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Elemak wußte es besser. Wären sie aufrichtig gewesen, hätte man ihr Verhalten nur als schändlich bezeichnen können. Aber er kannte die Wahrheit über die vier Entführer. Treulos, das waren sie. Feiglinge. Fusum hatte sie zu ihrer Tat gezwungen, und nun wollten sie sich bereitwillig von Elemak dazu zwingen lassen, etwas anderes zu tun. Falls Fusum einen Funken Verstand hatte, würde er sie alle töten lassen, sobald er an die Macht kam.

Und Fusum würde an die Macht kommen. Davon war Elemak überzeugt. Denn je mehr er von den Entführern hörte, desto besser glaubte er Fusum zu kennen, zu wissen, was er dachte, wie er fühlte, was er wollte, und was er tun würde, um zu bekommen, was er wollte.

Was er wollte, war ganz einfach: Macht.

Und was würde er tun, um sie zu bekommen? Was immer dazu nötig war.

Elemak kannte Fusum, weil er Fusum war. Oder zumindest Fusum sein könnte, falls dieser Sohn des Blutkönigs genug Verstand hatte, um die Situation richtig einzuschätzen und seine Zeit abzuwarten, wie Elemak es tat.

Und so kam der Tag, da Schedemei Fusums Tiefschlafkammer bereitmachte.

»Ich wäre gern mit ihm allein, wenn er zu sich kommt«, sagte Elemak.

Sie musterte ihn ruhig. »Und warum das?«

»Weil ich ihn kenne«, sagte Elemak. »Aus dem, was die anderen gesagt haben. Der hier ist gefährlich, und wenn er gezähmt werden soll, muß ich ihm zeigen, wer der Herr ist. Wenn du hier bist, wird er sehen, daß noch ein anderer Mensch damit zu tun hat. Dann wird er nicht wissen, daß ich die alleinige Kontrolle über jeden Aspekt seines Lebens habe. Siehst du das ein?«

»Das sehe ich ein«, sagte Schedemei. »Trotzdem bin ich anderer Meinung.«

»Aber du wirst mich mit ihm allein lassen«, sagte Elemak.

»Das werde ich, weil Volemak gesagt hat, du sollst die Dinge auf deine Weise handhaben.« Sie drehte ihm den Rücken zu und ging.

Nach einer Weile glitt die Klappe zurück, und Fusum lag vor ihm. Er blinzelte und versuchte, seine Umgebung zu erfassen. Elemak griff mit einer Hand hinab, legte sie um seinen Hals, riß ihn fast in eine sitzende Position hoch und brüllte ihn an: »Du hast meine Tochter gestohlen! Du wolltest sie essen! Bist du so ein Krieger? Gegen Kinder kannst du kämpfen, aber vor Männern duckst du dich?«

Fusums erste Reaktion war nicht Furcht, sondern Zorn. Elemak sah erfreut, wie Fusum mit Armen, die von den Tiefschlafmedikamenten noch schwach waren, nach ihm griff und versuchte, ihm das Herz aus der Brust zu reißen. Sehr gut. Du bist also kein Jammerlappen, was? »Und jetzt greifst du mich an, du Narr!« Ihn noch immer an der Kehle haltend, zerrte Elemak ihn aus der Kammer und warf ihn gegen die gegenüberliegende Wand.

Ah, ja, das war kein schwaches und zerbrechliches Spielzeug, wie der Engel es gewesen war. Sein Körper war nicht gebrochen. Er sprang sofort wieder auf, entblößte die Zähne und spreizte die Hände zum Kampf. Aber er war geschwächt und noch benommen. Es war kein fairer Kampf, und genauso hatte Elemak es gewollt. Es ging um Autorität und Dominanz, nicht um Gerechtigkeit. Wäre es um Gerechtigkeit gegangen, hätte Elemak ihn in seinem Schlaf erwürgt.

Fusum sprang ihn an — eine hohe, federnde Bewegung, die Elemak vielleicht überrascht hätte, hätten die Entführer nicht schon ihre Kampftechniken bei Schaukämpfen demonstriert. Nur um die Worte für alle Dinge zu lernen, die ihr tut, hatte er ihnen erklärt. Nun, er hatte die Worte gelernt. Er hatte auch die körperliche Antwort darauf gefunden. Und so stellte Fusum fest, daß sein eigenes Gewicht gegen ihn gerichtet wurde, als er wieder zu Boden geworfen wurde, diesmal auf den Gang hinaus, so daß er noch ein gutes Stück weiterschlitterte und -rutschte, bis er erneut gegen eine Wand prallte.

Mit einem Knurren nahm er den Kampf wieder auf, doch seine Füße fanden auf dem glatten Boden kaum Halt, und er konnte nicht genug Schwung bekommen, um Elemak von den Füßen zu holen oder auch nur kurz aus dem Gleichgewicht zu bringen. Als die Wirkung der Medikamente nachließ, war er körperlich erschöpft und durch seine unzähligen Niederlagen durch Elemaks Hände erniedrigt.

Als Fusum sich schließlich nicht mehr bewegen konnte, ergriff Elemak ihn an einem Hinterbein und schleppte ihn durch den Gang zur mittleren Leiter. Dann trug er ihn in den verschließbaren Raum, der Fusums Zelle sein würde, wenn Elemak nicht bei ihm war. Dabei unternahm er keine Anstrengungen, den Kopf und Körper des Wühlers vor Schmerz zu bewahren, und ermöglichte es Fusum auch nicht, wieder so weit ins Gleichgewicht zu kommen, daß er sich selbst schützen konnte. As sie vor dem Raum angelangt waren, stieß er Fusum hinein, folgte ihm, schloß die Tür und stand lachend da.

Die Wühler lachten nicht, wie die Menschen es taten, doch die Botschaft kam deutlich hinüber. Fusum erhob sich auf seine Hinterbeine und entblößte seinen unbehaarten rosa Bauch. »Wirst du mich wie ein Mann opfern?« fragte er. »Hier ist mein Leib! Reiße mein Herz und meine Eingeweide heraus und esse sie vor meinen Augen — es ist mir egal. Ich esse soviel davon, wie ich dir abnehmen kann!«

Elemak erkannte Tapferkeit, wenn er sie sah. »Ich würde lieber meine eigene Scheiße essen, bevor dein feiges Blut meine Lippen berührt.«

»Also willst du mir den Tod eines Feiglings bereiten. Hier ist meine Kehle. Schneide sie durch, es ist mir gleichgültig. Das Leben bedeutet mir nichts mehr, denn jetzt, wo ihr Götter hier seid, sind Männer nichts mehr wert. Es gibt keine Männer mehr. Nur noch Frauen und Feiglinge mit zwei Schwänzen.«

Unwillkürlich mußte Elemak erneut lachen. Dieser Trotz! Das war ein Junge nach seinem Geschmack. Aber andererseits wäre es eine Enttäuschung gewesen, wenn er nicht genau so reagiert hätte. Ein Obring hätte gekrochen und um sein Leben gefleht. Ein Vas wäre verdrossen und stumm gewesen. Ein Mebbekew hätte zu handeln, irgend etwas für sich herauszuschlagen versucht. Aber er hier, Fusum, er war wirklich ein Mann und gab sein Bestes, um Elemak jede Freude und jeden Triumph über den Sieg zu nehmen.

»Narr«, sagte Elemak in der Wühlersprache. »Ich will dich nicht töten. Ich will, daß du König wirst.«

Das brachte den Wühler so abrupt zum Schweigen, wie es nichts anderes vermocht hätte.

»Dein Vater ist nichts wert«, sagte Elemak. »Emeezem beherrscht ihn. Mufruzhuuzh ist kein Kriegsführer. Er könnte ebensogut schwingenloses Himmelsfleisch sein, so nutzlos ist er. Ich dachte, deine Mitverschwörer, die vier Entführer, wären vielleicht Männer, aber sie sind nichts, sie haben dich frohen Herzens verkauft, um ihr eigenes Leben zu retten, und dir jede Schuld in die Schuhe geschoben.« Elemak ahmte ihre Stimmen nach, sprach plötzlich hoch und feminin. »Oh, Fusum hat uns getäuscht. Er hat uns dazu gezwungen. Es war nicht unsere Schuld. Hätten wir doch nur gewußt, daß ihr wirklich Götter seid.«

Fusum zischte als Antwort und verspritzte Speichel durch Elemaks gesamte Seite des Raumes. Es war die äußerste Geste der Verachtung. Wäre Elemak ein Wühler gewesen, hätte sie einen Kampf bis zum Tod provoziert.

Doch Elemak lachte nur. »Wäre dein Speichel Gift, wäre er es vielleicht wert, über mich gespritzt zu werden. Aber so ist es sinnlos. Wenn du dein Volk retten, wenn du verhindern willst, daß ihr unsere Sklaven werdet, bin ich die einzige Hoffnung, die du noch hast.«

»Wenn du meine Hoffnung bist, habe ich keine Hoffnung.«

»Du bist wirklich ein Narr. Aber was kann ich schon von dir erwarten? Schließlich bin ich ein Gott, und du bist ein Wurm, der in der Erde kriecht.«