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Arnau blickte nach oben. Der Schlussstein des ersten Mittelschiffgewölbes war bereits an seinem Platz, nun wurde an den Gewölben der Seitenschiffe gearbeitet. Als Motiv für diesen zweiten Schlussstein hatte man die Geburt Christi gewählt. Der Chor war bereits vollständig eingewölbt. Das nächste Joch, das erste des riesigen, langgestreckten Mittelschiffs, das noch nicht geschlossen war, erinnerte an ein Spinnennetz: Die vier Gewölberippen zeichneten sich vor dem Himmel ab, und mittendrin saß der Schlussstein wie eine Spinne, die auf Beute zu lauern schien. Arnau betrachtete lange diese feinen Bögen. Er wusste, wie es sich anfühlte, in einem Spinnennetz zu zappeln! Aledis setzte ihm immer heftiger zu. »Ich werde es deinen Zunftmeistern erzählen«, drohte sie ihm, wenn Arnau zweifelte, und er sündigte immer und immer wieder. Arnau sah zu den übrigen Bastaixos hinüber. Wenn sie davon erfuhren … Da standen der Zunftmeister Bartolomé, sein Schwiegervater, und Ramon, sein Freund und Fürsprecher. Was würden sie sagen? Und er hatte nicht einmal Joan an seiner Seite.

Sogar Santa María schien sich von ihm abgewandt zu haben. Nun, da der Bau bereits teilweise eingewölbt war und die Strebepfeiler der Seitenschiffe des zweiten Jochs standen, hatten der Adel und die reichen Händler der Stadt in den Seitenkapellen damit begonnen, sich durch Wappen, Bilder, Sarkophage und in Stein gemeißelte Reliefs zu verewigen.

Wenn Arnau Zuflucht bei der Jungfrau suchte, lief immer irgendein reicher Händler oder Adliger zwischen den Bauarbeiten herum. Es war, als hätte man ihm seine Kirche geraubt. Sie waren plötzlich da gewesen und beanspruchten voller Stolz von den vierunddreißig im Chorumgang geplanten Kapellen die elf bereits fertiggestellten für sich. Da waren bereits die Wappenvögel der Busquets in der Sakramentskapelle, die Hand und der Löwe der Junquets in der Kapelle San Jaime, die drei Birnen des Boronat de Pera auf dem Schlussstein der spitzbogigen Pauluskapelle, das Hufeisen und die Bänder von Pau Ferran im Marmorboden derselben Kapelle, die Wappen der Duforts und der Dusays und der Brunnen der Fonts in der Kapelle Santa Margarita. Selbst in seiner Kapelle, der Kapelle der Bastaixos, wurde neben den Wappen der Ferrers der Sarkophag des Erzdiakons der Kirche, Bernat Llull, der den Bau veranlasst hatte, aufgestellt.

Arnau schlich mit gesenktem Kopf an Adligen und Händlern vorbei. Er kniete vor der Jungfrau nieder, um sie darum zu bitten, ihn von dieser Spinne zu befreien, die ihn verfolgte.

Als die Messfeierlichkeiten zu Ende waren, strömte ganz Barcelona zum Hafen. Dort wartete Pedro III. zum Kampf gerüstet und von seinen Baronen umgeben. Während Infant Don Jaime, Graf von Urgell, in Katalonien blieb, um die Provinzen Ampurdán, Besalú und Camprodón zu verteidigen, die an die Besitzungen des mallorquinischen Königs auf dem Festland grenzten, brachen die Übrigen mit dem König zur Eroberung der Insel auf. Der Infant Don Pedro, Seneschall von Katalonien, Pere de Monteada, Admiral der Flotte, Pedro de Eixèrica und Blasco de Alagó, Gonzalo Díez de Arenós und Felipe de Castre, Pater Joan de Arborea, Alfonso de Llòria, Galvany de Anglesola, Arcadic de Mur, Arnau d'Erill, Pater Gonzalvo García, Joan Ximénez de Urrea und viele andere Adlige und Ritter waren mit ihren Truppen und jeweiligen Vasallen erschienen, um in den Krieg zu ziehen.

Maria, die sich vor der Kirche mit Arnau getroffen hatte, deutete aufgeregt zu den Männern. Er sah in die Richtung, in die sie wies.

»Der König! Der König, Arnau! Sieh doch nur! Diese Haltung! Und sein Schwert! Ein herrliches Schwert ist das! Und dieser Adlige da. Wer ist das, Arnau? Kennst du ihn? Und die Schilde, die Rüstungen, die Banner …«

Maria zog Arnau den ganzen Strand entlang, bis sie vor dem Kloster Framenors standen. Abseits von den Adligen und Soldaten bestieg dort bereits eine vielköpfige Truppe schmutziger, abgerissener Männer die Boote, die sie zu den Schiffen bringen sollten. Sie besaßen weder Schilde noch Rüstungen, noch Schwerter, sondern trugen lediglich lange, zerschlissene Hemden, Gamaschen und Ledermützen.

Diese Männer waren nur mit Macheten und Lanzen bewaffnet!

»Ist das die Kompanie?«, fragte Maria ihren Mann.

»Ja. Die Almogavaren.«

Die beiden fielen in das respektvolle Schweigen ein, mit dem die Bürger Barcelonas die von König Pedro angeheuerten Söldner betrachteten. Die Eroberer von Byzanz! Selbst die Frauen und Kinder, die von den Schwertern und Rüstungen der Adligen ebenso beeindruckt waren wie Maria, warfen ihnen stolze Blicke zu. Diese Männer kämpften zu Fuß und mit entblößter Brust, einzig und allein auf ihr Geschick und ihr Können vertrauend. Wer wollte da über ihr Äußeres lachen, ihre Hemden oder ihre Waffen?

Die Sizilianer, so hatte ihr Arnau erzählt, hatten sich auf dem Schlachtfeld über sie lustig gemacht. Was sollten diese abgerissenen Gestalten gegen adlige Herren zu Pferde ausrichten? Doch die Almogavaren schlugen sie vernichtend und eroberten die Insel. Auch die Franzosen hatten über sie gespottet; die Geschichte wurde in ganz Katalonien erzählt, und jeder wollte sie hören. Auch Arnau hatte sie schon einige Male vernommen.

»Es heißt«, flüsterte er Maria zu, »einige französische Ritter hätten einen Almogavaren gefangen genommen und ihn vor den Fürsten Karl von Salerno geführt. Dieser beleidigte ihn, indem er ihn einen armen Lumpen und Wilden schmähte, und machte sich über die katalanischen Truppen lustig.« Weder Arnau noch Maria wandten einen Blick von den Söldnern, die dort in die Boote stiegen. »Daraufhin forderte der Almogavare in Gegenwart des Fürsten und seiner Ritter den Besten seiner Männer heraus. Er selbst würde zu Fuß kämpfen, nur mit seiner Lanze bewaffnet, der Franzose zu Pferde und mit seiner ganzen Rüstung.« Arnau schwieg einen Moment, doch Maria sah ihn an und drängte ihn fortzufahren. »Die Franzosen lachten über den Katalanen, gingen jedoch auf die Herausforderung ein. Man begab sich auf ein freies Feld in der Nähe des französischen Feldlagers, und dort besiegte der Almogavare seinen Widersacher, nachdem er das Pferd getötet hatte und sich die mangelnde Beweglichkeit des Ritters im Zweikampf zunutze machte. Als er sich anschickte, den Unterlegenen zu enthaupten, schenkte Karl von Salerno ihm die Freiheit.«

»Es stimmt«, sagte eine Stimme hinter ihnen. »Sie kämpfen wie leibhaftige Teufel.«

Arnau spürte, wie Maria sich an ihn schmiegte und seinen Arm umklammerte, ohne indes den Blick von den Söldnern zu wenden. Was suchst du, Maria? Schutz? Wenn du wüsstest! Ich bin nicht einmal in der Lage, mich meinen eigenen Schwächen zu stellen. Glaubst du, einer von ihnen könnte dir mehr Leid zufügen, als ich es tue? Sie kämpfen wie die Teufel. Arnau sah sie an: Männer, die frohen Mutes in den Krieg zogen und ihre Familien zurückließen. Warum … Warum sollte er nicht dasselbe tun?

Die Einschiffung der Männer zog sich über Stunden hin. Maria ging nach Hause und Arnau schlenderte durch die Menschenmenge am Strand. Hin und wieder traf er einige seiner Zunftbrüder.

»Warum so eilig?«, fragte er Ramon und deutete zu den Booten, die unablässig hin- und herfuhren, voll beladen mit Soldaten. »Das Wetter ist gut. Es sieht nicht nach Sturm aus.«

»Du wirst schon sehen«, entgegnete Ramon.

In diesem Augenblick war das erste Wiehern zu hören. Bald waren es Hunderte. Die Pferde hatten außerhalb der Stadtmauern gewartet, und nun waren sie an der Reihe, verschifft zu werden. Von den sieben Koggen, die zum Transport der Tiere vorgesehen waren, waren einige bereits mit Pferden beladen. Diese waren entweder mit den Adligen aus Valencia gekommen oder in den Häfen von Salou, Tarragona oder im Norden Barcelonas eingeschifft worden.

»Lass uns verschwinden«, drängte Ramon. »Das hier wird eine regelrechte Schlacht werden.«