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»Also so eine Art Miete«, sagte Arnau.

»Nein. Mieter kann man jederzeit auf die Straße setzen. Einen Erbpächter kann man nicht hinauswerfen … solange er seinen Pachtzins zahlt.«

»Und könntest du dein Haus verkaufen?«

»Ja. Das nennt sich dann unterverpachten. Der Bischof erhielte einen Teil der Verkaufssumme, das Laudemio, und der neue Unterpächter könnte es genauso machen. Es gibt nur ein Verbot.« Arnau sah ihn fragend an. »Man darf es nicht jemandem überlassen, der gesellschaftlich höhergestellt ist, einem Adligen zum Beispiel. Obwohl ich nicht glaube, dass ich einen adligen Interessenten für dieses Haus finden würde, oder?«, setzte er grinsend hinzu. Arnau ging nicht auf den Scherz ein und Peres Lächeln verschwand von seinem Gesicht. Die beiden schwiegen. »Jedenfalls«, stellte der Alte dann fest, »muss ich die Pacht zahlen, und mit dem, was ich verdiene und was du nach Hause bringst …«

»Was machen wir jetzt?«, dachte Arnau. Von seinem geringen Lohn würden sie sich nichts leisten können, nicht einmal Essen für zwei Personen. Aber Pere hatte es auch nicht verdient, für sie aufkommen zu müssen. Schließlich war er ihnen stets wohlgesinnt gewesen.

»Mach dir keine Sorgen«, sagte er zögernd. »Wir werden gehen, damit du …«

»Mariona und ich haben nachgedacht«, fiel ihm Pere ins Wort. »Wenn es euch nichts ausmacht, könnten Joan und du hier neben dem Herd schlafen.« Arnau riss erstaunt die Augen auf. »Dann könnten wir das Zimmer an eine Familie weitervermieten und den Pachtzins zahlen. Ihr müsstet euch nur zwei Matratzen besorgen. Was hältst du davon?«

Arnau strahlte übers ganze Gesicht. Seine Lippen bebten.

»Heißt das, ja?«, half ihm Pere.

Arnau presste die Lippen aufeinander und nickte energisch mit dem Kopf.

»Auf zur Jungfrau!«, rief einer der Zunftmeister der Bruderschaft.

Die Härchen auf Arnaus Armen und Beinen richteten sich auf.

An diesem Tag waren keine Schiffe da, die be- oder entladen werden mussten. Im Hafen lagen lediglich die kleinen Fischerboote. Die Bastaixos hatten sich wie immer am Strand versammelt. Die Sonne ging gerade auf und verhieß einen frühlingshaften Tag.

Seit er sich zu Beginn der Schifffahrtsperiode den Bastaixos angeschlossen hatte, hatten sie keinen einzigen Tag Gelegenheit gefunden, am Bau von Santa María mitzuarbeiten.

»Auf zur Jungfrau!«, war erneut ein Ruf aus der Gruppe der Bastaixos zu hören.

Arnau beobachtete die Männer. Ein Lächeln erschien auf ihren noch schläfrigen Gesichtern. Einige streckten sich und schwangen die Arme vor und zurück, um den Rücken zu lockern. Arnau erinnerte sich, wie er ihnen damals Wasser gegeben hatte, wenn sie gebückt an ihm vorüberzogen, die Zähne zusammengebissen, die riesigen Steine geschultert. Würde er das schaffen? Vor Angst verspannten sich seine Muskeln. Er wollte es den übrigen Bastaixos nachtun und begann sich zu lockern, indem er die Arme vor- und zurückschwang.

»Dein erstes Mal«, beglückwünschte ihn Ramon. Arnau antwortete nicht und ließ die Arme hängen. »Mach dir keine Sorgen, mein Junge«, setzte er hinzu, legte ihm den Arm auf die Schulter und ermunterte ihn, der Gruppe zu folgen, die sich bereits in Bewegung gesetzt hatte. »Denk daran: Wenn du Steine für die Jungfrau schleppst, trägt sie einen Teil der Last.«

Arnau sah zu Ramon auf.

»Es stimmt«, beteuerte der Bastaix lächelnd. »Du wirst es heute sehen.«

Von Santa Clara im äußersten Osten Barcelonas machten sie sich auf den Weg quer durch die ganze Stadt, ließen die Stadtmauer hinter sich und stiegen zum königlichen Steinbruch La Roca auf dem Montjuïc hinauf. Arnau ging schweigend. Hin und wieder hatte er das Gefühl, von den anderen beobachtet zu werden. Es ging durch das Ribera-Viertel, an der Warenbörse und dem Pórtico del Forment vorbei. Als sie am Angel-Brunnen vorbeikamen, betrachtete Arnau die Frauen, die darauf warteten, ihre Krüge zu füllen. Viele von ihnen hatten Joan und ihn vorgelassen, wenn sie mit ihrem Wasserschlauch dort anstanden. Die Leute grüßten. Einige Kinder sprangen um die Gruppe herum, tuschelten und deuteten respektvoll auf Arnau. Sie ließen die Werft hinter sich und erreichten das Kloster Framenors am westlichen Ende der Stadt. Dort endete die Stadtmauer von Barcelona. Dahinter entstanden die neuen Schiffszeughäuser der gräflichen Stadt, gefolgt von Feldern und Gemüsegärten – Sant Nicolau, San Bertrán und Sant Pau del Camp. Dort begann der Aufstieg zum Steinbruch.

Doch bevor sie den Steinbruch erreichten, mussten die Bastaixos den Cagalell passieren. Noch bevor sie ihn sahen, schlug ihnen der Gestank der Abfälle der Stadt entgegen.

»Sie lassen gerade das Wasser ab«, sagte einer angesichts des bestialischen Gestanks.

Die meisten Männer nickten zustimmend.

»Sonst wäre der Gestank nicht so schlimm«, setzte ein anderer hinzu.

Der Cagalell war ein Tümpel an der Einmündung des Wasserlaufs der Rambla, gleich neben der Stadtmauer, in dem sich die Abfälle und das Schmutzwasser der Stadt sammelten. Da das Gelände uneben war, floss das Wasser nicht zum Strand ab, sondern blieb dort stehen, bis ein städtischer Angestellter einen Abfluss grub und den Unrat ins Meer leitete. Dann war der Gestank am Cagalell am schlimmsten.

Sie gingen an dem Tümpel entlang, bis sie zu einer Stelle kamen, wo man ihn mit einem Satz überspringen konnte. Dann marschierten sie weiter durch die Felder, bis sie den Fuß des Montjuïc erreichten.

»Und wie kommen wir auf dem Rückweg auf die andere Seite?«, fragte Arnau und deutete auf den Tümpel.

Ramon schüttelte den Kopf.

»Ich habe noch niemanden kennengelernt, der mit einem Stein auf dem Rücken einen solchen Satz machen kann«, sagte er.

Als sie zum königlichen Steinbruch hinaufstiegen, blieb Arnau stehen und sah auf die Stadt hinunter. Sie war weit weg, sehr weit. Wie sollte er diesen ganzen Weg mit einem Stein auf dem Rücken schaffen? Er merkte, wie seine Beine nachgaben, und lief rasch hinter der Gruppe her, die schwatzend und lachend weitergegangen war.

Schließlich tauchte hinter einer Wegbiegung der königliche Steinbruch La Roca auf. Arnau entfuhr ein Ausruf des Erstaunens. Es war wie auf der Plaza del Blat oder einem der anderen Märkte, nur ohne Frauen! Auf einem großen, ebenen Gelände verhandelten die königlichen Beamten mit den Leuten, die gekommen waren, um Steine zu kaufen. Am einen Ende der Freifläche, dort, wo man noch nicht mit dem Abbau des Gesteins begonnen hatte, drängten sich Karren und Maultiergespanne. Überall sonst erhoben sich Steilwände aus glänzendem Gestein. Unzählige Steinmetze schlugen gefährlich große Blöcke aus dem Fels, die sie dann auf der Freifläche auf die richtige Größe zurechtklopften.

Die Bastaixos wurden von allen, die auf ihre Steine warteten, herzlich empfangen. Während die Zunftmeister zu den Beamten gingen, mischten sich die übrigen unter die Leute. Es gab Umarmungen, Hände wurden geschüttelt, man hörte Scherze und Lachen, Krüge mit Wasser und Wein wurden ihnen entgegengehalten.

Arnau konnte den Blick nicht von den Steinmetzen und ihren Gehilfen wenden, die Karren und Maultiere beluden, stets gefolgt von einem Beamten, der das Ganze überwachte. Wie auf den Märkten diskutierten die Leute oder warteten ungeduldig, dass sie an die Reihe kamen.

»Das hast du nicht erwartet, stimmt's?«

Als Arnau sich umdrehte, sah er Ramon, der gerade einen Krug zurückreichte, und schüttelte den Kopf.

»Wofür sind all diese Steine?«

»Oje!« Und Ramon begann aufzuzählen: »Für die Kathedrale, für Santa María del Pi, Santa Anna, das Kloster von Pedralbes, die königlichen Zeughäuser, Santa Clara, die Stadtmauer. Überall wird gebaut und umgebaut, nicht zu sprechen von den neuen Wohnhäusern der Reichen und Adligen. Niemand will mehr Holz oder Ziegel. Stein soll es sein, nur noch Stein.«