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»Auch ich bin der Meinung, dass Miss Springer und Miss Vansittart als Verdächtige hors de combat sind«, bestätigte Miss Bulstrode trocken. »Kommen wir zur Sache! Steht Mademoiselle Blanche trotz ihrer einwandfreien Vergangenheit weiterhin unter Verdacht, nur weil sie noch lebt?«

»Die Möglichkeit, dass sie beide Morde begangen hat, besteht. Sie war gestern Nacht in der Schule. Sie behauptet, früh schlafen gegangen zu sein und nichts gehört zu haben, bis Alarm geschlagen wurde. Wir können das Gegenteil nicht beweisen, wir haben aber auch nichts gegen sie in der Hand. Wir wissen nur, dass Miss Chadwick sie als eine hinterhältige Person betrachtet.«

»Miss Chadwick findet alle Französinnen hinterhältig«, entgegnete Miss Bulstrode ungeduldig. »Das beweist gar nichts… Was halten Sie von ihr, Adam?«

»Sie steckt ihre Nase in Dinge, die sie nichts angehen«, erwiderte Adam. »Es mag lediglich angeborene Neugierde sein, es kann aber auch einen tieferen Sinn haben – ich weiß es nicht. Sie sieht nicht aus wie eine Mörderin, aber das bedeutet nicht viel.«

»Das ist ja das Unglück«, jammerte Kelsey. »Da ist ein Mensch, der zwei Morde auf dem Gewissen hat, aber man kann sich kaum vorstellen, dass es einer der Angestellten ist. Miss Johnson war bei ihrer Schwester in Limeston – außerdem ist sie schon sieben Jahre hier. Miss Chadwick ist von Anfang an bei Ihnen gewesen. Beide können sowieso nichts mit Miss Springers Tod zu tun haben. Miss Rich ist seit über einem Jahr in Meadowbank; gestern Nacht war sie in einem Hotel, das zwanzig Meilen von hier entfernt ist. Miss Blake war bei Freunden in Littleport, Miss Rowan ist seit Jahren bei Ihnen und hat einen einwandfreien Ruf. Auch unter Ihren Dienstboten vermute ich keinen Mörder…«

Miss Bulstrode nickte zustimmend.

»Ich bin ganz Ihrer Meinung.« Sie machte eine Pause und fixierte Adam. »Es sieht ganz so aus, als seien Sie der Täter.«

Adam öffnete erstaunt den Mund.

»An Ort und Stelle«, fuhr sie fort. »Kann kommen und gehen, wann er will, hat einen legitimen Grund für seine Anwesenheit… Obwohl Sie gute Referenzen haben, könnten Sie durchaus ein abgefeimter Schurke sein.«

Adam hatte sich inzwischen von seinem Schrecken erholt.

»Alle Achtung, Miss Bulstrode«, sagte er bewundernd. »Sie denken wirklich an alles!«

»Um Gottes willen!«, rief Mrs Sutcliffe. »Henry!«

Sie saß ihrem Gatten am Frühstückstisch gegenüber und hatte eben einen Blick in die Morgenzeitung geworfen.

Mr Sutcliffe, vertieft in den Börsenkurier, antwortete nicht.

»Henry!«

Der schrille Ton ließ ihn aufhorchen.

»Was ist denn los, Joan?«

»Was los ist? Ein zweiter Mord in Meadowbank! In Jennifers Schule!«

»Was? Zeig mal her!«

Mr Sutcliffe riss seiner Frau die Zeitung aus der Hand.

»Miss Eleanor Vansittart… Turnhalle… wo auch die Turnlehrerin gefunden wurde… hm…«

»Ich kann es kaum glauben«, jammerte Mrs Sutcliffe. »Meadowbank! Diese vornehme Schule! Kinder aus bestem Hause, sogar Prinzessinnen…«

Mr Sutcliffe knüllte die Zeitung zusammen und warf sie ärgerlich auf den Tisch.

»Da gibt es nur eins – du fährst sofort nach Meadowbank und holst Jennifer nachhause«, sagte er.

»Du meinst, wir sollen sie von der Schule nehmen und nicht wieder zurückschicken?«

»Ja, unbedingt.«

»Ist das nicht etwas zu drastisch? Nachdem Rosamund sich so bemüht hat, Jennifer in Meadowbank unterzubringen?«

»Du wirst nicht die Einzige sein, die ihre Tochter von der Schule nimmt, Joan. In diesem hochvornehmen Internat wird es bald reichlich Platz für neue Schülerinnen geben.«

»Glaubst du wirklich, Henry?«

»Zweifellos. Jennifer darf nicht einen Tag länger dort bleiben.«

»Du hast wohl Recht. Was sollen wir nun mit ihr anfangen?«

»Schick sie auf eine Schule in unserer Nähe – nicht wieder in ein teures Internat. In den weniger vornehmen Schulen geschehen wenigstens keine Morde.«

»Doch, ich hab neulich erst von einem Jungen gelesen, der in einer Volksschule den Zeichenlehrer erschossen hat. Entsinnst du dich nicht, Henry?«

»Barbarische Zustände«, brummte Mr Sutcliffe kopfschüttelnd. Er warf seine Serviette auf den Tisch und verließ ärgerlich das Zimmer.

Adam war allein in der Turnhalle. Er durchsuchte schnell und geschickt den Inhalt der Schließfächer. Es war zwar nicht anzunehmen, dass er etwas finden würde, nachdem die Polizei erfolglos gewesen war – aber man konnte nie wissen. Wie Kelsey ganz richtig sagte, jede Abteilung hatte so ihre eigenen Methoden.

Warum fanden in dieser schönen, neu erbauten Turnhalle so furchtbare Verbrechen statt? Wo war der Zusammenhang? Wonach sollte er suchen? Es war kaum anzunehmen, dass er auf einen versteckten Schatz stoßen würde. Hier gab es weder Geheimfächer noch doppelte Böden. In den Schließfächern befanden sich höchstens die harmlosen Geheimnisse von Schulmädchen: Fotografien von Filmstars, ein Päckchen Zigaretten, vielleicht auch ein verbotener Roman. Er kehrte noch einmal zu Shandas Fach zurück. Während sie sich über dieses Fach gebeugt hatte, war Miss Vansittart getötet worden. Was hatte sie dort zu finden gehofft? Hatte sie es gefunden? Hatte der Mörder es der Hand der Toten entrungen, und war es ihm gelungen, die Turnhalle rechtzeitig zu verlassen – bevor Miss Chadwick ihn entdecken konnte?

In diesem Fall konnte er sich die Mühe sparen weiterzusuchen… Plötzlich hörte er von draußen Schritte. Als Julia Upjohn im Türrahmen erschien, stand er bereits in der Mitte des Raumes und zündete sich eine Zigarette an.

»Was wollen Sie denn?«, fragte Adam.

»Eigentlich nur meinen Tennisschläger holen«, erwiderte Julia zögernd.

»Dagegen wird wohl niemand was haben«, brummte Adam. »Der Sergeant hat mich gebeten, hier zu bleiben, während er etwas vom Polizeirevier holt«, schwindelte er.

»Sie sollen wohl aufpassen, ob er wieder zurückkommt?«

»Wer?«

»Der Mörder natürlich. Die kehren doch immer an den Tatort zurück, nicht wahr? Es lässt ihnen keine Ruhe, es ist ein innerer Zwang.«

»Schon möglich«, erwiderte Adam gleichgültig. Er blickte auf die lange Reihe von Tennisschlägern, die in ihren Spannern auf einem Regal lagen. »Welcher ist Ihrer?«, fragte er.

»Der da – ganz am Ende der Reihe. Unsere Namen stehen darauf«, erklärte Julia und wies auf das Schildchen »Upjohn« während Adam ihr den Schläger reichte.

»Ziemlich abgenutzt, muss aber mal ein guter Schläger gewesen sein«, bemerkte Adam.

»Kann ich Jennifer Sutcliffes Schläger auch haben?«, fragte Julia.

»Nagelneu«, stellte Adam fest, während er ihr den Tennisschläger gab.

»Den hat Jennifer erst neulich von ihrer Tante bekommen – so ein Glück!« Julia sah sich nachdenklich um. »Glauben Sie nicht auch, dass er zurückkommen wird?«, fragte sie schließlich.

»Ach, Sie sprechen noch immer von dem Mörder«, erwiderte Adam, nachdem er sie einen Augenblick erstaunt angesehen hatte.

»Nein, ich glaube nicht. Wäre zu riskant… es sei denn, er hat hier etwas vergessen.«

»Meinen Sie etwas, das der Polizei einen Anhaltspunkt geben könnte?«

Adam nickte.

»Ich wünschte, ich könnte einen Anhaltspunkt finden«, fuhr Julia seufzend fort. »Hat die Polizei etwas entdeckt?«

»Mir würden sie das bestimmt nicht sagen«, erklärte Adam.

»Nein, wahrscheinlich nicht… Interessieren Sie sich für Kriminalfälle?«

Sie sah ihn fragend an. Er erwiderte ihren Blick. Sie musste im selben Alter sein wie Shanda, aber ihr intelligentes Gesicht wirkte noch kindlich.

»In gewisser Weise, ja«, erwiderte Adam.