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Er schmiss eine Wasserkaraffe gegen die Wand, und endlich kam jemand herbeigeeilt.

«Dad, Dad, Dad. Was ist los?»

Alfred hob den Blick und sah seinem Sohn in die Augen. Er öffnete den Mund, doch das einzige Wort, das er herausbrachte, war «Ich — »

Ich Ich habe Fehler gemacht Ich bin allein Ich bin nass Ich möchte sterben Ich möchte mich bei dir entschuldigen Ich habe mein Bestes getan Ich liebe meine Kinder Ich brauche deine Hilfe Ich möchte sterben «Ich halte das hier nicht aus», sagte er.

Chip hockte sich auf den Boden neben dem Stuhl. «Pass auf», sagte er. «Du musst noch eine Woche bleiben, damit sie dich beobachten können. Wir müssen herausfinden, was mit dir los ist.»

Er schüttelte den Kopf. «Nein! Du musst mich hier rausholen!»

«Dad, es tut mir Leid», sagte Chip, «aber ich kann dich nicht mit nach Hause nehmen. Du musst noch mindestens eine Woche in der Klinik bleiben.»

Oh, wie Chip seine Geduld auf die Probe stellte! Sein Sohn hätte doch längst begriffen haben müssen, worum er ihn bat, auch ohne dass es ihm noch einmal erklärt wurde.

«Mach dem Spuk ein Ende, habe ich gesagt!» Er hieb auf die Armlehnen des Stuhls, in dem er gefangen war. «Du musst mir helfen, dem Spuk ein Ende zu machen!»

Er sah zum Fenster, aus dem hinauszuspringen er, endlich, bereit war. Oder jemand sollte ihm ein Gewehr geben, eine Axt, irgendetwas, Hauptsache, er kam hier raus. Das musste er Chip begreiflich machen.

Chip bedeckte Alfreds zitternde Hände mit den seinen.

«Ich bleibe bei dir, Dad», sagte er. «Aber das andere kann ich nicht für dich tun. So kann ich dir nicht helfen. Es tut mir Leid.»

Wie eine Ehefrau, die gestorben, oder ein Haus, das abgebrannt war, genauso lebhaft hatte er die Klarheit, die man zum Denken, und die Kraft, die man zum Handeln brauchte, noch in Erinnerung. Durch ein Fenster zur nächsten Welt konnte er sie sehen, diese Klarheit, konnte sie sehen, diese Kraft, nur knapp außerhalb seiner Reichweite, gleich hinter den Thermopanescheiben. Er sah, was er hatte erreichen wollen, das Ertrinken im Meer, den tödlichen Schuss, den Sturz aus großer Höhe, alles zum Greifen nah, und wollte nicht glauben, dass es ihm ein für alle Mal verwehrt sein sollte, sich selbst in den Genuss solcher Erleichterung zu bringen.

Er weinte über die Ungerechtigkeit seiner Strafe. «Herrgott noch mal, Chip», sagte er laut, denn er ahnte, dass dies vielleicht seine letzte Chance war, sich zu befreien, bevor er jede Verbindung zu jener Klarheit und jener Kraft verlor, und deshalb war es entscheidend, dass Chip das, was er wollte, genau verstand. «Ich bitte dich um Hilfe! Du musst mich hier rausholen! Du musst diesem Spuk ein Ende machen!»

Trotz roter Augen, trotz Tränenschlieren gingen von Chips Gesicht Kraft und Klarheit aus. Hier war ein Sohn, der ihn genauso verstand, wie er sich selbst verstand, darauf konnte er zählen; und deshalb war Chips Antwort, als sie denn kam, unwiderruflich. Chips Antwort bedeutete ihm, dass dies der Punkt war, an dem die Geschichte endete. Sie endete damit, dass Chip den Kopf schüttelte, sie endete damit, dass er sagte: «Das kann ich nicht, Dad. Das kann ich nicht.»

DIE KORREKTUREN

DIE KORREKTUR, als sie schließlich kam, war kein jähes Platzen einer Seifenblase, sondern ein viel sanfteres Nachgeben, ein Erschlaffen der Finanzschlüsselmärkte, eine Schrumpfung, zu allmählich, um Schlagzeilen hervorzubringen, und zu vorhersehbar, um irgendjemandem, mit Ausnahme von Dummköpfen und denen, die wenig Geld verdienten, ernsthaft zu schaden.

Enid hatte den Eindruck, dass die Tagesereignisse heute generell unspektakulärer oder langweiliger waren als in ihrer Jugend. Sie erinnerte sich noch an die dreißiger Jahre, sie hatte mit eigenen Augen gesehen, was einem Land widerfahren konnte, wenn die Weltwirtschaft andere Saiten aufzog; sie hatte damals ihrer Mutter geholfen, in der engen Gasse hinter der Pension Essensreste an obdachlose Männer auszuteilen. Doch Katastrophen dieser Größenordnung schienen die Vereinigten Staaten nicht mehr heimzusuchen. Sicherheitsvorkehrungen waren getroffen worden, wie diese Gummiquadrate, mit denen jeder Spielplatz neuerdings gepflastert war, um die Wucht eines Aufpralls zu mildern.

Dennoch, die Märkte brachen ein, und Enid, die nie geglaubt hatte, sie könnte jemals froh darüber sein, dass Alfred ihrer beider Vermögen in festverzinslichen Wertpapieren und kurzfristigen Schuldverschreibungen angelegt hatte, überstand das Tief mit weitaus weniger Ängsten als ihre hochfliegenden Freunde. Orfic Midland kündigte, wie angedroht, ihre bisherige Krankenversicherung und nötigte sie, einer Gesundheitspflege-Organisation beizutreten, doch ihr alter Nachbar Dean Driblett, der Gute, gruppierte sie und Alfred mit einem einzigen Federstrich höher ein, sodass sie die Wahlleistungen des DeeDeeCare-PlusProgramms in Anspruch nehmen und die Ärzte ihres Vertrauens behalten konnte. Zwar kostete sie das Pflegeheim Monat für Monat eine beträchtliche Summe, die ihr nicht rückerstattet wurde, doch mit Alfreds Rente und den Pensionszuschüssen der Eisenbahngesellschaft kam sie, wenn sie jeden Cent zweimal umdrehte, gut über die Runden, und das Haus, das ihr inzwischen ganz gehörte, stieg weiter im Wert. Die einfache Wahrheit war die, dass sie nicht reich, aber auch nicht arm war. In den Jahren der Angst und Sorge um Alfred hatte sie diese Wahrheit aus dem Blick verloren, doch sobald er aus dem Haus war und sie ihren Schlaf nachgeholt hatte, sah sie sie deutlich.

Sie sah jetzt alles deutlicher, vor allem ihre Kinder. Als Gary ein paar Monate nach dem katastrophalen Weihnachtsfest wieder in St. Jude vorbei schaute, diesmal mit Jonah, war der Besuch von Anfang bis Ende eine einzige Freude für sie. Gary wollte immer noch, dass sie das Haus verkaufte, aber er konnte ihr nicht mehr damit kommen, dass Alfred über kurz oder lang die Treppe hinunterfallen und sich das Genick brechen würde, und außerdem hatte Chip in der Zwischenzeit viele der Arbeiten, die, solange sich niemand ihrer angenommen hatte, Garys zweites Argument für den Verkauf des Hauses gewesen waren (Korbmöbelanstreichen, Rohreabdichten, Abflüssereinigen, Rissekitten), erledigt. Wie gehabt zankten sich Gary und Enid über Geld, doch das war bloß ein Zeitvertreib. Gary saß ihr wegen der $4,96, die sie ihm für die sechs Fünfzehn-Zentimeter-Bolzen noch immer «schuldete», im Nacken, und sie konterte mit der Frage: «Ist deine Armbanduhr neu?» Ja, die Rolex sei ein Weihnachtsgeschenk von Caroline, gab er zu, aber erst kürzlich habe er mit einer Biotech-Aktie, die er nicht vor dem 15. Juni wieder abstoßen könne, ziemlichen Schiffbruch erlitten, und überhaupt gehe es hier ums Prinzip, Mutter, ums Prinzip. Enid aber weigerte sich, aus Prinzip, ihm die $ 4,96 zu geben. Sie freute sich an dem Gedanken, dass sie ihm das Geld für die Bolzen bis an ihr Lebensende nicht zurückzahlen würde. Welche Biotech-Aktie es denn sei, mit der er so einen Schiffbruch erlitten habe, fragte sie Gary. Das spiele keine Rolle, sagte er.

Kurz nach Weihnachten zog Denise nach Brooklyn und begann in einem neuen Restaurant zu arbeiten, und im April schickte sie Enid zum Geburtstag ein Flugticket. Enid bedankte sich und sagte, sie könne nicht kommen, sie könne Alfred auf gar keinen Fall allein lassen, das sei einfach nicht recht. Dann fuhr sie doch und verbrachte vier herrliche Tage in New York City. Denise wirkte im Vergleich zu Weihnachten so viel glücklicher, dass Enid beschloss, sich nicht darum zu scheren, dass sie immer noch keinen Mann hatte, geschweige denn den geringsten Wunsch erkennen ließ, einen zu finden.

Zurück in St. Jude, war Enid eines Nachmittags zum Bridge spielen bei Mary Beth Schumpert, als Bea Meisner anhob, ihrem christlichen Missfallen über eine berühmte «lesbische» Schauspielerin Luft zu machen.