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»Ihr kommt mit mir«, sagte er zu Bernat, der schon seit Tagen in Sorge wegen der neuen Ereignisse war.

Jaume, der als neuer Besitzer der Werkstatt nicht länger Graus Anweisungen befolgen musste, setzte sich zu einem vertraulichen Gespräch mit ihm hin.

»Er wird es nicht wagen, etwas gegen euch zu unternehmen. Ich weiß es, er hat es mir gesagt. Er will nicht, dass eure Situation bekannt wird. Ich habe ein gutes Geschäft gemacht, Bernat. Er hat es eilig, er muss dringend seine Angelegenheiten regeln, bevor er Isabel heiratet. Du hast einen unterzeichneten Vertrag für deinen Sohn. Nutze ihn, Bernat. Setz diesen Schurken unter Druck. Droh ihm damit, vor Gericht zu gehen. Du bist ein guter Mann. Ich möchte, dass du weißt, dass alles, was in diesen Jahren geschehen ist …«

Bernat wusste es. Und bestärkt von den Worten des früheren Gesellen wagte er es, seinem Schwager Widerworte zu geben.

»Was sagst du da?«, brüllte Grau, nachdem Bernat ihn gefragt hatte: »Wozu sollen wir dorthin mitkommen?«

»Weil ich es will!«, brüllte Grau weiter, während er nervös gestikulierte.

»Wir sind nicht deine Sklaven, Grau.«

»Dir bleibt nicht viel anderes übrig.«

Bernat musste sich räuspern, bevor er Jaumes Ratschläge weiter befolgte. »Ich kann vor Gericht gehen.«

Außer sich vor Wut, zitternd, klein und dünn, sprang Grau von seinem Stuhl auf. Doch Bernat zuckte nicht einmal mit der Wimper, sosehr es ihn auch drängte, das Weite zu suchen. Die Drohung mit dem Gericht hallte in den Ohren des Witwers wider.

Sie würden sich um die Pferde kümmern, die Grau sich gezwungenermaßen gemeinsam mit dem Stadtpalast zugelegt hatte. »Du willst doch nicht etwa die Ställe leer stehen lassen?«, hatte sein Schwiegervater beiläufig gesagt, als spräche er mit einem dummen Jungen. Grau überschlug immer neue Summen im Kopf. »Meine Tochter ist von klein auf geritten«, setzte der Adlige hinzu.

Doch das Wichtigste für Bernat war der gute Lohn, den er für sich und Arnau erhielt. Der Junge sollte ebenfalls im Pferdestall anfangen. Sie würden außerhalb des Palasts leben können, in einem eigenen Zimmer, ohne Sklaven, ohne Lehrlinge. Er und sein Sohn würden genügend Geld haben, um zurechtzukommen.

Es war Grau selbst, der Bernat drängte, Arnaus Lehrvertrag aufzuheben und einen neuen zu unterschreiben.

Seit man ihm die Bürgerschaft verliehen hatte, verließ Bernat hin und wieder die Werkstatt. Dabei war er stets allein oder in Begleitung von Arnau. Es schien keine Anzeige gegen ihn vorzuliegen, sonst hätte man ihn schon verhaftet. Schließlich stand sein Name in den Bürgerregistern, dachte er jedes Mal, wenn er auf die Straße trat. Meist ging er zum Strand hinunter und mischte sich unter die Dutzende von Seeleuten. Den Blick auf den Horizont gerichtet, ließ er sich den Wind um die Nase wehen und sog den herben Geruch nach Schiffen und Teer ein, der über dem Strand lag.

Arnau und Joanet sprangen um ihn herum. Sie liefen voraus, dann kamen sie genauso schnell zu ihm zurückgerannt und sahen ihn mit glänzenden Augen und einem Lächeln an.

»Unser eigenes Haus!«, rief Arnau. »Lass uns im Ribera-Viertel wohnen, bitte!«

»Ich fürchte, es wird nur ein Zimmerchen werden«, versuchte Bernat ihm klarzumachen, doch der Junge lächelte weiterhin, als ginge es um den prächtigsten Palast von Barcelona.

»Das ist kein schlechter Ort«, meinte Jaume, als Bernat ihm von dem Vorschlag seines Sohnes erzählte. »Dort wirst du ein Zimmer finden.«

Und dorthin gingen die drei nun. Die beiden Kinder liefen voran, Bernat trug ihre wenigen Habseligkeiten. Seit ihrer Ankunft in der Stadt waren fast zehn Jahre vergangen.

Auf dem gesamten Weg bis Santa María grüßten Arnau und Joanet unablässig die Leute, denen sie begegneten.

»Das ist mein Vater!«, rief Arnau einem Bastaix zu, der einen Sack mit Getreide trug, und zeigte auf Bernat, der mehr als zwanzig Meter hinter ihnen zurück war.

Der Bastaix lächelte, ohne jedoch, unter der Last gebeugt, seine Schritte zu verlangsamen. Arnau drehte sich um und wollte erneut zu Bernat zurücklaufen, doch nach einigen Schritten blieb er stehen. Joanet folgte ihm nicht.

»Los, komm schon«, forderte er ihn auf und wedelte ungeduldig mit den Händen.

Doch Joanet schüttelte den Kopf.

»Was ist denn los, Joanet?«, fragte er und ging zu ihm zurück.

Der Kleine sah zu Boden.

»Er ist nur dein Vater«, murmelte er. »Was wird jetzt aus mir?«

Er hatte recht. Alle hielten sie für Brüder. Daran hatte Arnau nicht gedacht.

»Los, komm mit«, sagte er und zog ihn am Arm.

Bernat sah sie auf sich zukommen. Arnau zog Joanet hinter sich her, der sich zu sträuben schien. »Ich beglückwünsche Sie zu Ihren Söhnen«, sagte der Bastaix, als er an ihm vorbeiging. Bernat lächelte. Seit über einem Jahr streiften die Jungs gemeinsam umher. Und die Mutter des kleinen Joanet? Bernat stellte sich vor, wie der Kleine auf einer Kiste hockte und sich von einem Arm ohne dazugehöriges Gesicht übers Haar streicheln ließ. Er hatte einen Kloß im Hals.

»Papa …«, begann Arnau, als sie vor ihm standen. Joanet versteckte sich hinter seinem Freund. »Papa, würde es dir etwas ausmachen, Joanets Vater zu sein?«, brach es aus Arnau heraus.

Bernat sah, wie der Kleine seinen Kopf hinter Arnau hervorstreckte.

»Komm her, Joanet«, forderte Bernat ihn auf. »Du willst mein Sohn sein?«, fragte er, als der Junge sein Versteck verließ.

Joanets Gesicht begann zu strahlen.

»Heißt das ja?«, fragte Bernat.

Der Junge klammerte sich an Bernats Bein. Arnau lächelte seinem Vater zu.

»Geht spielen«, befahl ihnen Bernat, und seine Stimme versagte.

Die Jungen führten Bernat zu Pater Albert.

»Er kann uns bestimmt helfen«, meinte Arnau, und Joanet nickte zustimmend.

»Unser Vater!«, sagte der Kleine und kam Arnau damit zuvor. So hatte er Bernat auf dem ganzen Weg vorgestellt, selbst denen, die er nur vom Sehen kannte.

Pater Albert bat die Kinder, sie allein zu lassen, und lud Bernat zu einem Glas süßen Weins ein, während er sich seine Erklärungen anhörte.

»Ich weiß, wo ihr unterkommen könntet«, sagte er schließlich. »Es sind gute Leute. Sag mir, Bernat … Du hast eine gute Arbeit für Arnau gefunden, er bekommt guten Lohn und lernt einen Beruf, und Stallburschen werden immer gebraucht. Aber was ist mit deinem anderen Sohn? Was hast du mit Joanet vor?«

Bernat verzog das Gesicht und vertraute sich dann dem Priester an.

Pater Albert begleitete sie zum Haus von Pere und seiner Frau, zwei alten Leuten ohne Familie, die in einem kleinen, zweigeschossigen Häuschen gleich am Strand lebten, mit einem ebenerdigen Wohnraum und drei Schlafkammern im ersten Stock. Pater Albert wusste, dass sie daran interessiert waren, eine davon zu vermieten.

Während des gesamten Weges – auch, als er Pere und seiner Frau die Estanyols vorstellte und zusah, wie Bernat ihnen sein Geld zeigte – hatte Pater Albert den Arm um Joanets Schulter gelegt. Wie hatte er nur so blind sein können? Wie hatte er nicht bemerken können, welche Qualen dieser kleine Kerl litt? Wie oft hatte er ihn gedankenverloren dasitzen sehen, den Blick ins Leere gerichtet!