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»Da war ein Mann«, sagte er. »Ich habe versucht, ihn aufzuhalten, aber es ging nicht. Er war sehr stark.«

Erneut schallte das ungläubige Gelächter des Soldaten durch den Chorumgang.

»Arnau«, bat ihn Pater Albert, »beantworte die Fragen des Soldaten.«

»Nein … Ich kann nicht«, gestand er ein und sorgte damit für abfällige Gesten bei den Soldaten und für Aufruhr unter den Bastaixos.

Pater Albert schwieg. Er sah Arnau an. Wie oft hatte er diese Worte schon gehört? Wie viele Gläubige weigerten sich, ihm ihre Sünden zu offenbaren? »Ich kann nicht«, sagten sie zu ihm, Angst im Blick, »wenn das bekannt wird …« Natürlich, dachte der Priester dann, wenn Raub, Ehebruch oder Gotteslästerung bekannt würden, konnte man sie verhaften. Dann musste er weiter in sie dringen und ihnen schwören, das Beichtgeheimnis zu wahren, bis sich ihr Gewissen Gott und seiner Vergebung öffnete.

»Würdest du es mir unter vier Augen erzählen?«, fragte er.

Arnau nickte, und der Priester forderte ihn auf, in die Kapelle zu gehen.

»Wartet hier«, sagte er zu den Übrigen.

»Es geht um die Kasse der Bastaixos«, war da eine Stimme hinter den Soldaten zu vernehmen. »Es sollte auch ein Bastaix anwesend sein.«

Pater Albert nickte und sah Arnau an.

»Ramon?«, schlug er ihm vor.

Der Junge nickte erneut, und die drei verschwanden in der Kapelle. Dort drinnen schüttete Arnau sein ganzes Herz aus. Er erzählte von Tomás, dem Stallknecht, von seinem Vater, von Graus Börse, von dem Auftrag der Baronin, dem Aufstand, der Hinrichtung, dem Feuer … der Verfolgung, dem Dieb der Kasse und seinem aussichtlosen Kampf. Er sprach von seiner Angst, dass herauskommen könnte, dass die Börse Grau gehörte, oder dass man ihn verhaftete, weil er den Leichnam seines Vaters verbrannt hatte.

Es waren lange Erklärungen. Arnau konnte den Mann nicht beschreiben, der ihn niedergeschlagen hatte. Es sei dunkel gewesen, antwortete er auf die Fragen der beiden, aber er war groß und von kräftiger Statur. Schließlich sahen sich der Priester und der Bastaix an. Sie glaubten dem Jungen. Doch wie sollten sie den Leuten, die vor der Kapelle zu murren begannen, beweisen, dass er es nicht gewesen war? Der Priester sah zur Jungfrau auf, betrachtete die aufgebrochene Kasse und verließ dann die Kapelle.

»Ich glaube, der Junge sagt die Wahrheit«, verkündete er der kleinen Menge, die im Chorumgang wartete. »Ich glaube, dass er die Kasse nicht gestohlen hat. Vielmehr hat er versucht, den Raub zu verhindern.«

Ramon war hinter ihn getreten und nickte zustimmend.

»Warum kann er dann meine Fragen nicht beantworten?«, wollte der Soldat wissen.

»Ich kenne die Gründe.« Ramon nickte erneut. »Und sie sind hinreichend überzeugend. Wenn mir jemand nicht glaubt, möge er sprechen.«

Niemand sagte etwas.

»Wo sind die Zunftmeister der Bruderschaft?«

Drei Bastaixos traten zu Pater Albert.

»Jeder von euch bewahrt einen der drei Schlüssel zur Kasse auf, nicht wahr?«

Die Zunftmeister nickten.

»Schwört ihr, dass diese Kasse nur von euch dreien gemeinsam und in Anwesenheit von zehn Zunftbrüdern geöffnet wurde, wie es die Regeln vorsehen?«

Die Zunftmeister schworen laut, im gleichen Ton, in dem der Priester sie befragte.

»Schwört ihr also, dass der letzte Eintrag im Kassenbuch mit der Summe übereinstimmt, die sie enthalten sollte?«

Die drei Männer schworen erneut.

»Und Ihr, Soldat, schwört Ihr, dass dies die Börse ist, die der Junge bei sich trug?«

Der Soldat nickte.

»Schwört Ihr, dass der Inhalt derselbe ist wie zu dem Zeitpunkt, als Ihr sie fandet?«

»Ihr beleidigt einen Soldaten König Alfons'!«

»Schwört Ihr oder schwört Ihr nicht?«, herrschte der Priester ihn an.

Mehrere Bastaixos kamen auf den Soldaten zu und verlangten mit Blicken nach einer Antwort.

»Ich schwöre.«

»Gut«, fuhr Pater Albert fort. »Ich gehe jetzt das Kassenbuch holen. Wenn dieser Junge der Dieb ist, muss der Inhalt der Börse genauso hoch oder höher sein als der zuletzt eingetragene Betrag. Ist er geringer, muss man ihm Glauben schenken.«

Ein zustimmendes Gemurmel ging durch die Reihen der Bastaixos. Die meisten sahen Arnau an. Sie alle hatten das kühle Wasser aus seinem Wasserschlauch getrunken.

Nachdem der Pfarrer Ramon die Schlüssel zur Kapelle übergeben und ihn angewiesen hatte, diese abzuschließen, begab er sich in seine Wohnräume, um das Kassenbuch zu holen, das gemäß der Zunftordnung der Bastaixos in den Händen einer dritten Person bleiben musste. Soweit er sich erinnerte, konnte der Inhalt der Kasse unmöglich mit der Summe übereinstimmen, die Grau dem Kerkermeister zur Ernährung seiner Schuldner schickte, sondern musste um ein Vielfaches höher sein. Es wäre ein unanfechtbarer Beweis, dachte er lächelnd.

Während Pater Albert das Buch holte und dann wieder in die Kirche zurückkehrte, schloss Ramon das Gitter zur Kapelle ab. Dabei bemerkte er ein Funkeln in der Kapelle. Er trat näher und betrachtete den Gegenstand, von dem das Funkeln ausging, ohne ihn jedoch zu berühren. Er sagte niemandem etwas davon, schloss das Gitter ab und gesellte sich zu den Bastaixos, die um Arnau und die Soldaten herumstanden und auf die Rückkehr des Priesters warteten.

Ramon raunte dreien von ihnen etwas zu, und gemeinsam verließen sie, unbemerkt von den anderen, die Kirche.

»Dem Kassenbuch zufolge«, verkündete Pater Albert und zeigte es den drei Zunftmeistern, damit sie sich davon überzeugen konnten, »befanden sich vierundsiebzig Silbermünzen und fünf Sueldos in der Kasse. Nun zählt das Geld in der Börse«, setzte er, an den Soldaten gewandt, hinzu.

Bevor er die Börse öffnete, schüttelte der Soldat den Kopf. Darin konnten sich keine vierundsiebzig Silbermünzen befinden.

»Dreizehn«, verkündete er, und dann, lauter werdend: »Aber der Junge könnte einen Komplizen haben, der den fehlenden Teil an sich genommen hat.«

»Und weshalb sollte dieser Komplize dreizehn Silbermünzen bei Arnau zurücklassen?«, fragte einer der Bastaix.

Seine Beobachtung erntete zustimmendes Gemurmel.

Der Soldat sah die Bastaixos an. Einige von ihnen waren bereits zu Arnau getreten und klopften ihm auf den Rücken oder fuhren ihm übers Haar.

»Aber wenn es nicht der Junge war, wer war es dann?«

»Ich glaube, ich weiß es«, war Ramons Stimme von jenseits des Hauptaltars zu vernehmen.

Hinter ihm schleiften zwei der Bastaixos, mit denen er zuvor gesprochen hatte, einen korpulenten Mann herbei.

»Er muss es gewesen sein«, sagte einer aus der Gruppe der Bastaixos.

»Das ist der Mann!«, rief Arnau im gleichen Augenblick.

Mit El Mallorquí hatte es immer wieder Reibereien gegeben, bis die Zunftmeister irgendwann herausfanden, dass er eine Geliebte hatte, und ihn aus der Bruderschaft ausschlossen. Ein Bastaix durfte kein außereheliches Verhältnis unterhalten, genauso wenig wie seine Frau. In diesem Fall wurde der Bastaix aus der Zunft ausgeschlossen.

»Was sagt der Junge da?«, brüllte El Mallorquí, als sie den Chorumgang erreichten.

»Er beschuldigt dich, die Kasse der Bastaixos geplündert zu haben«, entgegnete ihm Pater Albert.

»Er lügt!«

Der Priester sah zu Ramon hinüber und dieser nickte leicht mit dem Kopf.

»Auch ich beschuldige dich!«, rief er und wies mit dem Finger auf ihn.

»Er lügt ebenfalls.«

»Du wirst Gelegenheit haben, das im Kloster Santes Creus durch siedendes Wasser zu beweisen.«

Das Verbrechen war in einer Kirche begangen worden, und nach den Beschlüssen des Konzils von Gerona musste die Unschuld durch die Wasserprobe bewiesen werden.