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»Wir werden Krüge und Karaffen machen«, beschloss Grau, »nur Krüge und Karaffen.«

Guiamona betrachtete die vier Meisterstücke, die ihr Mann angefertigt hatte.

»Ich habe viele Händler gesehen«, fuhr ihr Mann fort, »die förmlich um Karaffen für Öl, Honig oder Wein bettelten, und Töpfermeister, die sie ohne Umschweife wieder wegschickten, weil sie ihre Öfen brauchten, um komplizierte Kacheln für ein neues Haus zu brennen, bunt glasierte Teller für das Tafelgeschirr eines Adligen oder Tiegel für einen Apotheker.«

Guiamona fuhr mit den Fingern über die Meisterstücke. Wie glatt sie waren! Als Grau sie ihr in seinem Glück nach seiner Prüfung geschenkt hatte, hatte sie geglaubt, dass sie stets von solchen Dingen umgeben sein würde. Sogar die Zunftmeister hatten ihm gratuliert. Mit diesen vier Stücken hatte Grau allen Töpfermeistern gezeigt, dass er sein Handwerk beherrschte. Der Krug, die beiden Teller und die Schüssel waren mit Zickzacklinien, Palmblättern, Rosetten und Lilien verziert und vereinten auf einer vorab aufgetragenen weißen Grundierung alle Farben auf sich: das für Barcelona so typische Kupfergrün, das auf keinem Meisterstück der gräflichen Stadt fehlen durfte, Manganrot, Eisenschwarz, Kobaltblau und Antimonatgelb. Jede Linie und jede Verzierung war in einer anderen Farbe gehalten. Guiamona hatte es kaum abwarten können, bis die Stücke gebrannt waren, aus Angst, sie könnten im Ofen zerspringen. Zum Schluss hatte Grau eine Bleiglasur aufgetragen, die sie vollständig versiegelte. Guiamona spürte erneut die glatte Oberfläche unter ihren Fingerkuppen. Und nun wollte er nur noch Krüge anfertigen.

Grau trat zu seiner Frau.

»Mach dir keine Sorgen«, beruhigte er sie, »für dich werde ich weiterhin solche Sachen machen.«

Grau war erfolgreich. Er füllte den Brennofen seiner kleinen Werkstatt mit Krügen und Karaffen, und bald wussten die Händler, dass sie bei Grau Puig jederzeit alles bekamen, was sie brauchten. Niemand musste mehr bei überheblichen Töpfermeistern betteln.

Und so unterschied sich das Haus, vor dem Bernat nun stand, während der kleine Arnau wach geworden war und nach seinem Essen verlangte, ganz erheblich von jener ersten Werkstatt. Soweit Bernat mit seinem linken Auge erkennen konnte, handelte es sich um ein großes, zweistöckiges Gebäude. Im Erdgeschoss, das zur Straße hin offen war, befand sich die Töpferei. In den beiden darüberliegenden Stockwerken wohnte der Meister mit seiner Familie. Neben dem Haus gab es ein Gemüsebeet und einen Garten, und auf der anderen Seite Nebengebäude, in denen sich die Brennöfen befanden, sowie ein Platz, wo unzählige Krüge und Karaffen in allen Formen, Größen und Farben zum Trocknen in der Sonne lagen. Hinter dem Haus befand sich eine Freifläche, wo der Ton und andere Materialien entladen und gelagert wurden, wie es städtische Vorschrift war. Dort wurden auch die Asche und andere Rückstände aus den Brennöfen aufbewahrt, denn es war den Töpfern verboten, diese einfach auf die Straße zu kippen.

In der Werkstatt, die von der Straße aus einsehbar war, arbeiteten zehn Mann. Ihrem Aussehen nach war keiner von ihnen der Meister. Bernat sah, wie sich vor der Tür neben einem mit neuen Krügen beladenen Ochsenkarren zwei Männer voneinander verabschiedeten. Einer von ihnen stieg auf den Karren und fuhr los. Der andere war gut gekleidet, und bevor er in die Werkstatt zurückkehren konnte, rief Bernat nach ihm.

»Wartet!«

Der Mann sah zu, wie Bernat näher kam.

»Ich suche Grau Puig«, erklärte dieser.

Der Mann musterte ihn von oben bis unten.

»Falls du Arbeit suchst, wir brauchen niemanden. Der Meister hat keine Zeit zu vergeuden«, sagte er dann missgelaunt, »und ich auch nicht.«

Mit diesen Worten kehrte er ihm den Rücken zu.

»Ich bin ein Verwandter des Meisters.«

Der Mann erstarrte und fuhr dann herum.

»Hat dir der Meister nicht schon genug Geld gegeben? Warum gibst du nicht endlich Ruhe?«, grummelte er, während er Bernat einen Schubs gab. Arnau begann zu weinen. »Du hast es doch gehört: Wenn du dich noch einmal hier blicken lässt, zeigen wir dich an. Grau Puig ist ein einflussreicher Mann.«

Bernat war zurückgewichen, während der Mann ihn vor sich her stieß. Er wusste nicht, wovon er sprach.

»Hört mich an«, verteidigte er sich, »ich …«

Arnau weinte.

»Hast du mich nicht verstanden?«, überbrüllte der Mann Arnaus Geschrei.

Doch dann kam aus einem der Fenster im Obergeschoss ein Schrei, der noch lauter war.

»Bernat! Bernat!«

Bernat und der Mann sahen zu der Frau hinauf, die mit dem Oberkörper aus dem Fenster lehnte und winkte.

»Guiamona!«, rief Bernat zurück.

Die Frau verschwand, und Bernat wandte sich wieder dem Mann zu, der die Augen zusammengekniffen hatte.

»Du kennst Doña Guiamona?«, fragte er ihn.

»Sie ist meine Schwester«, antwortete Bernat trocken. »Und damit du es weißt, mir hat niemand jemals irgendwelches Geld gegeben.«

»Es tut mir leid«, entschuldigte sich der Mann mit hochrotem Kopf. »Ich meinte die Brüder des Meisters: Erst kommt der eine, dann der nächste, und dann noch einer und noch einer.«

Als Bernat seine Schwester aus dem Haus kommen sah, ließ er den Mann einfach stehen und lief zu ihr hin, um sie zu umarmen.

»Und Grau?«, fragte Bernat seine Schwester, nachdem sie es sich bequem gemacht hatten. Zuvor hatte er sich das Blut vom Auge gewischt, Arnau der maurischen Sklavin übergeben, die sich um die kleinen Kinder von Guiamona kümmerte, und zugesehen, wie der Junge eine Schüssel Milch mit Getreide gegessen hatte. »Ich würde ihn gerne in die Arme schließen.«

Guiamona verzog das Gesicht.

»Was ist los?«, wunderte sich Bernat.

»Grau hat sich sehr verändert. Er ist jetzt wohlhabend und einflussreich.«

Guiamona wies auf die zahlreichen Truhen, die entlang der Wände standen, einen Schrank – ein Möbelstück, das Bernat noch nie zuvor gesehen hatte – mit einigen Büchern und Keramiken, die Teppiche, die den Boden zierten, und die Vorhänge, die vor den Fenstern hingen.

»Er kümmert sich kaum noch um die Werkstatt und den Verkauf; das macht Jaume, sein erster Geselle, den du auf der Straße getroffen hast. Grau handelt jetzt mit Schiffen, Wein und Öl. Er ist Zunftmeister und ein angesehener Mann in der Stadt, und er will unbedingt in den Rat der Hundert gewählt werden.«

Guiamona ließ ihren Blick durchs Zimmer schweifen.

»Er ist nicht mehr der Alte, Bernat.«

»Du hast dich auch sehr verändert«, unterbrach Bernat sie.

Guiamona sah an ihrem füllig gewordenen Körper hinunter und nickte lächelnd.

»Dieser Jaume«, hakte Bernat nach, »hat etwas über Graus Verwandte gesagt. Was meinte er damit?«

Guiamona schüttelte den Kopf, bevor sie antwortete.

»Nun, er meinte, dass sie alle in der Werkstatt aufgetaucht sind, als sie erfuhren, dass ihr Bruder zu Geld gekommen war. Brüder, Vettern und Neffen flohen von ihrem Land, um Graus Hilfe zu erbitten.«

Guiamona entging der Gesichtsausdruck ihres Bruders nicht.

»Du etwa auch …?«

Bernat nickte.

»Aber … du hattest so ein wunderbares Stück Land!«

Guiamona konnte die Tränen nicht zurückhalten, während Bernat seine Geschichte erzählte. Als er ihr von dem Jungen in der Schmiede berichtete, stand sie auf und kniete neben dem Stuhl nieder, auf dem ihr Bruder saß.

»Aber das erzählst du niemandem«, riet sie ihm. Dann hörte sie ihm weiter zu, den Kopf an sein Bein angeschmiegt.

»Mach dir keine Sorgen«, schluchzte sie, als Bernat mit seiner Erzählung zu Ende war. »Wir werden dir helfen.«

»Aber Schwester«, sagte Bernat, während er ihr über den Kopf strich, »wie wollt ihr mir helfen, wenn Grau nicht einmal seinen eigenen Brüdern geholfen hat?«

»Weil du anders bist!«, flüsterte Guiamona schniefend.