AUTARCH: Und woher kommst du? Sag’s mir, und du sollst frei sein.
NOD: Nun, aus meinem Land, östlich vom Paradies.
AUTARCH: Und wo ist das?
NOD zeigt gen Osten.
AUTARCH: Und wo ist das Paradies?
NOD: Nun, hier ist das Paradies – wir sind im Paradies oder zumindest darunter.
Der GENERALISSIMUS tritt auf, marschiert zum Thron und salutiert.
GENERALISSIMUS: Autarch, wir haben alles Land über diesem Haus Absolut durchsucht, wie Ihr befohlen. Die Contessa Carina wurde gefunden und, da sie nicht ernstlich verletzt war, in ihre Gemächer geführt. Gleichfalls fanden wir den Koloß, den Ihr vor Euch seht, die juwelengeschmückte Frau, die Ihr beschrieben, und zwei Kaufleute.
AUTARCH: Was ist mit den anderen, dem nackten Mann und seinem Weib?
GENERALISSIMUS: Von ihnen fehlt jede Spur.
AUTARCH: Sucht noch einmal, und diesmal genauer!
GENERALISSIMUS (salutiert): Wie mein Autarch wünscht.
AUTARCH: Und laßt die juwelengeschmückte Frau zu mir bringen.
NOD will gehen, wird aber von den Piken aufgehalten. Der GENERALISSIMUS zieht seine Pistole.
NOD: Bin ich nicht frei und kann gehen?
GENERALISSIMUS: Keineswegs.
NOD (zum AUTARCHEN): Ich habe Euch beantwortet, wo mein Land liegt, östlich von hier …
GENERALISSIMUS: Liegt mehr als dein Land. Ich kenne diese Gegend gut.
AUTARCH (erschöpft): Er hat die Wahrheit gesagt, wie er sie kennt. Vielleicht die einzige Wahrheit, die’s gibt.
NOD: Also bin ich frei und kann gehn.
AUTARCH: Ich glaube, daß sie, die du willkommen heißen willst, erscheinen wird, ob du frei bist oder nicht. Und man kann nie wissen – solche wie dich darf man keinesfalls auf freien Fuß setzen. Nein, du darfst nicht gehen, nicht jetzt und nicht später.
NOD eilt von der Bühne, vom GENERALISSIMUS verfolgt. Schüsse, Schreie, Gepolter. Die Figuren um den AUTARCHEN verschwinden. Inmitten des Tumults läuten wieder die Glocken. NOD kommt zurück – mit einer Brandwunde von einem Laser auf der Wange. Der AUTARCH schlägt mit seinem Zepter auf ihn ein; bei jedem Hieb entsteht eine Explosion und ein Funkenregen. NOD ergreift den AUTARCHEN und will ihn gerade auf die Bühne schmettern, als zwei DÄMONEN, wie Kaufleute verkleidet, hereinstürzen, ihn niederwerfen und den AUTARCHEN wieder auf den Thron setzen.
AUTARCH: Ich danke euch. Ihr sollt reichen Lohn erhalten. Ich hatte die Hoffnung aufgegeben, von meiner Leibwache gerettet zu werden – und zurecht, wie ich sehe. Darf ich fragen, wer ihr seid?
ERSTER DÄMON: Die Männer Eurer Leibwache sind tot. Der Riese zerschmetterte ihnen den Schädel an der Wand und brach ihnen über seinem Knie das Rückgrat.
ZWEITER DÄMON: Wir sind nur zwei Kaufleute. Wurden von Euren Soldaten ergriffen.
AUTARCH: Ich wünschte, sie wären Kaufleute, und ich hätte an ihrer Stelle Soldaten wie euch! Und dennoch ist eure Erscheinung so schmächtig, ich würd’ euch nicht einmal normale Kräfte zutrauen.
ERSTER DÄMON (indem er sich verbeugt): Unsere Kraft beflügelt der Herr, dem wir dienen.
ZWEITER DÄMON: ES wird Euch verwundern, warum wir –zwei gewöhnliche Sklavenhändler – bei Nacht Euren Grund betreten.
Nun, wir sind gekommen, Euch zu warnen. Unsere jüngste Reise führte uns in den nördlichen Dschungel. Dort stießen wir in einem Tempel, älter als die Menschheit, auf einen Schrein, so üppig überwuchert, daß er einem fast wie ein bewachsener Erdwall vorkam, und sprachen mit einem uralten Schamanen, der große Gefahr für Euer Reich prophezeite.
ERSTER DÄMON: Mit diesem Wissen eilten wir hierher, um Euch zu warnen, ehe es zu spät wäre, und trafen im letzten Augenblick ein. AUTARCH: Was muß ich tun?
ZWEITER DÄMON: Diese Welt, die Ihr und wir so schätzen, ist nun so oft um die Sonne getrieben worden, daß das Gewebe ihres Raumes fadenscheinig wird und als Staub und Flocken vom Webstuhl der Zeit abfällt.
ERSTER DÄMON: Die Kontinente selbst sind alt wie angemalte Weiber – längst aller Schönheit und Fruchtbarkeit beraubt. Die Neue Sonne kommt …
AUTARCH: Ich weiß!
ERSTER DÄMON: … und wird sie tosend im Meer versenken wie leckgeschlagene Schiffe.
ZWEITER DÄMON: Und aus dem Meer steigen neue auf – von Gold, Silber, Eisen und Kupfer glänzend. Mit Diamanten, Rubinen und Türkisen; und die Lande suhlen sich in der Erde von Millionen Jahrtausenden, vor alters ins Meer gespült.
ERSTER DÄMON: Um diese Lande zu bevölkern, ist eine neue Rasse bereitet. Die Menschheit, die ihr kennt, wird verdrängt, wie das Gras, das so lang in den Ebenen gediehen, dem Pfluge weicht und Platz macht für den Weizen.
ZWEITER DÄMON: Was wäre aber, würde der Same verbrannt? Was wäre dann? Der große Mann und die kleine Frau, denen Ihr vor nicht allzu langer Zeit begegnet, sind ein solcher Same. Man hatte einst gehofft, ihn auf dem Felde vergiften zu können, aber sie, welche ausgesandt wurde, das zu bewerkstelligen, verlor den Samen zwischen dem dürren Gras und den gebrochenen Schollen aus den Augen und wurde wegen einiger Kunstgriffe Eurem Inquisitor zum peinlichen Verhör übergeben. Dennoch könnte der Same noch verbrannt werden.
AUTARCH: Diese Gedanken sind mir auch schon durch den Sinn gegangen.
ERSTER UND ZWEITER DÄMON (im Chor): Natürlich!
AUTARCH: Aber würde der Tod dieser beiden das Kommen der Neuen Sonne wirklich aufhalten?
ERSTER DÄMON: Nein. Aber wolltet Ihr das? Die neuen Lande sollen Euer sein.
Die Schirme werden hell. Bewaldete Hügel und die Giebel von Städten erscheinen darauf. Der AUTARCH kehrt sich ihnen zu. Nach einer Pause zieht er aus seiner Robe einen Fernmelder.
AUTARCH: Möge die Neue Sonne nie sehen, was wir hier tun … Schiffe! Bestreicht uns mit Feuer, bis alles versengt ist.
Während die DÄMONEN verschwinden, setzt NOD sich auf. Die Städte und Hügel verblassen, und auf den Schirmen ist vielfach das Abbild des AUTARCHEN ZU sehen. Die Bühne wird dunkel. Wenn das Licht wieder angeht, sitzt der INQUISITOR an einem hohen Pult in der Mitte der Bühne. Sein PROPHET, als Folterer gekleidet und mit Maske, steht daneben. Zu beiden Seiten befinden sich verschiedene Marterwerkzeuge.
INQUISITOR: Bring die Frau, die als Hexe gilt, Bruder!
VERTRAUTER: Die Contessa wartet draußen, und da sie von beglücktem Stand ist und hoch in der Gunst unseres Herrschers steht, bitt’ ich, sie zuerst zu empfangen.
Die CONTESSA tritt auf.
CONTESSA: Ich hörte, was gesagt wurde, und da ich nicht glauben mochte, eine solche Bitte fiele bei Euch, Inquisitor, auf taube Ohren, war ich so kühn, sofort einzutreten. Haltet Ihr das nun für kühn?
INQUISITOR: Ihr spielt mit Wörtern. Aber ja, ich geb’ zu, dafür halt ich’s.
CONTESSA: Dann denkt Ihr falsch von mir. Seit meiner Kindheit wohne ich schon acht Jahre in diesem Haus Absolut. Als das erste Blut aus meinen Lenden drang und meine Mutter mich herbrachte, warnte sie mich, nie in die Nähe dieser Eurer Gemächer zu gehen, wo das Blut, ungeachtet der Phasen des wankelmütigen Mondes so reichlich fließt. Und ich bin noch nie gekommen bis auf jetzt, und jetzt zitternd.
INQUISITOR: Hier haben die Guten nichts zu fürchten. Dennoch glaube ich Euren eigenen Worten gemäß, Ihr seid kühn geworden. CONTESSA: Und bin ich gut? Seid Ihr’s? Ist er’s? Mein Beichtvater pflegt zu sagen, ich sei’s nicht. Was sagt Euch der Eurige, oder ist er furchtsam? Und ist Euer Vertrauter ein bessrer Mensch als Ihr?