»Susan ist verheiratet.«
»Ah.« Harry machte sich langsam ein Bild.
Mrs. Murphy kam hereinstolziert, setzte sich auf den Couchtisch und brüllte:»Alle sind schrecklich! Nur ich bin vollkommen.«
»Murphy, was ist los mit dir?« Harry schlug nach ihr, um sie aus dem Zimmer zu scheuchen.
Die Tigerkatze wich diesem plumpen Versuch aus, indem sie auf den Ohrensessel sprang und sich auf der Rückenlehne hinter BoomBooms schönen langen blonden Haaren niederließ, die zu einem schlichten Knoten geschlungen waren. Da sie frisch vom Friseur kam, waren BoomBooms Strähnen lockerer als sonst. »BoomBoom hat große Brüste. Die schlägt sich damit sicher beim Joggen ein blaues Auge. Es fällt ihr sicher schwer, sich vorzubeugen und wieder aufzurichten. Vielleicht schlägt sie mit dem Gesicht auf dem Boden auf«, trällerte sie, sehr zufrieden mit sich.
»Boom, schubs sie da runter. Sie ist ungezogen.«
»Der Krach macht mir nichts aus. Aber der Thunfischgeruch aus ihrem Mund, der macht mich fertig.«
»Thunfischgeruch?« Mrs. Murphy machte große Augen, was deren herrliche, auffällige Farbe noch mehr leuchten ließ. Sie fuhr eine scharfe Kralle aus, hakte sie gekonnt in die hübsche Schildpattspange, die Booms Haare zusammenhielt. Mit einem Ruck riss sie die Hälfte der Haare aus der Spange, so dass Booms goldblonde Frisur aus der Fasson geriet.
»Jetzt reicht's aber!« Erbost stand Harry auf, packte die Katze - die keinen Widerstand leistete - und ließ sie auf den Boden fallen. »Noch so 'ne Nummer, und du schläfst heute Nacht im Stall.«
Pewter, die die Vorstellung beobachtete, sagte gelassen:
»Sie tut nur, was du gerne tun würdest, Mom. Du kannst Boom-Boom nicht ausstehn.«
»Genau.« Durch Pewters Unterstützung ermutigt, stieß Mrs. Murphy ein neuerliches Gejaule aus.
»Erst zankt ihr euch, undjetzt seid ihr ein Herz und eine Seele. Ihr seid infantil, ihr zwei.« Tucker verdrehte die Augen. Sie hatte sich neben Harry aufs Sofa gequetscht.
»Eingroßes Won, Tucker. Gratuliere«, sagte Mrs. Murphy sarkastisch, dann kehrte sie den Anwesenden den Rücken zu, nahm ihre Schwanzspitze in die rechte Pfote und führte sie zum Mund, um sie zu putzen.
»Hihi.« Pewter musste unwillkürlich lachen, weil sie es lustig fand, aber auch, weil es den Hund wahnsinnig machte.
Tucker ignorierte die Katzen. Sie legte den Kopf auf Harrys Schoß, guckte so liebenswert wie möglich.
»Du weißt, was ich mache. Mich abreagieren. Menschen reagieren sich andauernd ab«, meinte Murphy.
»Ich würde Menschen nicht nachahmen.« Pewter dachte daran, sich zu putzen, befand aber, dass sie zu müde war. »Diesind eine Spezies, die das Motto hat: Ich kann es mir nicht immer schwer machen, aber ich kann mich bemühen. Sie machen alles so kompliziert, kein Wunder, dass sie sich abreagieren, meckern und jammern. Sie sind selbst schuld. «
»Wohlwahr«, stimmte die Tigerkatze ihr zu.
BoomBoom hatte soeben eine elliptische Tangente beendet, die endlich zum Anfangspunkt zurückkehrte, nämlich dass sie Harrys Hilfe brauchte, »... du siehst also, Susan wäre nicht die Richtige, und Lottie Pearson ist übereifrig, falls du verstehst, was ich meine. Sie besucht Partys in Washington, Richmond und Charlotte, immer auf der Suche nach einem Mann mit Moneten. Sie wird langsam panisch von wegen Heirat, das schwör ich dir. Natürlich sagt sie, dass sie unterwegs ist, um Spender für die Universität zu werben. Ihre Arbeit als Spendensammlerin deckt eine große Menge Sünden, das schwör ich dir.« Lottie Pearson war eine Bekannte von BoomBoom, die sie manchmal mochte und manchmal nicht. Heute war ein Nicht-mögen-Tag.
Harry, die fürchtete, was kam, warf rasch ein: »Aber Lottie Pearson ist ledig und Susan nicht. Das ist ein Pluspunkt.«
Harry kam darauf zurück, dass BoomBoom es zuvor verworfen hatte, sich an Susan um Hilfe zu wenden. Sie wünschte, BoomBoom würde zur Sache kommen. Was genau wollte sie?
»Lottie Pearson macht alles kompliziert. Ich möchte nicht, dass meine Freunde über ihre Vermögensverhältnisse ausgefragt werden.«
»Boom, ich komm nicht ganz mit. Was für Freunde? Wieso Vermögensverhältnisse?«
Nach einem langen, erfrischenden Schluck dampfendem Plantation-Mint-Tee stellte die groß gewachsene Frau die Tasse auf die dazugehörige Untertasse und setzte beides auf dem Couchtisch ab. »Das Porzellan deiner Großmutter. Ich erinnere mich an deine Großmutter.«
»Moms Mom.« Harry lächelte, als ihr das Bild einer schlanken, silberhaarigen Dame durch den Kopf ging.
»Sie war eine gute Lehrerin. Im Pony Club.«
Im Pony Club lernen junge Menschen alles über den Umgang mit Pferden. Reiten ist nur ein kleiner Teil dieser Künste.
Harry beugte sich vor. »Weißt du noch, wie sie uns das Zaumzeug zerlegen, in Wasser tauchen und dann wieder zusammensetzen ließ, und sie hat jede einzelne Arbeit begutachtet. Wie Susan mogeln wollte und eine Zahnbürste genommen hat, um die Gebissstange rundum sauber zu machen, statt sie ganz auseinander zu nehmen?«
BoomBoom lachte. »Und dann hat sie einen Vortrag über Abkürzungen gehalten. Hey, ich kann ihre Stimme noch hören, wenn ich den bequemen Weg erwäge - >der kürzeste Weg ist oft der längste.««
Da sie auf die vierzig zugingen, sahen beide Frauen langsam ein, dass gemeinsame Erlebnisse bindend waren. Die Zeit verfügt über die größte Macht. Männer, die im Krieg auf entgegengesetzten Seiten gekämpft hatten, fühlten sich im Alter ihren ehemaligen Feinden oft mehr verbunden als eigenen Landsleuten, die jünger waren.
»Weißt du«, BoomBoom senkte die Stimme, ein lieblicher tiefer Sopran, ein Gegensatz zu Harrys klarem Alt. Hätten die zwei zusammen gesungen, würden sie himmlisch geklungen haben. »Ich bin seit einer Weile mit diesem göttlichen Mann zusammen. Er ist so interessant. Er ist weltmännisch, spricht vier Sprachen, und er ist wahnsinnig intelligent. Er kommt dieses Wochenende hierher, und in letzter Minute sagte sein Assistent an der Botschaft, er kann mitkommen und .«
»Botschaft?«
»Ja. Er ist Staatssekretär des Botschafters von Uruguay.«
»Wer?« Harry kämpfte gegen ihre Wut.
»Mein Freund, Thomas Steinmetz, ist Staatssekretär.«
BoomBoom hob die Hände. »Ich rede drum herum. Magst du den Freund meines Freundes begleiten? Das war es, was ich fragen wollte.«
Also, das war interessant. Katzen und Hund wandten die Köpfe und sahen Harry an, die blinzelte.
»Sag was«, riet Mrs. Murphy Harry.
»Äh .«BoomBoom bemühte sich um etwas mehr Zusammenhang, nachdem die Katze jetzt sozusagen aus dem Sack war. »Gut aussehend. Witzig. Wirklich sehr witzig. Frisch geschieden.«
»Wie frisch?«
»Äh-hm, ein Jahr.«
»Wieso fragst du mich eigentlich?«
»Weil du witzig bist, weil du sehr attraktiv bist und weil, na ja, man kann nie wissen.« Sie hielt die Hand hoch, ihr großer Diamant warf das Licht zurück.
»Was wissen?«
»Wann der Blitz einschlägt.«
Harry drückte sich ein bisschen tiefer ins Sofa. Tucker weigerte sich zu weichen. »Tucker.«
»Ichwill nichts verpassen«, antwortete der helläugige Corgi auf die Beschwerde.
»Ha«, kicherten die zwei Katzen.
»Harry, du musst mehr ausgehen.« BoomBoom griff wieder nach der Teetasse.
»Wie ironisch, wenn so was von dir kommt.«
Als Harry und Fair sich getrennt und die Scheidung eingereicht hatten, hielt seine kurze Affäre mit BoomBoom die Klatschzungen in Crozet in Bewegung. Es war wie die Kleinstadtversion der Präsentation auf den Titelblättern der Regenbogenpresse.