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»Und wenn sie tiefgekühlten Samen von erstrangigen Zuchthengsten in Kentucky gestohlen haben? Was, wenn's bei dem Geschäft darum ging? Manche Hengste sind über hunderttausend Dollar wert. Ich weiß, dass der Samen gekühlt und versandt wird. Wenn Roger ständig in Lexington war, könnte er gestohlenen Samen mitgebracht haben. Wegen der DNA-Proben müsste er echte Ware geliefert haben. Aber er hätte es tun können. Vielleicht waren die Autorennen nur Tarnung.«

»Wäre möglich. Ich hab nie darüber nachgedacht, aber ich bringe Roger nicht mit Pferden in Verbindung.« Fair stellte die Sauerstoff-Flasche ab. »Ich nehme an, er hätte es tun können. Sind wir so weit?«

Die anderen nickten, sie überprüften ein und dann noch ein zweites Mal den Raum, drehten das Licht aus und gingen. Fair trug zuvorkommend die Sauerstoff-Flasche bis zur Highschool. Er hatte sie auch auf dem Hinweg getragen.

»Kraftbrocken«, sagte Pewter bewundernd.

»Du hast nicht bei uns gewohnt, als Mom mit ihm verheiratet war. Er war ein echter Schwer transporter.« Mrs. Murphy verhielt sich neutral zu der Frage, ob Harry und Fair wieder zusammenkommen sollten oder nicht, aber seine schwere Arbeit auf der Farm wusste sie durchaus zu schätzen.

Fair zog Harry beiseite, nachdem er die Flasche auf Boom-Booms tollem Transporter abgeladen hatte. »Hast du was von Diego gehört?«

»Er hat heute am Spätnachmittag aus Montevideo angerufen. Er kommt nächstes Wochenende her. Er begleitet Lottie zu einer Ehemaligen- Benefizveranstaltung.«

»Oh.« Fair lächelte.

»Sie hat ihn darum gebeten.«

»Oh.« Er machte ein langes Gesicht.

»Und?«

»Sie macht's ihm schwer.« Tucker liebte Fair.

»Erhat gelernt sich besser zu öffnen.« Mrs. Murphy war stolz auf Fairs Fortschritte, und obwohl sie nicht viel von einer Therapie hielt, fand sie, dass sie ihm geholfen hatte. Er liebte eine feste Struktur, sogar bei seinen Gefühlen, und die Therapie verschaffte ihm diese Illusion. Murphy wusste, dass man seine Gefühle nicht strukturieren konnte, aber Fairs Sitzungen verhalfen ihm zu einer Einsicht in sein Ich.

»Ich dachte, wir gehn auf den Abbruchball.«

»Ja. Ich hab's mir nicht anders überlegt. Du hast mich Neujahr gefragt. Wenn ich mich recht erinnere, hast du gesagt: >Plan voraus.««

»Hab ich, oder?« Er war unendlich erleichtert, dann wurde er wieder angespannt. »Kommt Diego auf den Ball?«

»Ja, und ich werde mit ihm tanzen. Ich tanze mit allen Männern. Ich leg sogar eine flotte Sohle mit Susan hin, wenn ihr alle nicht mehr könnt.«

44

Montagmorgen um acht Uhr wurde Roger O'Bannons Leiche exhumiert. Da er noch nicht so lange in der Erde lag, waren seine Gesichtszüge sowie Finger und Zehen erhalten, aber sein Körper war mit Gasen gefüllt.

Rick verabscheute Exhumierungen. Sie waren unerfreulich und unangenehm, aber er meinte bei dieser zugegen sein zu müssen für den Fall, dass Sean auftauchte. Zwar hatte Sean seiner Mutter versprochen, sich ihren Wünschen zu fügen, aber ein Mensch konnte ausrasten, konnte es sich anders überlegen. Emotionen waren selbst in den besten Zeiten wie Quecksilber. Dies war wahrlich nicht die beste aller Zeiten, weswegen besondere Wachsamkeit geboten war.

Rick begleitete den Leichnam zu Marshall Wells. Während er bei der Arbeit war, erklärte der neue Gerichtsmediziner, er könne nicht genau sagen, wann die Ergebnisse aus Richmond eintreffen würden, aber er glaube nicht, dass es länger als eine Woche dauern werde. Glücklicherweise sei um diese Zeit nicht viel los.

Auf der Rückfahrt vom Gerichtsmediziner rief Rick Coop an, die heute allein in ihrem Streifenwagen war.

»Coop, wir treffen uns bei O'Bannon's Salvage.«

»Ärger mit Sean?«

»Nein, aber ich will mir das Gelände noch mal vornehmen.«

»Wäre's nicht ratsam, noch zu warten? Ich könnte mir vorstellen, dass Sean heute ein bisschen unwirsch ist.«

»In einer vollkommenen Welt hätte Ihr Vorschlag Hand und Fuß. Aber wenn er in der Sache drinsteckt oder wenn er seinen Bruder getötet hat, könnte er sich womöglich verraten, verstehen Sie?«

»Okay. Ich bin in zehn Minuten da. Bin jetzt an der Kreuzung Route 250 und 240. Wollen Sie 'n Sandwich?« An der Kreuzung war ein guter Lebensmittelladen.

»Hab keinen Appetit.«

»'tschuldigung. Hatte ich vergessen.« Sie war froh, dass sie nicht bei der Exhumierung war.

Sean war kurz angebunden, aber nicht direkt grob. Er sagte ihnen, sie könnten überall hingehen, wohin sie wollten.

Zuerst schritten sie die Umgrenzung der vier Morgen ab. Rick wollte sich das Gelände genau einprägen. Es gab nichts Ungewöhnliches zu sehen, außer dass das Geschäft genug Platz hatte, um sich räumlich auszudehnen, was immer ein Vorteil war.

Die wenigen kleinen Nebengebäude enthielten Garten­Werkzeug oder kleine Stücke, die gesäubert werden mussten. Manche Altwarenhändler überließen die Säuberung dem Käufer. Sean hatte entdeckt, dass er, wenn er etwas Zeit in die Säuberung investierte, höhere Preise verlangen konnte. Dafür lohnte sich die Mühe.

Dann stießen sie die Tür zur Werkstatt auf. Das große Schiebetor, groß genug für Fahrzeuge, war abgeschlossen, aber die kleine Tür links davon war offen.

»Blitzsauber«, sagte Coop.

»Ja.« Rick ging zu der hydraulischen Hebebühne hinüber.

»Das ist ja 'n Ding.«

»Hier ist nicht viel drin. Er hat wohl gerade an nichts gearbeitet. Den Büchern zufolge hat er eine Woche vor seinem Tod das letzte alte Auto verkauft, ein 1932er Ford Coupe. Er hat siebenundzwanzigtausend dafür gekriegt. Deuce Coupe. So eins würde mir gefallen.«

»Ja.« Rick war kein Autonarr, aber für alte Autos hatte er was übrig. Sie waren individueller, zumindest kam es ihm so vor. »Nichts Auffälliges. Die meisten alten Autos hat er in South Carolina und Georgia aufgetrieben. Die Quellen sind überprüft. Er hat wohl abgewartet, bis er die nächsten ein, zwei Autos fand. Er hat offenbar seinen Teil zu diesem Laden beigesteuert. Er war nicht an vorderster Front, aber er hat gearbeitet. Was anderes hätte Sean auch nicht geduldet.«

»Hier ist 'ne Popcorntüte.« Coop bückte sich und hob die leere Alutüte auf. »Das ist der einzige Abfall.« Sie warf sie in den Mülleimer.

Sie gingen hinaus und schlenderten draußen durch sämtliche großen Angebotsstapel. Sie probierten die Tür zu dem Eisenbahnwaggon. Abgeschlossen. Coop sauste zurück. Sean gab ihr den Schlüssel. Den Pfützen ausweichend, lief sie zu Rick zurück. Sie schloss die hintere Tür auf, zog dann die Rouleaus an den Fenstern hoch. Licht strömte herein. »Cool.«

In der Mitte stand ein Kanonenofen. Der Fußboden aus hartem Eichenholz war sauber, und kein Stäubchen lag auf den zwei Stühlen und auf dem schweren Schreibtisch in der Ecke.

»Auch Sean ist ein Sauberkeitsfanatiker«, bemerkte Rick.

»Das würde ein nettes Restaurant abgeben. Ich hoffe, er zieht das durch«, sagte Coop.

Sie zogen die Schreibtischschubladen auf. Nichts bis auf einen alten, brüchigen Zelluloidfüllhalter.

»Das war's dann wohl«, meinte Rick. »Ich wünschte, ich wüsste, wonach wir suchen.«

»Ich wäre schon froh gewesen über eine einzige Marihuanapflanze im Fenster.« Cooper seufzte. Auf dem Weg zur Tür sagte sie: »Mist, wir haben Matsch hier reingetragen. Ich sag's Isabella. Ich wisch's auch auf.«