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»In einem Dornenbusch«, sagte der Kobold. »Nahe der Hütte, in der sie wohnte.«

»In einem Dornenbusch?«

»In den Dornen ist Zauber«, erklärte der Kobold. »Im Busch selbst …«

Er schluckte, packte hastig den Krug und trank. Sein Adamsapfel tanzte.

Maxwell griff in die Jackentasche und holte das Foto des Lambert-Gemäldes heraus, das Nancy Clayton erworben hatte.

»Mister O’Toole«, sagte er. »Ich muß Ihnen etwas zeigen.« Der Kobold setzte den Krug ab.

»Dann geben Sie her«, rief er. »All das Gerede, wenn Sie aus einem bestimmten Grund herkommen.«

Er griff nach dem Foto und beugte sich dicht darüber.

»Die Trolle natürlich«, sagte er. »Aber die anderen da erkenne ich nicht. So, als hätte ich sie schon mal gesehen und könnte mich nicht mehr an sie erinnern. Es gibt Geschichten, uralte Geschichten …«

»Oop sah die Bilder. Sie kennen doch Oop?«

»Der große Barbare, der behauptet, Ihr Freund zu sein?«

»Er ist mein Freund«, sagte Maxwell. »Und Oop erinnert sich. Er sagt, die Gestalten seien die Alten aus der Vergangenheit.«

»Aber durch welchen Zauber konnte man ein Bild von ihnen erlangen?«

»Das weiß ich nicht. Es ist die Aufnahme eines Gemäldes. Ein Mann hat die Alten vor vielen Jahren gemalt.«

»Wie …«

»Ich weiß nicht«, sagte Maxwell. »Ich glaube, daß er dort war.«

Mister O’Toole nahm seinen Krug und sah, daß er leer war. Er schlurfte ans Faß und füllte ihn. Dann setzte er sich wieder und studierte das Foto genau. Seine Lider waren allerdings schwer.

»Es ist schade«, sagte er schließlich. »Ich weiß es nicht. Es gab noch andere von uns. Viele andere, die nicht mehr leben. Wir sind die letzten eines edlen Volkes.«

Er schob das Foto über den Tisch.

»Vielleicht die Todesfee«, schlug er vor. »Die Todesfee ist sagenhaft alt.«

»Aber sie liegt im Sterben.«

»Das tut sie«, sagte Mister O’Toole, »und es ist ein böser und bitterer Tag für sie, da keiner Totenwache hält.«

Er hob den Krug. »Trinken Sie aus, trinken Sie aus. Wenn man genug trinkt, ist es nicht so schlimm.«

Kapitel 17

Maxwell kam um die Ecke der verfallenen Hütte und erspähte seitlich davon den Dornbusch. An dem Busch war etwas Merkwürdiges. Er sah aus, als hätte sich eine dunkle Wolke rings um seinen Mittelstamm gehüllt, und aus dieser Wolke ragten kleine Zweige und Blätter. Wenn O’Toole die Wahrheit gesagt hatte, dann war die dunkle Wolke im Dornbusch die sterbende Todesfee.

Er ging langsam an der Hütte vorbei und blieb ein paar Schritte vom Busch entfernt stehen. Die schwarze Wolke bewegte sich rastlos wie eine aufsteigende Rauchfahne.

»Sie sind die Todesfee?« fragte Maxwell den Baum.

»Du kommst zu spät, wenn du mit mir sprechen willst«, sagte die Todesfee.

»Ich will nicht mit dir sprechen«, erwiderte Maxwell. »Ich will bei dir wachen.«

»Dann setz dich. Es wird nicht lange dauern.«

Maxwell setzte sich auf den Boden und zog die Knie eng an die Brust. Seine Handflächen ruhten auf dem trockenen, vergilbten Gras. Unter ihm erstreckte sich das herbstliche Tal bis zum fernen Horizont nördlich des Flusses, wo die Berge, anders als hier am Südufer, sanft und terrassenförmig in den Himmel stiegen.

Rasches Flügelschlagen kam näher, und ein Schwarm Amseln flog schräg durch den blauen Dunst über der Schlucht. Sie verschwanden hinter dem Berg, und dann war wieder die Stille da, die keinerlei Gewalt oder Drohung enthielt, eine verträumte Stille, in der sich die Hänge badeten.

»Die anderen sind nicht gekommen«, sagte die Todesfee. »Anfangs dachte ich, sie würden es tun. Einen Augenblick lang glaubte ich, sie würden vergessen und kommen. Es braucht keine Kluft mehr zwischen uns zu bestehen. Wir sind ein Volk wir befinden uns alle auf der gleichen Stufe. Aber die alten Sitten sind noch nicht tot. Die Bräuche dauern fort.«

»Ich sprach mit den Kobolden«, sagte Maxwell. »Sie halten einen Leichenschmaus zu deinen Ehren. O’Toole ist gramgebeugt und trinkt, um seinen Kummer zu lindern.«

»Du gehörst nicht zu meinem Volk«, sagte die Todesfee. »Du bist ein Eindringling. Und doch sagst du, daß du bei mir wachen willst. Weshalb tust du das?«

Maxwell log. Er konnte nicht anders. Er konnte diesem sterbenden Geschöpf nicht sagen, daß er um eine Auskunft gekommen war.

»Ich habe mit deinem Volk zusammengearbeitet, und es ist mir ans Herz gewachsen.«

»Du bist Maxwell«, sagte die Todesfee. »Ich habe von dir gehört.«

»Wie fühlst du dich?« fragte Maxwell. »Kann ich etwas für dich tun? Brauchst du etwas?«

»Nein«, erklärte die Todesfee. »Ich bin jenseits aller Wünsche. Ich spüre fast nichts. Das ist das Schlimme, daß ich nichts spüre. Mein Sterben ist anders als dein Sterben. Es hat mit dem Körper nichts zu tun. Die Energie flieht von mir, bis schließlich nichts mehr übrig bleibt. Wie eine flackernde Kerze, die abbrennt.«

»Es tut mir leid«, sagte Maxwell. »Wenn das Sprechen den Vorgang beschleunigt …«

»Vielleicht, aber das kümmert mich nicht mehr. Und ich spüre kein Bedauern. Ich bin eine der letzten meines Stammes. Wir sind insgesamt noch drei, wenn du mich mitrechnest — und ich zähle schon nicht mehr. Zwei Todesfeen von Tausenden …«

»Aber da sind die Kobolde und die Trolle und die Feen …«

»Du verstehst das nicht«, sagte die Todesfee. »Niemand hat es dir erklärt. Und du hast nie danach gefragt. Jene, die du nennst, sind die Rassen, die nach uns kamen, als der Planet nicht mehr jung war. Wir waren Kolonisten, das mußt du wissen.«

»Ich hatte es mir während der letzten Stunden fast gedacht«, sagte Maxwell.

»Du hättest es früher wissen müssen. Du warst auf dem älteren Planeten.«

Maxwell keuchte. »Woher wußtest du das?«

»Wie atmet man?« fragte die Todesfee. »Wie sieht man? Für mich ist der Gedankenaustausch mit jenem alten Planeten so natürlich wie das Atmen und das Sehen.«

Das war es also, dachte Maxwell. Die Todesfee war die Informationsquelle des Rollenfüßlers gewesen, und Churchill mußte Mister Marmaduke den Tip gegeben haben, daß sie Bescheid wußte.

»Und die anderen — die Trolle, die …«

»Nein«, sagte die Todesfee. »Wir waren die einzigen, denen der Weg offenstand. Das war unsere Aufgabe, unser einziger Zweck. Wir waren die Bindeglieder zum alten Planeten, die Kommunikatoren. Als der ältere Planet Kolonien anlegte, war es notwendig, daß eine Art Gedankenaustausch erhalten blieb. Wir alle waren Spezialisten, auch wenn unsere besonderen Fähigkeiten jetzt keinen Sinn mehr haben, weil die meisten unserer Rasse tot sind. Diejenigen, die später kamen, waren nur Siedler, die das Land besetzen sollten.«

»Du meinst die Trolle und Kobolde?«

»Die Trolle und Kobolde und all die anderen. Sie hatten ihre Fähigkeiten, aber sie waren keine Spezialisten. Wir waren die Denker, sie die Arbeiter. Es bestand eine Kluft zwischen uns. Deshalb kommen sie nicht, um Wache zu halten. Die alte Kluft ist immer noch da.«

»Du strengst dich zu sehr an«, sagte Maxwell. »Du solltest deine Kräfte schonen.«

»Es macht nichts. Die Energie verläßt mich, und wenn sie erloschen ist, ist auch mein Leben erloschen. Dieses Sterben hat nichts mit Materie oder einem Körper zu tun, denn ich hatte nie einen richtigen Körper. Ich bestand aus Energie. Nein, es macht nichts. Denn der alte Planet stirbt auch. Du hast meinen Planeten gesehen und weißt es.«

»Ja, ich weiß es«, sagte Maxwell.

»Es wäre ohne die Menschen ganz anders gekommen. Als wir hier ankamen, gab es kaum Säugetiere, geschweige denn Primaten. Wir hätten ihn verhindern können, den Aufstieg der Primaten. Wir hätten die Entwicklung im Keim ersticken können. Es wurde auch in Erwägung gezogen, denn der Planet hatte sich als vielversprechend erwiesen, und wir sträubten uns dagegen, ihn wieder aufzugeben. Aber da war das alte Gesetz. Intelligenz ist so selten, daß man sich ihrer Entwicklung nicht in den Weg stellen darf. Sie ist etwas Kostbares — auch wenn wir nur zögernd Platz machten, mußten wir anerkennen, daß sie etwas Kostbares ist.«