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»Es war in Ordnung«, schrie Arnau. Er nahm das Zaumzeug und das Seil und hielt es Jesús unter die Nase. Er sah erneut zur Stalltür hinüber. »Es war in Ordnung«, beteuerte er noch einmal, während die ersten Tränen in seinen Augen aufblitzten.

»Sieh nur, wie er weint«, war plötzlich eine Stimme zu vernehmen. Es war Margarida, die mit dem Finger auf Arnau zeigte. »Er ist schuld an deinem Unfall und weint«, sagte sie dann, an ihren Bruder Genis gewandt. »Du hast nicht geweint, als du durch seine Schuld vom Pferd gefallen bist«, log sie.

Josep und Genis zögerten kurz, doch dann machten sie sich über Arnau lustig.

»Heulsuse«, sagte der eine.

»Ja, Heulsuse«, wiederholte der andere.

Arnau sah, wie sie mit dem Finger auf ihn zeigten und über ihn lachten. Er konnte einfach nicht aufhören zu weinen! Die Tränen rollten ihm über die Wangen und sein Brustkorb verkrampfte sich vor lauter Schluchzen. Er stand da wie angewurzelt, streckte die Hände aus und zeigte noch einmal allen das Zaumzeug und den Strick, auch den Sklaven.

»Anstatt zu heulen, solltest du lieber um Verzeihung für deine Unachtsamkeit bitten«, fuhr ihn die Baronin an, nachdem sie ihren Stiefkindern ein überhebliches Lächeln zugeworfen hatte.

Um Verzeihung bitten? Arnau sah seinen Vater an. Die Frage war ihm ins Gesicht geschrieben. Bernat starrte die Baronin an. Margarida zeigte immer noch mit dem Finger auf ihn und tuschelte mit ihren Brüdern.

»Nein«, widersetzte er sich. »Es war in Ordnung.«

Und mit diesen Worten warf er Seil und Zaumzeug auf die Erde.

Die Baronin begann, mit den Händen zu fuchteln, erstarrte jedoch, als Bernat einen Schritt auf sie zu machte. Jesús hielt Bernat am Arm fest.

»Sie ist eine Adlige«, flüsterte er ihm ins Ohr.

Arnau sah einen nach dem anderen an und verließ dann den Palast.

»Nein!«, schrie Isabel, als Grau, nachdem er von dem Vorfall erfahren hatte, Vater und Sohn entlassen wollte. »Der Vater soll bleiben und für deine Kinder arbeiten. Er soll sich jeden Moment daran erinnern, dass wir auf die Entschuldigung seines Sohnes warten. Ich will, dass sich dieser Junge öffentlich bei deinen Kindern entschuldigt! Und das werde ich nicht erreichen, wenn du sie hinauswirfst. Lass ihm ausrichten, dass sein Sohn nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen braucht, bis er sich entschuldigt hat.« Isabel gestikulierte unablässig, ihre Stimme überschlug sich. »Sag ihm, dass er so lange nur den halben Lohn erhält, und sollte er sich eine andere Arbeit suchen wollen, werden wir ganz Barcelona darüber in Kenntnis setzen, was hier vorgefallen ist, damit er nirgendwo ein Auskommen findet. Ich will eine Entschuldigung!«, forderte sie hysterisch.

»… werden wir ganz Barcelona darüber in Kenntnis setzen …« Grau merkte, wie es ihn eiskalt überlief. So viele Jahre hatte er nun versucht, seinen Schwager zu verstecken, und nun … Und nun wollte seine Frau, dass ganz Barcelona von seiner Existenz erfuhr!

»Ich bitte dich, diskret vorzugehen«, war alles, was ihm einfiel.

Isabel sah ihn aus blutunterlaufenen Augen an.

»Ich will sie demütigen!«

Grau wollte etwas sagen, doch dann schwieg er und kniff die Lippen zusammen.

»Diskretion, Isabel, Diskretion«, sagte er schließlich.

Grau fügte sich den Forderungen seiner Frau. Schließlich lebte Guiamona nicht mehr, es gab keine weiteren Muttermale in der Familie, und sie waren unter dem Namen Puig bekannt, nicht Estanyol. Nachdem Grau die Stallungen verlassen hatte, wurde Bernat vom Stallmeister über seine neuen Arbeitsbedingungen unterrichtet.

»Vater, das Zaumzeug war in Ordnung«, rechtfertigte sich Arnau am Abend, als die drei in dem kleinen Zimmer saßen, das sie sich teilten. »Ich schwöre es!«, beteuerte er, als Bernat schwieg.

»Aber du kannst es nicht beweisen«, warf Joanet ein, der bereits von dem Vorfall wusste.

»Du musst mir nichts schwören«, dachte Bernat, »aber wie soll ich dir beibringen, dass …?«

Bernat lief es kalt den Rücken herunter, wenn er an die Reaktion seines Jungen in Graus Stall dachte: »Ich bin nicht schuld, ich muss mich nicht entschuldigen.«

»Ich schwöre es, Vater«, sagte Arnau noch einmal.

»Aber …«

Bernat bedeutete Joan, zu schweigen.

»Ich glaube dir, mein Sohn. Und jetzt wird geschlafen.«

»Aber …«, sagte diesmal Arnau.

»Schlaft jetzt!«

Arnau und Joan löschten das Licht, doch es dauerte bis spät in die Nacht, bis Bernat das gleichmäßige Atmen hörte, das ihm verriet, dass die beiden Jungen eingeschlafen waren. Wie sollte er Arnau nur beibringen, dass sie eine Entschuldigung von ihm verlangten?

»Arnau …« Bernats Stimme bebte, als er sah, wie sein Sohn aufhörte, sich anzuziehen, und ihn ansah. »Grau … verlangt, dass du dich entschuldigst. Andernfalls …«

Arnau sah ihn fragend an.

»Andernfalls darfst du nicht mehr zur Arbeit kommen.«

Er hatte den Satz noch nicht ganz beendet, als er in den Augen seines kleinen Jungen eine Entschlossenheit entdeckte, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Bernat blickte zu Joan hinüber und sah, dass auch er wie angewurzelt dastand, halb angezogen und mit offenem Mund. Er versuchte weiterzusprechen, doch seine Stimme versagte.

»Und jetzt?«, brach Joan das Schweigen.

»Findet Ihr, dass ich mich entschuldigen sollte?«

»Arnau, ich habe alles aufgegeben, was ich hatte, damit du frei sein kannst. Ich habe unser Land verlassen, das den Estanyols über Jahrhunderte gehörte, damit niemand dir antun kann, was man mir angetan hat, meinem Vater und dem Vater meines Vaters … Und nun befinden wir uns wieder in der gleichen Lage: den Launen jener ausgeliefert, die sich adlig nennen. Mit einem Unterschied: Wir können uns weigern. Mein Sohn, lerne die Freiheit zu nutzen, die zu erlangen uns so viele Opfer gekostet hat. Die Entscheidung liegt nur bei dir.«

»Aber was ratet Ihr mir, Vater?«

Bernat schwieg einen Augenblick.

»Ich an deiner Stelle würde mich nicht unterwerfen.«

Joan versuchte sich an der Unterhaltung zu beteiligen. »Sie sind nur katalanische Barone! Vergeben kann nur der Herr.«

»Und wovon sollen wir leben?«, fragte Arnau.

»Mach dir darum keine Sorgen, mein Junge. Ich habe ein wenig Geld gespart, damit werden wir zurechtkommen. Wir werden uns anderswo Arbeit suchen. Grau Puig ist nicht der Einzige, der Pferde hat.«

Bernat ließ keinen Tag verstreichen. Noch am selben Abend versuchte er, eine neue Anstellung für sich und Arnau zu finden. Er fand ein Adelshaus mit Stallungen und wurde vom Hausverwalter freundlich empfangen. Viele in Barcelona beneideten Grau Puig um seine gut gepflegten Pferde, und als Bernat sich als der zuständige Mann vorstellte, zeigte der Verwalter Interesse, ihn einzustellen. Doch als Bernat am nächsten Tag erneut in den Stallungen erschien, um die Bestätigung für eine Nachricht zu erhalten, die er bereits mit seinen Söhnen gefeiert hatte, wurde er nicht einmal empfangen. »Sie haben nicht genug bezahlt«, log er beim Abendessen. Bernat versuchte es auch in anderen Adelshäusern, die über Stallungen verfügten, doch wenn es schien, als sei man gewillt, sie anzustellen, war am nächsten Morgen alles anders.

»Du wirst keine Arbeit finden«, erklärte ihm schließlich ein Stallmeister. Er hatte Mitleid mit Bernat, dem die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben stand. »Die Baronin wird nicht zulassen, dass du eine Anstellung findest. Nachdem du bei uns warst, erhielt mein Herr eine Nachricht von der Baronin, in der diese ihn bat, dir keine Arbeit zu geben. Es tut mir leid.«

»Du Bastard.«

Er sagte es ihm ins Ohr, leise, aber bestimmt, die Vokale lang gedehnt. Tomás fuhr zusammen und versuchte zu entkommen, doch Bernat packte ihn von hinten um den Hals und drückte zu, bis der Stallknecht zusammensackte. Erst dann lockerte er den Griff. Wenn die Adligen Botschaften erhielten, hatte Bernat überlegt, musste ihm jemand folgen. »Lass mich durch die Hintertür raus«, bat er den Stallmeister. Tomás, der sich in einer Ecke gegenüber der Stalltür postiert hatte, sah ihn nicht kommen. Bernat schlich sich von hinten an.