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Um ehrlich zu sein … Nafai hatte es vielleicht auch nicht genossen. Aber so gutherzig er auch sein mochte, er war ein Mann, und Männer schienen ein obszönes Vergnügen daran zu finden, die Oberhand zu bekommen, den Sieg davonzutragen. Schedemei hingegen wollte es einfach nur wissen. Aber vielleicht kam es gar nicht darauf an, ob man ein Mann oder eine Frau war. Vielleicht lag es nur daran, daß Schedemeis Verbindung mit anderen Menschen nie sehr stark gewesen war, zumindest nicht im Vergleich mit ihrer Liebe zu ihrer Arbeit, ihrer Hingabe für das Verständnis, wie das Leben funktionierte. Aber macht das wirklich einen Unterschied? dachte sie. Nafai und Elemak waren geboren, um Menschen zu beherrschen, und entschlossen, den Sieg übereinander zu erringen. Aber ich fühle mich auch zum Herrschen geboren. Allerdings nicht über Männer und Frauen, sondern über Organismen, genetische Kodes, Lebenssysteme, Ökologien. Und wie Nafai und Elemak werde auch ich mich durchsetzen.

Das Problem heute würde nicht Elemak sein … eigentlich nicht. Das Problem würden die Wühler sein. Schedemei konnte Elemak und seine menschliche Gefolgschaft problemlos aufhalten. Aber sie konnte nicht alle von Fusums Soldaten aufsuchen und zurückhalten, und diese würden das Töten übernehmen, wenn sie die Nafari einholten, solange sie noch unterwegs waren, behindert durch Kinder und Säuglinge, Vorräte und Tierherden.

Was auch immer Schedemei also tun würde, sie würde die Wühler überzeugen müssen, daß sie warteten; wenn die Wühler nicht gingen, würde auch Elemak warten müssen.

Deshalb ging Schedemei durch das Dorf und schenkte dem Geschrei nicht die geringste Beachtung, als Elemak, Mebbekew und Protschnu alle Häuser durchsuchten, genauer gesagt, durchwühlten, und einander zuriefen, wer alles verschwunden war, und von Verrat sprachen. Mebbekew schaute sie an und rief ihr etwas zu, suchte dann brüllend nach Elemak, rief, daß auch Schedemei geblieben war und daß sie das Schiff einfach nicht verlassen konnte. »Wir haben die Laboratorien! Wir haben die Computer! Wir haben die Überseele!« Doch später würde noch genug Zeit bleiben, ihm die Illusionen zu nehmen.

Schedemei ging zu der Stelle, an der die Wachen der Wühler sich entsetzt berieten und sich fragten, was mit ihnen geschehen würde, wenn Fusum irgendwie erfuhr, daß sie fast die ganze Nacht durchgeschlafen und nichts gesehen und gehört hatten, während die meisten Menschen entflohen waren. »Fusum wird euch töten«, sagte sie in ihrer stockenden Wühlersprache.

Sie antworteten ihr in der Menschensprache, wofür sie dankbar war: »Was können wir tun? Was ist mit uns geschehen? Jemand hat uns vergiftet!«

»Es war der Hüter der Erde«, sagte sie. »Der Hüter der Erde hat euch zurückgewiesen, da ein Mörder über euch herrscht. Ihr habt einen Mörder zu eurem Blutkönig und eurem Kriegskönig gewählt.« Dann ließ sie mit einiger Anstrengung ihre Haut aufleuchten. »Habt ihr etwa geglaubt, es würde unbemerkt bleiben, daß Fusum die Statue des Unberührten Gottes entweiht hat?«

Sie verabscheute es, dies zu tun. Es war sehr mühsam gewesen, die Wühler vom Aberglauben zu befreien, und nun fachte sie all ihre alten Ängste und religiösen Überzeugungen wieder an. Doch wie sonst konnte sie angesichts der geringen Macht, die sie hatte, Kontrolle ausüben?

Sie warfen sich vor Schedemei auf den Rücken, boten ihr in einer Geste der Unterwerfung die Unterleibe an.

»Ich will eure nackten Bäuche nicht«, sagte sie. »Verhaltet euch doch mal wie Männer! Hättet ihr euch zuvor wie Männer benommen, wäre der Hüter der Erde jetzt nicht so wütend auf euch.«

»Was sollen wir tun, Große?«

»Bringt mir den Freund-Töter, den Lügner, der Nen auf der Jagd ermordet hat.«

Die Anklage war wie eine elektrische Strömung, die sie plötzlich durchfloß. »Also war es nicht der Panther! Nicht der Panther!« sagten sie.

»Da war ein Panther«, sagte Schedemei, »aber der Panther hat einen Mann getötet, der zuvor durch einen Schlag von einem Freund niedergestreckt worden war.« Noch während sie dies sagte, fragte sie sich, ob es stimmte, und falls ja, woher sie es wußte.

›Das frage ich mich selbst.‹ Die Stimme der Überseele war klar und deutlich in ihrem Kopf.

Könnte es wahr sein? fragte sie.

›Ich gebe auf die Menschen acht. Ihr seid die einzigen, die so verändert wurden, daß ihr mich hören könnt, so daß es mir möglich ist, euren Verstand zu erreichen.‹

Aber wir haben zwölf Satelliten in die Umlaufbahn gebracht, sagte sie. Du mußt sie doch sehen können, auch wenn du ihre Gedanken nicht hören kannst.

›Ich wurde nie darauf programmiert, auf Tiere zu achten.‹

Nun, erwiderte Schedemei wütend, ich programmiere dich jetzt darauf, die Wühler und Engel zu behandeln, als wären sie Menschen.

›Sie sind keine Menschen, also kann ich sie auch nicht als solche betrachten.‹

Dann tue folgendes, sagte Schedemei stumm. Erinnere dich daran, daß die Menschen jetzt unter Wühlern und Engeln leben müssen und unsere Sicherheit und unser Überleben davon abhängt, daß du beobachtest, was diese intelligenten Wesen tun. Du mußt es stets wissen.

›Ich habe nicht die Möglichkeiten, die mir auf Harmonie zur Verfügung standen. Ich habe nicht die Macht, den Speicherplatz, die Schnelligkeit und die Augen, sie alle zu beobachten.‹

Gib dein Bestes.

›Und wenn du mir den Auftrag erteilst, an mathematischen Problemen zu arbeiten oder Untersuchungen und Vergleiche vorzunehmen, Schedemei, kann ich so gut wie überhaupt nichts beobachten.‹

Tue innerhalb deiner Grenzen, innerhalb einer vernünftigen Anordnung von Prioritäten, einfach dein Bestes.

›Wir werden kurz über lang ein ausführliches Gespräch über Prioritäten führen müssen.‹

Tu nicht so, als wärest du hilflos. Ich weiß, was du bist, und wer du bist. Du mußt mir nichts erklären. Jetzt tue dein Bestes, mir zu helfen, Elemak zu verstehen.

›Töte ihn nicht.‹

Das hatte ich auch nicht vor, hätte Schedemei beinahe gesagt. Dann aber wurde ihr klar, daß sie in ihrem Hinterstübchen genau das geplant hatte. Wären sowohl Fusum als auch Elemak tot, wären die Nafari in Sicherheit.

Warum soll ich ihn nicht töten? fragte sie.

›Die Wühler müssen gebändigt werden. Ojkib erklärt dies in diesem Augenblick Nafai und Issib. Wenn sie nicht von einem mächtigen Anführer gezügelt werden, laufen sie Amok und töten Engel wie Menschen gleichermaßen. Der Zorn und die Gier nach Blut ist nach so langer Zurückhaltung in ihnen sehr stark. Fusum hat sie nicht veranlaßt, nach Krieg zu gieren; er hat diese Gier ausgenutzt, um an der Macht zu bleiben. Er ist auf dem Panther geritten, hat den Panther aber nicht beherrscht, und jetzt hast du diesen Panther von ihm befreit.‹

Ich habe ihm doch noch gar nichts getan.

›Überall in der Wühlerstadt haben sie sich in einer Revolte erhoben, weil sie die Geschichte erzählen, wie du, die Frau des Turms, leuchtend und zornig herausgekommen bist und sie alle wegen Fusums Verrat verdammt hast.‹

Wie kannst du das wissen?

›Ojkib weiß es. Er hört die Gebete und die Flüche. Ich habe dir doch gesagt, daß ich keine Augen habe, die mir zeigen, was die Wühler unter der Erde tun.‹

Also glaubt Nafai, daß ich Elemak brauche, um die Wühler in Schach zu halten.

›Nafai sagt, wenn sie erst in der Sicherheit ihrer neuen Heimat sind, können sie jeden Angriff abwehren. Natürliche Verteidigungen, gefährliche Steigungen, auf denen die Wühler den Pfeilen der Engel ausgesetzt sind — das wird genügen, falls er sie sicher dorthin bringen kann.‹

Dann hat Nafai das von Anfang an geplant, nicht wahr? Als er mir den Mantel gab, hat er gewußt, daß er mich braucht. Daß ich dies für ihn tun muß.