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Mutter war zu höflich, um zu widersprechen, doch allein ihr Schweigen machte offensichtlich, daß sie nicht dieser Ansicht war.

Die Priesterin sprach noch immer. »Muf, der Sohn der Kriegskönigs, wird etwa zu gleichen Zeit wie unsere Emeez hier ins richtige Alter kommen.«

Nach einer kurzen Pause lachte Mutter auf. »Es kann doch nicht dein Ernst sein, daß du …«

»Ein Mädchen, das nach all diesen Jahrhunderten das Echo von Zz hört …«

Mutter protestierte noch immer. »Aber Muf wird nicht glücklich sein, so ein …«

»Muf will Kriegskönig werden. Er wird heiraten, wie die Götter es befehlen. Und was mich betrifft, so haben die Götter heute hier entschieden.«

Aber es waren doch gar nicht die Götter, dachte Emeez. Eigentlich habe ich doch ihn gewählt.

»Es ist zuviel für sie«, sagte Mutter. »Sie hat eine solche Ehre nicht erwartet.«

»Die Mädchen, die sie erwarten«, sagte die Priesterin, »sollten sie niemals bekommen.«

Endlich konnte Mutter es glauben — oder vielleicht war ihr auch endlich klar geworden, daß schon ihre bloße Ungläubigkeit Emeez verriet, was sie von ihr hielt. Aus welchem Grund auch immer — schließlich quiekste Mutter erfreut auf und umarmte Emeez.

Bevor sie gingen, mußte Emeez der Priesterin zeigen, welchen Gott sie betrachtet hatte. Sie wußte es jedoch, sobald Emeez sie in den kleinen Nebenraum geführt hatte. »Der große häßliche, nicht wahr? Niemand hat ihn je berührt.«

»Aber er ist wunderschön gearbeitet«, sagte Emeez.

»Ja, das stimmt«, sagte die Priesterin. »Keine großen Hände wie die unsrigen könnten je eine so komplizierte Perfektion schaffen. Deshalb benutzen die Götter das Himmelsfleisch, damit sie ihnen körperliche Gestalt geben. Aber dieser hier — ich habe mich stets gefragt, was er tun kann, da niemand ihm je Gelegenheit gab, ein Kind zu machen oder den Regen zu bringen oder etwas in dieser Art. Er muß auf dich gewartet haben, Kind.« Erneut streichelte die alte Priesterin Emeez’ Haar.

Ich werde die Frau des neuen Kriegskönigs sein, falls er sich als würdig erweist, seinem Vater zu folgen. Ich werde ihm auf jede erdenkliche Weise helfen, sich als würdig zu erweisen. Und ich werde ein wunderschönes Zimmer für ihn einrichten, mit Teppichen und Wandbehängen, Körben und Umhängen, die schöner sind, als man sie je gesehen hat. Und wenn die Leute ihn sehen, werden sie nicht denken: Seht euch diesen armen Mann an, der eine so haarige Frau hat. Statt dessen werden sie sagen: Die Frau des Kriegskönigs mag zwar haarig sein, aber sie hat unseren König mit Schönheit umgeben.

Ich werde dir dieses Geschenk nie vergessen, sagte Emeez stumm zu dem wunderschönen häßlichen Gott.

»Wirst du diesen Gott jetzt ins Freie stellen?« fragte Mutter.

»Nein«, sagte die Priesterin. »Und ihr dürft niemandem sagen, welcher Gott es war, der dem Mädchen diese Worte in den Mund gelegt hat. Dieser Gott ist nie berührt worden. So soll es auch bleiben.«

»Ich habe nie gehört, daß man einen mächtigen Gott so behandelt«, protestierte Mutter.

»Und ich habe nie gehört, daß ein unberührter Gott überhaupt Macht hat«, sagte die Priesterin. »Also haben wir hier keine Präzedenzfälle. Deshalb … werden wir tun, was auch immer funktioniert. Und es scheint ganz wirksam zu sein, diesen Gott nicht zu berühren. Das genügt mir.«

Und mir auch, sagte Emeez stumm. Dann wiederholte sie laut die ersten und klarsten Worte, die der Gott gesprochen hatte. »Ich akzeptiere dich.«

»Spare dir diese Worte für deinen Gatten auf«, sagte Mutter. »Jetzt gehen wir lieber nach Hause, solange noch Zeit ist, ein gutes Abendessen zu bereiten.«

Auf dem gesamten Nachhauseweg wiederholte Mutter immer wieder, daß Emeez diese Dinge für sich behalten mußte und vor niemandem damit prahlen durfte, bis die alte Vleezh eine öffentliche Erklärung abgegeben hatte. Denn bis dahin konnte sie es sich ja jederzeit noch anders überlegen. »Oder sie stirbt vielleicht. Sie ist alt. Und du glaubst doch wohl nicht, daß irgendeine andere Priesterin auch nur im geringsten beeindruckt sein würde, wenn ich dich zu ihr brächte und sagte: Aber Vleezh hat gesagt, daß sie meine Emeez mit Muf zusammentun wird, dem Sohn des Kriegskönigs.«

Nein, natürlich glaube ich das nicht, Mutter. Wer würde es schon glauben?

Doch in ihrem Hinterstübchen nagte weiterhin eine Frage an ihr, die sowohl Mutter als auch die Priesterin übersehen zu haben schienen. Was hatte es zu bedeuten, daß die Verlorenen nach Hause kamen? Wer kam? Und wieso waren sie verloren? Hatten sie sich verirrt? Und warum hatte ausgerechnet dieser seltsame häßliche Gott ihnen diese Nachricht mitgeteilt, von all den tausenden Göttern in der heiligen Höhle?

Ich werde aufpassen und warten, dachte Emeez. Ich glaube, der Gott wollte mit diesen Worten mehr erreichen, als mich mit einem höherstehenden Gatten zu verheiraten — mehr, als ich je erwarten konnte. Also werde ich herauszufinden versuchen, was die Mitteilung des Gottes in Wirklichkeit bedeutet. Und falls ich es herausfinde, werde ich es verkünden, das oder alles andere, was der Gott mich verkünden lassen will. Wenn es geschieht, wird mir klar sein, was ich zu tun habe.

Emeez fragte sich nicht, woher sie das alles wußte. Statt dessen überlegte sie, welches Wort sie ihrem Namen hinzufügen sollte, denn die Frau des Sohns des Kriegskönigs durfte nicht nur mit ihrem Entwöhnnamen genannt werden. Emeezuuzh? Uuzh war die Endung, die Mutter an ihrem Tag des Ruhms angenommen hatte, als ihr Korb für das Begräbnis des alten Blutkönigs ausgewählt worden war. Aber es war ein sanfter Name, ein zarter Name, wenn eine Frau ihn wählte. Emeez wollte einen stärkeren Namen haben. Sie würde darüber nachdenken müssen. Ihr blieb noch viel Zeit, bis sie sich entscheiden mußte.

7

Ein Sturm auf See

Zdorab war in der falschen Epoche geboren worden. Bis jetzt hatte er das nicht begriffen. Oh, er wußte durchaus, daß er nicht dorthin paßte, wo er aufgewachsen war oder in Basilika gewohnt hatte, bevor Nafai ihm die Gelegenheit gab, sein Leben zu retten, indem er ihn in die Wüste begleitete. Doch nun, am Ende seiner zweiten Schicht als Lehrer der Kinder an Bord des Raumschiffs Basilika — gemeinsam mit Nafai —, wußte Zdorab, wohin er in Wirklichkeit gehörte. Das Problem war nur, daß die Kultur, die vielleicht Wert auf ihn gelegt hätte, vor vierzig Millionen Jahren untergegangen war.

Wer auch immer dieses Raumschiff mit seinem vorzüglichen Entwurf und seinen handwerklichen Qualitäten erbaut hatte, war zu bewundern. Doch erst, nachdem Zdorab auch in dem Schiff gelebt hatte, wurde ihm klar, daß er die Lebensweise der Erbauer auch schätzte. Natürlich waren sie auf das Schiffsinnere beschränkt, doch Zdorab hatte auf das Leben unter freiem Himmel noch nie gesteigerten Wert gelegt. Er vermißte keine Insekten. Er vermißte weder übermäßige Hitze oder Kälte noch Feuchtigkeit oder Trockenheit. Er vermißte weder die Ausscheidungen von Tieren noch die Gerüche seltsamer Dinge, die gerade gekocht oder schon längst verfault waren.

Doch nicht nur das Fehlen von Ärgernissen ließ ihn Geschmack am Leben an Bord des Schiffes finden, sondern in erster Hinsicht die positiven Dinge. Jede Nacht ein bequemes Bett. Eine tägliche Dusche mit sauberem Wasser. Ein Leben, das sich auf die Bibliothek konzentrierte, auf das Lernen und Lehren. Computer, auf denen man arbeiten, aber auch spielen konnte. Musik, die perfekt wiedergegeben wurde. Toiletten, die sich selbsttätig säuberten und denen keine üblichen Gerüche anhafteten. Kleidung, die man reinigen konnte, ohne sie waschen zu müssen. Mahlzeiten, die in wenigen Augenblicken zubereitet wurden. Und das alles, während man sich auf einer hundertjährigen Reise mit unvorstellbarer Geschwindigkeit zu einem anderen Stern befand.