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»Was?« Mrs. Murphy stupste sie.

»Seans Großmutter lebt jetzt hier. Sie ist zu alt, um sich selbst zu versorgen.«

»Sie hat dich verstanden?« Pewter klappte die Kinnlade herunter.

»Reiner Zufall.« Murphy lachte.

»Wesley wurde anscheinend abends ermordet, während des Gewitters - freilich, es gab ein Gewitter nach dem anderen. Auch ohne den Schutz des Regens wäre es ganz leicht gewesen, dorthin zu gelangen, ohne dass es jemand merkte. Aber warum da draußen? Dort ist nichts, und selbst wenn frische Reifenspuren da gewesen wären, wären sie zu der Zeit, als die Leiche gefunden wurde, weggewaschen gewesen. Vielleicht war's im Plan nicht vorgesehen gewesen, hinter das Heim zu gehen.« Der erste Regentropfen schlug auf die Windschutzscheibe, ein Kreis aus winzigen Tröpfchen spritzte nach dem Aufprall hoch. »Vielleicht war dies ein geeigneter Ort, wo man sich leicht treffen konnte, oder vielleicht war es ein Ort, wo man leicht auf den Zug springen konnte, weil er wegen der Kurve und für die Durchfahrt durch die Stadt langsamer wird. Und leicht zu finden, falls einer sich in Crozet nicht auskennt. Großer Parkplatz. Im Regen könnte man mit ausgeschalteten Scheinwerfern hier sitzen, und wer würde im Vorbeifahren etwas bemerken? Die Frage ist, wie lange hat Wesley nach der Entlassung aus dem Gefängnis noch gelebt? Ich habe den Mercedesstern sechs Kilometer von hier entfernt gefunden. Was hat Wesley da draußen im Wald gemacht? Dort ist nichts.« Harry hatte laut gedacht.

»Nichts, wovon du weißt«, berichtigte Murphy sie.

Der Regen fiel jetzt mit voller Wucht. Harry kurbelte ihr Fenster hoch. Mit dem Einsetzen des Regens stürzte die Temperatur so geschwind auf fünfzehn Grad, dass die Tiere sich zusammenkuschelten.

Harry zog ein altes Sweatshirt hinter ihrem Sitz hervor und zog es sich über den Kopf.

»Ist das ungemütlich.«

»Lass uns nach Hause fahrn, wo's warm ist«, bat Pewter.

Schließlich ließ Harry den Motor an, schaltete die Heizung - auf niedriger Stufe - und die Scheibenwischer ein. Sie fuhr an Mirandas Haus vorbei. Tracys Auto stand in der Einfahrt. Zwar wohnte er jetzt in Gehweite, aber er hatte wohl geahnt, dass es regnen würde.

Harry machte sich auf den Weg zu O'Bannon's. Es regnete heftiger. Sie konnte die Abrissbirne kaum sehen. Sie fuhr ein paar Kilometer in östlicher Richtung, dann wendete sie und fuhr nach Hause.

In der Sekunde, als sie die Beifahrertür öffnete, stürmten die Tiere aus dem Wagen ins Haus. Auch Harry sauste durch den strömenden Regen.

Keine Nachrichten auf ihrem Anrufbeantworter enttäuschten sie.

Dank des ständigen Regens hatte sie alle Schränke, ihre Bibliothek, Wäsche und Handtücher, sogar die Socken aufgeräumt. Das Einzige, was im Haus noch zu tun blieb, war das Streichen des Wohnzimmers. Dem fühlte sie sich jedoch nicht gewachsen.

Rastlos wanderte sie von Zimmer zu Zimmer, schließlich griff sie sich aus der Kartenabteilung der Bibliothek eine Bezirkskarte. Sie breitete sie auf dem Couchtisch aus, legte Briefbeschwerer auf alle vier Ecken, scheuchte Murphy und Pewter fort, die nur zu gern auf Papier saßen - Papier jeder Art.

Mit einem weichen Bleistift zeichnete sie die Entfernung vom Gefängnis bis zu dem Grund von Marcus Durant, wo sie den Mercedesstern gefunden hatte. Dann zog sie eine Linie von dort bis zum Seniorenheim. Vom Gefängnis bis zu Durant wäre es ein weiter Fußmarsch, fast zwanzig Kilometer, wenn man die Abkürzungen über Wiesen und Weiden kannte. Folgte man der Route 250 West zur Route 240 West, würde das die Entfernung vom Gefängnis zu Durant um weitere drei Kilometer verlängern.

»Jemand hat ihn abgeholt.«

Murphy, zurück auf dem Couchtisch, aber nicht auf der Karte, sah hinunter.»Zieh eine Linie zu Booty Mawyers Farm. Zieh eine Linie von der Stelle bei Durant, wo du den Stern gefunden hast, bis zu Mawyer. Nur der Vollständigkeit halber.«

Pewter sprang neben Murphy. »Warum nicht vom Seniorenheim zu Booty?«

»Ginge auch, aber ich glaube nicht, dass es sich da abgespielt hat.«

Tucker saß auf den Hinterbeinen und studierte ebenfalls die Karte.

»Ich hab ja ein richtiges Publikum.« Harry lächelte, dann fuhr sie zusammen, weil direkt über dem Haus ein gewaltiger Donnerschlag erschallte. »War der laut.« Sie grinste verlegen. »Okay, was noch? Murphy, nimm deine Pfote von der Karte.«

Murphy zeigte von der Stelle am Fluss bis zu Booty. Das machte sie dreimal, bis Harry kapierte.

»Meint ihr, sie ticken einfach nicht richtig?«, fragte Pewter.

»Sie würden ihren Kopf vergessen, wenn er nicht fest auf ihrem Hals säße.«

»Nein, das Problem ist, dass sie lauter Mist in den Köpfen haben. Alles, was sie im Fernsehen gucken oder im Radio hören oder im Laden an der Ecke erfahren. Unwichtiges Zeug, frisst die Hirnzellen auf.«

Tucker liebte Harry so sehr, dass sie meinte sie verteidigen zu müssen.»Aber Mutter ist besser als die meisten.«

»H-m-m. Bootys Grundstück stößt an Durants. Er hätte sich in der Hütte verstecken können. Es wäre nicht so weit gewesen, den Wagen zu parken und zu der Hütte zu laufen.«

»Oder zu Donny Clatterbucks Werkstatt!« Pewter hob die Stimme.

Harry, die glaubte, die Katze fürchtete sich vor dem Gewitter, streichelte sie. »Zu der Zeit, als Coop nach dem Transporter fahndete, wurde Wesley nicht am Steuer des Wagens gesehn. Sicher, er könnte auf den alten Farmstraßen gefahren sein, aber wozu?« Sie beugte sich tief über die Karte. »Die Eisenbahn ist nicht weit weg.« Sie setzte sich auf. »Das passt nicht zusammen.« Dann stand sie auf, um die Bezirkskarte von Culpeper aus dem Regal zu holen. Sie breitete sie aus, die Tiere sahen zu. »White Shop Road.«

»Geht von der Route 29 ab. Leicht zu finden«, bemerkte Pewter.

»Es ist einfacher, wenn man von Süden nach Norden fährt als umgekehrt, es sei denn, man kennt die Straße. Guck mal, sie macht hier einen scharfen Knick«, erklärte Murphy.»Aber wenn man weiß, wo's ist, findet man's leicht.«

»Schleichweg zum Bull-Run-Zwinger«, sagte Harry.

»Hey da kommt wer in die Zufahrt. Eindringling! Eindringling!« Tucker raste zur Hintertür, das Fell in ihrem Nacken sträubte sich.

Eine Tür schlug, Schritte waren zu hören, die zur Hintertür rannten. Die Tür der umzäunten Veranda ging quietschend auf, und dann hallte zugleich mit dem Donner ein Klopfen an der Hintertür.

»Lottie Pearson«, bellte Tucker.

36

Harry sprang erstaunt auf, als sie sah, wer an ihrer Hintertür stand. »Lottie, kommen Sie rein.«

Lottie trat durch die Tür, zog ihren Mantel aus, hängte ihn auf einen Haken. »Entschuldigen Sie, dass ich so hereinplatze.«

»Es ist mir ein Vergnügen«, erwiderte Harry, ganz so, wie ihre Mutter es sie gelehrt hatte. »Wie wär's mit heißem Kaffee oder Tee? Ich hab auch Apfelmost und Kakao. Bei diesem Wetter erkältet man sich leicht.«

»Einen Kakao nehme ich gern.« Lottie steuerte auf den Küchentisch zu, dann fielen ihr ihre Zigaretten ein, und sie ging zurück, um Zigaretten aus ihrer Manteltasche zu holen und ein Streichholzbriefchen, das sie unter das Zellophan des Zigarettenpäckchens schob. »So einen kalten, nassen Frühling gab's noch nie.«

»Setzen Sie sich. Ich hab den Kakao im Nu fertig.« Harry deutete auf einen Küchenstuhl. »Wir können auch ins Wohnzimmer gehn.«

»Die Küche ist prima. Alles Wichtige passiert sowieso in der Küche.« Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen, Tucker setzte sich wachsam neben sie.