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Harry setzte sich auf den rissigen schwarzen Ledersitz, der warm war von Roger. »Es kann losgehen.«

»Wenn du willst, dass die Birne runtergeht - nein, noch nicht hinlangen -, drückst du diese Greifer. Wenn sie komplett zu sind, geht die Birne schnurstracks runter. Rumms. Wenn du die Birne schwenken willst, drückst du die Greifer hier links, und das Rad« - er zeigte auf das Steuerrad - »bewegt die ganze Chose, dreht Kabine und Kran. Alles klar?«

»Kinderspiel.« Lächelnd schwenkte sie die Birne langsam über die andere Seite des Zauns, den Blick fest auf die Birne gerichtet. »Nach einer Weile kriegt man bestimmt den Dreh raus, wie man die Greifer, das Steuerrad und die Pedale ähnlich bearbeiten kann wie ein Trommler.«

»Genau, aber ich sag ja, wenn du einen Traktor fahren kannst, kannst du fast alle schweren Maschinen bedienen.«

Sie holte die Birne wieder nach oben, ließ sie ein Stückchen hinunter, holte sie dann hoch zur Spitze. »Ist das cool.«

»Ja.«

Sean kam heraus, blickte zusammen mit seinen Kunden, die draußen waren, nach oben. Er schrie, versuchte, sich über den schweren Dieselmotor hinweg verständlich zu machen:

»Roger!«

Roger beugte sich aus der Kabine, winkte seinem Bruder, schwang sich dann wieder hinein. »Er ist so alt. Ist ein alter Mann geworden. Ich sag dir was, ich liebe meinen Bruder, aber Herrgott noch mal, er ist 'ne Nervensäge. Als wär dieser Laden der Mittelpunkt der Welt. Seit Dads Tod ist er so. Okay, okay, jeder muss sehn, wie er über die Runden kommt, aber Sean hält sich für unentbehrlich. Hey, die Friedhöfe sind voll von unentbehrlichen Leuten, verstehst du, was ich meine, Harry Barry?« Er seufzte. »Hab dich vermisst, warst lange nicht hier.« »Danke, Rog. Das hast du nett gesagt.«

Er schüttelte den Kopf. »Der Laden läuft. Wir schuften schwer, aber alles, was ich verlange« - er winkte seinem gestikulierenden Bruder wieder zu, stellte dann den Motor ab -, »ist Freitag- und Samstagabend zum Rennen zu gehn.« Er sah nach unten. Sean hatte sich nicht von der Stelle gerührt.

»Der große Bruder sieht dich an. So Babe, der Unterricht ist aus.«

»War super.«

Als sie nach unten kletterten, liefen die drei Tiere schnell wieder zu dem Transporter, sprangen hinein, und indem sie zusammen die Armlehne zu Hilfe nahmen, zogen sie die Tür zu.

Tucker musste zuerst auf die Trittstufe springen, aber sie hangelte sich auf den Sitz und half den Katzen, die Tür zuzuziehen.

»Sie braucht nicht zu wissen, dass ich die Tür aufkriegen kann. «

Mrs. Murphy hob die langen seidigen Augenbrauen.

»Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß.« Pewter kicherte.

»Binich froh, dass ich am Leben bin.« Tucker atmete aus.»Die schwarze Birne über meinem Kopf sausen zu sehen, das war nicht gerade Vertrauen erweckend.«

Harry, die Miranda begeistert ihre Unterrichtsstunde schilderte, bekam nicht mit, dass die Tiere die Tür des Transporters schlossen. Sie hatte auch gar nicht gemerkt, dass sie offen war, und sie war so aufgeregt darüber gewesen, oben bei der Abrissbirne zu sein, dass sie die unten stehenden Menschen nicht wahrgenommen hatte.

Sean bombardierte seinen Bruder mit ein paar Kraftausdrücken, die dieser achselzuckend quittierte. Sean machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte zurück ins Hauptgebäude.

Roger lächelte die zwei Frauen an. »Die einzige Frage, die es wert ist, sie sich zu stellen, ist: >Hab ich Spaß?<«

Harry fuhr mit dem Gefühl nach Hause, dass der Tag sich beträchtlich zum Besseren gewendet hatte. Als sie auf ihre lange Farmstraße zum Haus abbog, sah sie einen funkelnden BMW 740il vor dem Stall parken. Der Wagen gehörte BoomBoom Craycroft, einer unglaublich schönen Frau, die eine Affäre mit Harrys Ex-Mann gehabt hatte, weswegen sie bei Harry nicht gerade gut angeschrieben war. Zugegeben, BoomBoom hatte mit Fair geschlafen, nachdem Harry sich von ihm getrennt hatte. Aber die Affäre hatte immerhin ungefähr sechs Monate gedauert. Harry war am Boden zerstört. Ausgerechnet Boom-Boom! Sie hatte seit der Grundschule mit der groß gewachsenen Schönheit konkurriert. Harry gewann meistens bei den sportlichen und intellektuellen Veranstaltungen, aber Boom-Boom lief nur eine knappe Sekunde langsamer als Harrys beste Freundin Susan Tucker. Worin jedoch keine Mitschülerin mit Boom konkurrieren konnte, das war ihre Wirkung auf die männlichen Klassenkameraden. Bei den meisten Männern, zumal wenn sie jung sind und unerfahren in weiblicher List, schlug BoomBoom ein wie die sprichwörtliche Bombe.

Die zwei Frauen waren in den letzten Jahren einigermaßen miteinander ausgekommen, aber mehr auch nicht.

»Verdammt, verdammt, verdammt«, flüsterte Harry vor sich hin.

»Hättest du mich die Ratte fangen lassen, wäre BoomBoom gekommen und wieder gegangen«, meinte Tucker wenig hilfreich.

»Tucker, sei still. Du weißt doch wie die manchmal sind. Bloß nicht die Pfoten verbrennen.« Mrs. Murphy legte die Pfoten aufs Armaturenbrett.

5

»Ich bin ja so froh, dass du da bist. Ich wollte gerade wieder gehen«, erklärte BoomBoom, die von den drei Pferden auf der Koppel beäugt wurde.

»Haben wir ein Glück«, erwiderte Harry trocken. Mrs. Murphy, Pewter und Tucker rangelten darum, wer zuerst aus dem Transporter käme.

Pewter gewann nur deshalb, weil sie sich von Mrs. Murphys Rückens abstieß, die Sitzkante berührte, hinunterglitt, die Vorderpfoten auf die Trittstufe stellte und auf dem Boden landete.

»Ichkann nicht glauben, dass du das getan hast!« Mrs. Murphy war wütend.

»Dudeljöh.« Die graue Katze lief schnurstracks zum Haus, weil sie wusste, dass auf der Küchenanrichte ein großer Napf mit Katzenkeksen wartete.

»Ziemlich gut für ein dickes Mädchen.« Tucker kletterte vorsichtig heraus.

»Halt ihr nicht die Stange.«

»Tu ich nicht, aber sie ist erstaunlich.«

Die Katze erwiderte lachend:»Du hast ja Recht, sie kann beweglich sein, wenn sie muss. Schließlich ist sie eine Katze.«

»Ihr seid ichbezogen, ihr Katzen.« Tucker ging BoomBoom begrüßen, die sich vorbeugte und den glänzenden Hundekopf tätschelte.

Mrs. Murphy, die völlig außer sich war, stapfte in den Stall, ging in die Sattelkammer, ließ sich hinplumpsen und schrie in das winzige Mauseloch in der Mauer:»Ich weiß, dass ihr da drin seid. Ich sag euch was, noch vor dem Heldengedenktag seid ihr Mäusesouffle.«

Die Mäuse, die tief schliefen, antworteten nicht. Erst recht erzürnt, lief die Katze ins Haus, wohin sich die Menschen unterdessen zurückgezogen hatten. Vielleicht konnte sie da drinnen jemanden ärgern.

Trotz ihrer Abneigung hatte Harry sich auf ihre Manieren besonnen und BoomBoom zu einem Tee oder kalten Getränk ins Haus gebeten.

BoomBoom hatte es sich im Wohnzimmer in einem von den alten Ohrensesseln gemütlich gemacht, die Harrys Eltern vor vierzig Jahren gekauft hatten, für fünf Dollar das Stück, weil sie aus der Zeit um 1930 stammten und damals aus der Mode und zudem ramponiert waren. Seither waren sie fünfmal neu bezogen worden; das letzte Mal, vor ihrem Tod, hatte Harrys Mutter sie mit weichem grünen Leder beziehen lassen, einerseits ein Luxus, aber eine kluge Investition, wenn man die lange Haltbarkeit bedachte. Höchstwahrscheinlich würde Harry die Sessel zeit ihres Lebens nicht neu beziehen lassen müssen.

»Ich hab ein klitzekleines Problem.« BoomBoom schlug die Augen nieder, was hieß, dass das Problem soeben an Größe gewonnen hatte. »Ich hoffe, du wirst mir helfen.«

»Oh. Warum fragst du nicht Susan?« Harry schlug ihre beste Freundin vor, die besser mit BoomBoom auskam als sie.