auf, rollte die Rolle zusammen und schlug sie leicht in seine Handfläche. »Du hast recht. Damit wären alle Probleme gelöst.« Er setzte sich wieder, seine dunklen Augen, die auf den Magier gerichtet waren, verengten sich. »Aber ich will Dunkan noch etwas geben. Nicht nur eine Rolle. Etwas... Beeindruckendes.«

»Was betrachtet eure Rasse als ›beeindruckend‹?« fragte Raistlin mit gekräuselten Lippen. »Einige Dutzend Leichen...«

Argat grinste. »Den Kopf deines Generals!«

Es folgte ein langes Schweigen.

Der Zwerg erbebte, dann runzelte er die Stirn. Nein, er würde bei dieser Forderung bleiben. Dunkan wäre gezwungen, ihn als Held auszurufen, so wie diesen Bastard Kharas.

»Einverstanden.« Raistlins Stimme war ruhig, verriet keine Stimmung oder ein Gefühl. Aber als er sprach, beugte er sich über den Tisch.

Argat zog sich zurück. Er konnte jetzt die glitzernden Augen sehen.

»Einverstanden«, wiederholte der Magier. »Sieh zu, daß du deinen Teil des Geschäfts einhältst.«

Argat schluckte und brachte ein schwächliches Lächeln zustande. »Du wirst nicht ohne Grund der Schwarze genannt, nicht wahr, mein Freund?« sagte er und versuchte ein Lachen, als er sich erhob und die Rolle in seinen Gürtel schob.

Raistlin antwortete nicht; er gab nur durch ein Rascheln seiner Kapuze zu verstehen, daß er es gehört hatte.

Schulterzuckend wandte sich Argat um, winkte seinen Gefährten zu und machte eine befehlende Geste zu der Truhe in der Ecke. Die zwei eilten herbei und verschlossen sie mit einem Schlüssel, den Raistlin aus den Falten seiner Roben hervorgeholt und ihnen schweigend überreicht hatte. Obwohl Zwerge an schwere Lasten gewöhnt sind, stöhnten die zwei leicht beim Anheben der Truhe. Argats Augen glänzten vor Freude.

Die zwei Zwerge gingen vor ihrem Anführer aus dem Zelt und eilten in den sicheren Schatten des Waldes davon.

Argat beobachtete sie, dann wandte er sich zu dem Magier. »Mach dir keine Sorgen, Freund. Wir werden dich nicht enttäuschen.«

»Nein«, erwiderte Raistlin sanft. »Das wirst du auch nicht.«

Argat zuckte zusammen, ihm gefiel der Ton des Magiers nicht.

»Verstehst du, Argat, das Geld ist verflucht. Wenn du ein falsches Spiel mit mir treibst, werdet ihr, also du und alle, die das Geld berührt haben, mitansehen, wie sich die Haut eurer Hände schwarz färbt und zu verfaulen anfängt. Und wenn eure Hände nur noch eine blutige Masse stinkenden Fleisches sind, wird sich die Haut eurer Arme und Beine schwärzen. Und langsam, während ihr hilflos zuseht, wird sich der Fluch über euren gesamten Körper ausbreiten. Wenn ihr nicht länger auf euren verwesenden Füßen stehen könnt, werdet ihr tot umfallen.«

Argat stieß einen erstickten, unverständlichen Laut aus. »Du... du lügst!« gelang es ihm zu knurren.

Raistlin sagte nichts. Er hätte ebenso gut aus dem Zelt verschwunden sein können, war der Eindruck Argats. Der Zwerg konnte den Magier weder sehen noch seine Gegenwart spüren. Leise fluchend eilte er von dannen. Aber während er lief, wischte er hektisch seine Hände an seiner Hose ab.

6

Der Morgen dämmerte. Krynns Sonne schlich sich langsam hinter dem Gebirge hervor, als ob sie wüßte, auf welch greuliche Anblicke sie am heutigen Tag ihr Licht werfen würde. Aber die Zeit konnte nicht aufgehalten werden. Als die Sonne schließlich über den Berggipfeln erschien, wurde sie mit Jubel von jenen begrüßt, die vielleicht zum letzten Mal in ihrem Leben die Morgendämmerung erleben würden.