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»Ja, ich muss damit rechnen, dass jemand das Postamt verklagt, wenn er sich beim Öffnen der Post am Papier schneidet.« Harry verzog das Gesicht. »Hey, da kommt Coop.«

Als der Streifenwagen neben dem Audi hielt, wand Tucker sich aus Harrys Armen und sauste zurück zu dem Waggon.

»Verdammt noch mal, Tucker.« Harry rannte ihr nach und schnappte sie sich wieder, als der Hund die Ratte herausforderte.

»Du sollst Kühe zusammentreiben, keine Ratten.« Murphy lachte trocken.

»Er hat Schisser zu mir gesagt. Zu Mom auch«, keuchte Tucker entrüstet.

»Erist wie der Blauhäher. Der geborene Plagegeist.« Pewter hegte einen Plan, um ihrem Peiniger den Garaus zu machen. Sie erzählte es niemandem.

»Und?« Alle sahen die große, schlanke Polizistin erwartungsvoll an.

»Kann ich euch nicht sagen. Erst wenn ich mit Sean gesprochen habe.« Sie nahm ihren Hut vom Beifahrersitz, beschloss dann aber, ihn nicht aufzusetzen.

Harry hielt ihr die Fahrertür auf. »Ich hab nachgedacht.«

»Das ist beängstigend.« Cooper lachte.

»Wer weiß, dass wir Dons Tresor geöffnet haben?«

»Seine Mutter und sein Vater. Der Sheriff. Du. Boom­Boom. Ich weiß, dass seine Eltern nicht darüber sprechen werden. Vorerst zumindest. Es ist zu erschütternd. Wem habt ihr's erzählt?«

»Niemandem«, erwiderte BoomBoom wahrheitsgemäß.

»Harry hat's Miranda und Tracy erzählt, aber ich war dabei. Also hab ich's ihnen gewissermaßen auch erzählt, denke ich.«

»Susan. Ich hab's Susan gesagt«, erklärte Harry.

»Sonst niemandem?« Cynthia Cooper streckte die Arme über den Kopf. »Bin ganz steif.«

»Je älter man wird, desto mehr wird das Aufstehen am Morgen zu einem sportlichen Ereignis.« Susan staunte kopfschüttelnd darüber, wie rasch die Schmerzen und Wehwehchen sich häuften, dabei war sie erst Ende dreißig, genau wie die anderen.

»Worüber hast du nachgedacht, Harry?«, fragte die Polizistin.

»Lass mich dir zuerst ein paar Fragen stellen. Wer hatte die Kombination für das Schloss? Zu so einem Schloss kann es keinen Schlüssel geben, stimmt's?«

»Stimmt. Als ich den Tresor zum ersten Mal sah, dachte ich, es gäbe vielleicht einen Schlüssel, verstehst du, die großen Griffe wären nur zum Schein da, aber es ist tatsächlich ein Kombinationsschloss.«

»Ein kniffliges«, ergänzte BoomBoom.

»Woher wissen wir, dass niemand anders die Kombination kannte? Die Presse weiß nichts von dem Geld. Rick hat die Information zurückgehalten. Ist es wirklich möglich, dass das ganze Geld Don gehört hat? Und selbst wenn, wer immer mit ihm im Geschäft war, musste wissen, dass er einen solchen Betrag nicht auf die Bank gebracht hat. Das wäre, wie wenn man eine Fahne vor einem Stier schwenkte. Sein Partner oder seine Partner mussten also wissen, dass Dons Anteil in dem Tresor war. Genau deswegen hat Rick den Presseleuten nichts gesagt, obwohl sie ihn wegen Fortschritten in Sachen Mord löchern. Er hofft die Partner aus der Reserve zu locken«, sagte Harry.

»Schon möglich«, meinte Cooper gedehnt. BoomBoom und Susan sahen Harry erstaunt an.

»Ich glaube, ich weiß, was jetzt kommt.« BoomBoom, nicht dumm, legte die Hände aneinander.

»Wir bauen das Schloss wieder ein. Tun Falschgeld in den Tresor. Vielleicht locken wir sie so schneller aus der Reserve.«

Harry strahlte.

»Sein Partner wird zurückkommen, um sich Dons Anteil zu holen«, dachte Susan laut. »Tja, aber woher willst du wissen, wann er kommt oder ob er kommt?«

»Können wir in der Werkstatt eine kleine Überwachungskamera installieren, so eine, wie sie sie in der Bank haben? Die kann nicht allzu teuer sein. Ich weiß, Rick muss den Etat zusammenhalten.« Harry erwärmte sich für die Idee. »Niemand muss sich dort aufhalten. Ihr werdet sehn, wer es ist und ihn euch später schnappen.«

»In der besten aller möglichen Welten schon, aber wenn er maskiert kommt? Oder sie? Es ist nicht gesagt, dass es ein Mann ist.« BoomBoom rieb ihre Hände. Seit von Schmerzen und Wehwehchen die Rede war, schmerzten ihre Gelenke.

»Ja, aber jedes Bild ist besser als gar keins, und wer immer es ist, weiß, dass in Dons Haus niemand ist. Er würde nicht mal so tun müssen, als sei er ein Dieb«, erklärte Harry.

Coop hob die Hand. »Ich muss das dem Chef vortragen. BoomBoom, können Sie das Schloss wieder anschweißen?«

»Wenn mir alle helfen, dann schon. Es ist so schwer, dass jemand es festhalten muss. Es wird ein paar Stunden dauern, um es ordentlich zu machen. Man soll ja die Naht nicht sehen, das würde alles verraten.«

»Wie wär's mit Freitagabend? Da hab ich frei. Chinesisch.«

Coop meinte, sie würden chinesisches Essen mitbringen.

»Ich besorg das Essen.« Susan fand die Sache aufregend.

»Wir sollten nicht dort parken.«

»Ich muss rückwärts ranfahren und den Sauerstoff abladen. Auch dazu brauche ich Hilfe. Harry, du bist die Stärkste.«

»Ja, okay.«

»Wir können bei der Highschool parken und zu Fuß hingehen. Dort ist so viel los, dass unsere Autos nicht auffallen«, bemerkte Susan.

»Sieben Uhr«, sagte Cooper, dann nickte sie zu dem Gebäude hinüber. »Ich muss da rein.«

»Erzählst du's uns später?« Harry konnte es nicht ausstehen, etwas nicht zu wissen.

»Ja.«

»Junge, Junge, das muss was Unangenehmes sein.« Die empfindsame BoomBoom spürte Coopers Widerstreben. Die anderen spürten es auch.

»Ah, ja.«

Später kam Cooper im Postamt vorbei, um ihre Post zu holen. Sie erzählte Harry und Miranda, dass sie Papiere vorbeigebracht hatte mit dem Antrag, Rogers Leiche zu exhumieren. Sean war an die Decke gegangen. Er hatte seinen Anwalt angerufen und gedroht, diesen Fall so lange wie möglich hinauszuziehen.

Anschließend hatte Cooper Ida O'Bannon besucht und abermals geduldig die neue Vermutung dargelegt, dass Roger keines natürlichen Todes gestorben sei. Sie wusste, dass das bestürzend sein würde und dass Sean einen Anwalt einschalten wollte, aber sie hoffte, Ida könnte ihn zur Vernunft bringen. Es ging jetzt nicht darum, Rogers Leichnam zu entweihen, es ging darum, sofern er ermordet wurde, seinen Mörder vor Gericht zu bringen. Danach konnte er in Frieden ruhen.

Ida, erschüttert und in Tränen aufgelöst, sagte, sie werde ihrem älteren Sohn gut zureden. Von Rechts wegen lag die Entscheidung bei ihr, und sie war dafür.

»Coop, was ...?«

Sie beugte sich zu Harry hinüber, auch Miranda rückte ganz nahe heran. »Ich habe Fotos von Wesley und Donny zu Roy and Nadine's geschickt.«

Harry klärte Mrs. Hogendobber über das Streichholzbriefchen auf.

»Und haben sie Don erkannt?« Miranda konnte es einfach nicht glauben.

»Nein. Die Geschäftsführerin des Restaurants kannte ihn nicht, aber sie hat Roger erkannt. Sie sagte, er kam ungefähr einmal im Monat mit einem Geschäftsmann namens Bill Boojum.«

Harry stellte die logische nächste Frage: »Wer ist Bill Boojum?«

»Er war leicht zu finden. Er ist einer der größten Autohändler von Kentucky. Er hat sich auf das Verleasen von Luxuskarossen spezialisiert und macht gute Geschäfte mit Ausbildern von Vollblutpferden, Jockeys und anderen Leuten, die unregelmäßig verdienen. Die schwimmen mal in Geld, mal nicht. Für sie ist es einfacher, Autos zu leasen statt zu kaufen.«

»Was hat er gesagt?«

»Er wirkte durchaus hilfsbereit. Er sagte, er kannte Roger vom College. Sie haben beide die Technische Hochschule von Virginia besucht. Ich habe das bei der Ehemaligenorganisation überprüft. Er hat die Wahrheit gesagt. Er sagte, Roger war drauf aus, ins Renngeschäft einzusteigen, und er hat ihn mit den Leuten von NASCAR bekannt gemacht. Außerdem hätte Roger sich schon in ein Syndikat eingekauft, mit einer Beteiligung von vierzigtausend Dollar.«