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Gegen Ende der Woche verließ er das Tal bei Sonnenaufgang. Er machte sich zu Fuß auf den Weg, eingehüllt in einen Mantel, der ihn vor Wind und Wetter schützen sollte, und mit einem Rucksack voller Vorräte. Das meiste, das er brauchte, würde er unterwegs finden. Er wanderte nach Westen zum Dunkelstreif und blickte sich nicht um, bis der Kamin außer Sichtweite war. Ondit war zurückgeblieben. Es fiel ihm schwer, die große Katze zu verlassen; mit ihr an seiner Seite hätte er sich wohler gefühlt. Nur wenige lebende Wesen konnten einer ausgewachsenen Moorkatze etwas anhaben. Trotzdem wäre es für Ondit außerhalb der schützenden Grenzen des Ostlandes gefährlich gewesen, wo sie sich nicht so leicht verstecken konnte und wo sie ihres natürlichen Schutzes beraubt war. Außerdem war dies allein Walker Bohs Suche.

Die Ironie, die mit seiner Entscheidung für die Suche verbunden war, blieb ihm nicht verborgen. Er war derjenige, der geschworen hatte, sich niemals mit den Druiden und ihren Machenschaften einzulassen. Er hatte Par auf seiner Reise zum Hadeshorn nur widerwillig begleitet. Er hatte dem Treffen mit dem Geist von Allanon den Rücken gekehrt in der Überzeugung, daß die Druiden mit den Ohmsfords ihre Spiele trieben und sie für ihre eigenen verborgenen Ziele benutzten. Cogline hatte er buchstäblich aus seinem Haus geworfen, hatte betont, daß die Bemühungen des anderen, ihn die Geheimnisse der Magie zu lehren, seine Entwicklung eher behindert als gefördert hatten. Er hatte damit gedroht, das Geschichtsbuch der Druiden, das der alte Mann ihm gebracht hatte, in den tiefsten Sumpf zu werfen.

Aber dann hatte er über den schwarzen Elfenstein gelesen, und das hatte alles verändert. Er konnte immer noch nicht sagen, warum. Teilweise lag es an seiner Neugier, seiner unstillbaren Wißbegierde. Existierte überhaupt so etwas wie der schwarze Elfenstein? War er in der Lage, das entschwundene Paranor zu neuem Leben zu erwecken, wie es die alten Geschichten verhießen? Fragen, die beantwortet werden mußten. Geheimnisse mußten enthüllt werden. Es gab ein Wissen, das nur darauf wartete, entdeckt zu werden. Genau diesem Ziel hatte er sein Leben verschrieben.

Er wollte glauben, daß auch seine Fairness und sein Mitgefühl Antrieb für ihn waren. Trotz allem, was er von den Druiden hielt, konnte etwas in Paranor schlummern, das den Vier Ländern im Kampf gegen die Schattenwesen von Nutzen sein konnte. Er fühlte sich unwohl bei dem Gedanken daran, daß er, sollte er nicht gehen, die Rassen zu einer Zukunft verdammen würde, wie sie der Geist des Druiden beschrieben hatte.

Als er aufbrach, nahm er sich vor, nur das zu tun, was er tun mußte, und nicht mehr als das, was er für vernünftig hielt. Er wollte, jetzt und für alle Zeiten, sein eigener Herr bleiben und nicht das Spielzeug werden, zu dem Allanons Geist ihn machen wollte.

Die Tage waren still und schwül, die sommerliche Hitze lastete immer schwerer auf ihm, während er durch die Wildnis schritt. Im Westen waren Wolken am Himmel aufgezogen. In den Bergen warteten Stürme auf ihn.

Er schritt am Mangoldstrom entlang und stieg in das Wolfsktaaggebirge hinauf, um es dann wieder hinter sich zu lassen. Nach einem dreitägigen Fußmarsch erreichte er schließlich Storlock. Die Störs versorgten ihn mit frischen Vorräten, und am Morgen des vierten Tages machte er sich auf den Weg, um die Rabbebene zu durchqueren. Mittlerweile hatten ihn die Stürme eingeholt, und der Regen, der auf ihn herabrieselte, hüllte die Landschaft in einen grauen Schleier. Föderationspatrouillen zu Pferd und Händlerkarawanen tauchten auf und verschwanden gleich Geistern, ohne ihn zu bemerken. In der Ferne hörte er Donnergrollen, ein Grollen der Unzufriedenheit, das durch die Leere hallte.

Er verbrachte die Nacht in der Rabbebene, wo er in einem Pappelhain sein Lager errichtete. Da er kein trockenes Feuerholz fand und bereits völlig durchnäßt war, zitterte er vor Kälte und Feuchtigkeit.

Am Morgen ließ der Regen nach, die Wolken verzogen sich und ließen vereinzelte Sonnenstrahlen durch einen grauen Schleier zu ihm durchdringen. Er rieb sich gelassen den Schlaf aus den Augen, aß etwas Obst und Käse und machte sich wieder auf den Weg. Die Drachenzähne türmten sich drohend vor ihm auf. Er erreichte den Paß, der ins Tal von Shale und zum Hadeshorn führte, zur Halle der Könige.

Weiter wollte er an diesem Tag nicht gehen. Er errichtete unter einem Felsvorsprung, wo die Erde trocken geblieben war, sein Lager. Mit dem Holz, das er fand, machte er Feuer, trocknete seine Kleider und wärmte sich auf. Nun war er auf den morgigen Tag, an dem er sich in die Höhlen wagen wollte, vorbereitet. Er nahm eine warme Mahlzeit zu sich und beobachtete, wie die Dunkelheit sich gleich einem schwarzen Schleier aus Wolken, Nebel und Nacht auf die leere Landschaft um ihn herum niederließ. Eine Zeitlang dachte er über seine Jugendzeit nach und fragte sich, was er hätte tun können, damit sie anders verlaufen wäre. Wieder setzte Regen ein.

Er schlief gut, ohne Träume und ohne aus dem Schlaf aufzuschrecken. Als er aufwachte, fühlte er sich ausgeruht und gerüstet für das Schicksal, das auf ihn wartete. Er war zuversichtlich, wenn auch nicht ohne Vorbehalte. Es hatte wieder aufgehört zu regnen. Eine Zeitlang lauschte er den Geräuschen des erwachenden Morgens, um mögliche Anzeichen einer Gefahr auszumachen. Es gab keine.

Er hüllte sich in seinen Mantel, schulterte seinen Rucksack und machte sich auf den Weg.

Während er so marschierte, verging der Morgen. Er bewegte sich jetzt vorsichtiger, ließ seine Augen auf der Suche nach Gefahren über den kahlen Felsen, über Schluchten und Spalten gleiten, verfolgte mit den Ohren jedes kleine Geräusch.

Er betrat das Tal von Shale. In seiner Mulde glitzerte feucht das schwarze Gestein, und das Wasser des Hadeshorns blubberte wie eine dicke grünliche Suppe. Er ging eine Zeitlang am Ufer entlang, bis er den See schließlich hinter sich ließ.

Jenseits des Sees stieg der Pfad steil an, und der Aufstieg wurde beschwerlicher. Der auffrischende Wind fegte den Nebel hinweg, bis die Luft frisch und klar war. Die Temperatur sank ab, zuerst langsam, dann immer rascher, bis sie unter den Gefrierpunkt gefallen war. Eiszapfen hingen an den Felsen, und Schneeflocken wirbelten mit jedem kleinen Windstoß um sein Gesicht. Er zog seinen Mantel fester um sich.

Er kam jetzt langsamer voran, und einige Zeit schien es ihm, als käme er überhaupt nicht vorwärts. Der holprige Weg wand sich zwischen den Felsen hindurch. Der Wind pfiff unbarmherzig, fraß sich in sein Gesicht und seine Hände, stieß ihn, als wolle er ihn umwerfen. Die Berghänge schienen unverändert, und es war ihm unmöglich zu bestimmen, wie weit er gekommen war. Er gab den Versuch auf, mehr zu hören oder zu sehen als das, was vor ihm lag, und beschränkte sich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen, während er sich gleichzeitig so klein wie möglich machte, um sich vor der Kälte zu schützen.

Er mußte wieder an den schwarzen Elfenstein denken und daran, wie er wohl aussah und sich anfühlte und welcher Art seine Magie sein mochte. Während er sich dies durch den Kopf gehen ließ, gelang es ihm, die Welt, die er durchschritt, und die Unbehaglichkeit, die in ihm hochkroch, weitgehend zu vergessen. Er trug das Bild wie eine Fackel vor sich her und benutzte sie, um seinen Weg zu erhellen.

Es war Mittag, als er in eine Schlucht hineintrat, in eine breite Spalte zwischen zwei gewaltigen Felsgipfeln, die sich in ein Tal hinein öffnete; er ging auf einem schmalen, gewundenen Pfad weiter. Der Wind war mittlerweile nur mehr ein Flüstern, ein Echo, das in der plötzlich entstandenen Stille leise atmete. Die Feuchtigkeit, die die Gipfel umhüllte, sammelte sich in kleinen Seen. Walker Boh spürte, daß die beißende Kälte langsam nachließ. Mit gleichsam neu geschärften Sinnen suchte er die dunklen Spalten und Winkel der Schlucht ab, der er folgte. Plötzlich trat er aus ihr heraus. Seine Reise war beendet.

Vor ihm lag der in den Fels gehauene Eingang in die Halle der Könige, ein in die Höhe ragender schwarzer Schlund, zu dessen Seiten sich riesige steinerne Wächter in Gestalt von Kriegern in Rüstungen erhoben. Die Augen der Wächter, deren Gesichter durch Zeit und Wind verwittert waren, starrten auf Walker herunter, als könnten sie tatsächlich sehen.