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»Au fein, ich wollte schon immer mal bei der Polizei anrufen«, erklärte Jennifer begeistert.

»Sei nicht so albern, Jennifer«, wies ihre Mutter sie zurecht.

Auszug aus einer Regionalzeitung:

Gestern wurde in die Villa von Mr Henry Sutcliffe eingebrochen. Der Dieb war in das Schlafzimmer von Mrs Sutcliffe eingedrungen, als die Familie dem Sonntagsgottesdienst in der Dorfkirche beiwohnte. Das Küchenpersonal, das das Mittagessen vorbereitete, hatte nichts gehört. Der Mann wurde von der Polizei verhaftet, als er sich aus dem Haus schlich. Er muss gestört worden sein, denn er machte sich davon, ohne etwas gestohlen zu haben; er hinterließ nur eine wüste Unordnung in Mrs Sutcliffes Zimmer.

Er sagte aus, er heiße Andrew Ball, und behauptete, keine feste Adresse zu haben. Er sei arbeitslos und habe Geld gesucht. Mrs Sutcliffes Schmuck wird im Tresor einer Bank aufbewahrt, mit Ausnahme einiger weniger Stücke, die sie täglich trägt.

»Ich habe dich immer wieder darum gebeten, das Schloss der Gartentür reparieren zu lassen«, kommentierte Mr Sutcliffe das Ereignis im Kreise der Familie.

»Du scheinst vergessen zu haben, dass ich drei Monate im Ausland war, Henry«, erwiderte Mrs Sutcliffe. »Außerdem habe ich neulich erst gelesen, dass es Einbrechern immer gelingt, in ein Haus einzudringen, wenn sie es sich vorgenommen haben.«

Nach einem weiteren Blick in die Zeitung fügte sie versonnen hinzu: »Wie großartig das klingt: ›Küchenpersonal.‹ Dabei handelt es sich nur um die taube alte Mrs Ellis, die sich kaum mehr auf den Beinen halten kann, und die kleine, zurückgebliebene Bardwell, die am Sonntag in der Küche hilft.«

»Ich begreife nur nicht, wie die Polizei wissen konnte, dass bei uns eingebrochen worden ist, und schnell genug zur Stelle sein konnte, um den Einbrecher festzunehmen«, meinte Jennifer nachdenklich.

»Seltsam, dass er nichts gestohlen hat«, erklärte ihre Mutter.

»Bist du ganz sicher, Joan?«, fragte ihr Gatte.

Mrs Sutcliffe stieß einen ungeduldigen Seufzer aus.

»Ich bin so gut wie sicher, aber es war eine Unordnung in meinem Zimmer, wie du sie dir kaum vorstellen kannst. Alle Schubladen waren ausgeräumt, nichts lag mehr am richtigen Platz. Wie gesagt, ich glaube, dass nichts fehlt, außer meinem besten rosa Seidenschal.«

»Den hatte ich mir auf dem Schiff geborgt… bitte sei nicht böse, Mum. Ich vergaß es dir zu sagen. Und dann hat ihn – hat ihn der Wind ins Meer geweht.«

»Wie oft habe ich dich schon gebeten, nicht an meine Sachen zu gehen, ohne mich vorher zu fragen, Jennifer!«

»Kann ich noch etwas Pudding kriegen?«, bat Jennifer, um die Unterhaltung schnell auf ein anderes Thema zu lenken.

»Du hast doch schon zwei Portionen gegessen… also gut. Ich hoffe nur, dass deine Gier in der neuen Schule nicht unangenehm auffällt. Vergiss nicht, dass Meadowbank keine gewöhnliche Schule ist.«

»Ich bin gar nicht so wild auf Meadowbank«, bemerkte Jennifer. »Ich kenne ein Mädchen, dessen Kusine dort war und es grässlich fand. Sie sollen nur darüber gesprochen haben, wie man graziös in einen Rolls-Royce steigt und wie man sich benimmt, wenn man bei der Königin zum Lunch eingeladen ist.«

»Red keinen Unsinn, Jennifer«, mahnte Mrs Sutcliffe. »Du weißt gar nicht, wie gut du es hast. Miss Bulstrode nimmt nicht jedes junge Mädchen in ihre Schule auf. Du verdankst das nur der Stellung deines Vaters und dem Einfluss von Tante Rosamund, dass du nach Meadowbank kommst. Wenn du, wider Erwarten, je die Ehre haben solltest, von der Königin zum Lunch eingeladen zu werden, kann es dir nur nützen zu wissen, wie du dich dann zu benehmen hast.«

Nachdem Andrew Ball, der keine feste Adresse besaß, wegen Einbruchs zu drei Monaten Gefängnis verurteilt worden war, stand Derek O’Connor, der bescheiden im Hintergrund des Gerichtssaales gesessen hatte, auf, um ein Gespräch nach London anzumelden.

»Man hat absolut nichts bei dem Burschen gefunden«, erklärte Derek am Telefon.

»Wer ist es? Kennen wir ihn?«

»Er gehört, glaube ich, zur Gecko-Bande. Ein eher kleines Licht, aber sehr gründlich, wie man mir sagte.«

»Und er hat sich verurteilen lassen, ohne mit der Wimper zu zucken?«, fragte Colonel Pikeaway grinsend am anderen Ende der Leitung.

»Ja, wie ein Lamm. Er spielte die Rolle des arroganten Schnösels aus gutem Hause, der irgendwie auf die schiefe Bahn geraten ist. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, ihn mit einer internationalen Organisation in Zusammenhang zu bringen. Und darin liegt sein Wert.«

»Aber er hat nichts gefunden«, stellte Colonel Pikeaway nachdenklich fest. »Auch Sie haben nichts gefunden. Es sieht so aus, als hätten wir uns geirrt, und Rawlinson hat gar nichts im Gepäck seiner Schwester versteckt.«

»Andere Leute scheinen auf dasselbe Pferd gesetzt zu haben.«

»Das ist schon richtig, aber vielleicht wollte man uns absichtlich auf eine falsche Spur lenken.«

»Mag sein. Gibt es noch andere Möglichkeiten?«, fragte O’Connor.

»Natürlich – viele. Der gesuchte Gegenstand mag noch in Ramat sein, vielleicht wird er irgendwo im ›Ritz Savoy‹ versteckt. Oder Rawlinson hat ihn vor dem Abflug jemandem übergeben, vielleicht auf dem Flugplatz… Oder er war doch im Besitz von Mrs Sutcliffe, ohne dass sie davon wusste. Es ist sogar möglich, dass sie ihn ahnungslos ins Meer geworfen hat… Vielleicht wäre das für alle Beteiligten die beste Lösung«, fügte er nachdenklich hinzu.

»Aber es handelt sich doch um enorme Werte, Colonel!«

»Auch das Leben eines Menschen ist eine Menge wert«, sagte Colonel Pikeaway.

5

Julia Upjohn an ihre Mutter:

Liebe Mummy,

ich habe mich schon gut eingelebt, und es gefällt mir hier. Ich habe mich mit einem Mädchen angefreundet, das auch erst in diesem Jahr hergekommen ist; es heißt Jennifer. Wir sind beide wild auf Tennis, und sie spielt ziemlich gut. Ihr Aufschlag ist fabelhaft, wenn er kommt, aber sie haut oft daneben – angeblich, weil ihr Tennisschläger verbogen ist, und zwar von der furchtbaren Hitze im Persischen Golf. Sie war dort, als diese Revolution ausbrach, aber es soll nicht sehr interessant gewesen sein. Sie hat so gut wie nichts gesehen.

Miss Bulstrode ist sehr nett, manchmal kann sie allerdings auch furchtbar streng sein. Aber die Neuen behandelt sie meistens ganz gut. Ihr Spitzname ist »Der Bulle«, oder einfach kurz »Bully«. Englische Literatur haben wir bei Miss Rich; sie ist großartig. Sie hat ein merkwürdiges Gesicht, eigentlich gar nicht schön, aber wenn sie uns Shakespeare vorliest, verändert es sich völlig. Sie ist sehr dramatisch. Neulich sprach sie über Jago, und sie erklärte uns, wie furchtbar die Qualen der Eifersucht seien und wie man leide, bis man halb wahnsinnig werde und dem Menschen, den man liebt, wehtun möchte. Uns allen wurde es ganz sonderbar, bis auf Jennifer, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt.

Außerdem haben wir auch Erdkunde bei Miss Rich, und obwohl ich Erdkunde sonst langweilig finde, macht es mir bei Miss Rich richtig Spaß. Kunstgeschichte haben wir bei Miss Laurie. Sie kommt zweimal in der Woche her, und manchmal fährt sie mit uns nach London, um Galerien zu besuchen. Französisch haben wir bei Mademoiselle Blanche, die nicht sehr gut mit uns auskommt. Sie wird niemals wütend, sondern zeigt sich höchstens gelangweilt. Sie sagt dann: »Enfin, vous m’ennuiez, mes enfants!«

Unsere Turnlehrerin, Miss Springer, ist scheußlich. Sie hat rotes Haar und einen unangenehmen Körpergeruch, besonders wenn ihr heiß ist. Dann gibt’s noch Miss Chadwick, Chaddy genannt, die die Schule mitgegründet hat. Sie gibt Mathematik und ist streng aber ganz nett.