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Axon Corporation, 24 East Industrial Serpentine, Schwenksville, PA, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, handelsrechtlich eingetragen im Staat Delaware, hält die weltweiten Rechte am Eberle-Verfahren der Gezielten Neurochemotaxis. Das Eberle-Verfahren ist geschützt durch die US-Patente 5.101.239, 5.101.599, 5.103.628, 5.103.629 und 5.105.996, deren alleiniger und exklusiver Lizenzgeber die Axon Corporation ist. Axon kümmert sich um Optimierung, Vermarktung und Vertrieb des Eberle-Verfahrens an Krankenhäuser und Kliniken weltweit sowie um die Forschung und Weiterentwicklung verwandter Technologien. Ihr Gründer und Geschäftsführer ist Dr. Earl H. Eberle, ehemals Professor für Angewandte Neurobiologie an der Johns Hopkins School of Medicine.

Das Eberle-Verfahren der Gezielten Neurochemotaxis, auch bekannt als Eberle'sche Reversiv-Tomographische Chemotherapie, hat die Behandlung inoperabler Neuroblastome und einer Vielzahl anderer morphologischer Gehirnschäden revolutioniert.

Das Eberle-Verfahren verwendet computergesteuerte Hochfrequenzstrahlen, um starke Zytostatika, Mutagene und bestimmte unspezifische Toxine auf krankes Gehirngewebe zu lenken und sie vor Ort zu aktivieren, ohne das umgebende gesunde Gewebe zu schädigen.

Gegenwärtig muss der Patient beim Eberle-Verfahren aufgrund von Einschränkungen in der Computerleistung für bis zu sechsunddreißig Stunden in einem Eberle-Zylinder sediert und immobilisiert werden, während genauestens aufeinander abgestimmte Felder therapeutisch aktive Liganden und ihre inerten «Huckepack»-Träger auf den Krankheitsherd lenken. Die nächste Generation der Eberle-Zylinder soll die maximale Behandlungsdauer auf insgesamt weniger als zwei Stunden reduzieren.

Das Eberle-Verfahren ist im Oktober 1996 als «sichere und wirksame» Behandlungsmethode im Sinne des Lebens- und Arzneimittelgesetzes uneingeschränkt anerkannt worden. Seitdem hat sich mit seiner klinischen Anwendung auf der ganzen Welt, wie in den zahlreichen unten aufgeführten Publikationen im Detail nachzulesen, die Sicherheit und Wirksamkeit nur bestätigt.

Ohne den allfälligen Internet-Hype schwanden Garys Hoffnungen, mit Axon über Nacht den großen Reibach zu machen, dahin. Ein wenig e-müde, einem e-Kopfschmerz trotzend, gab er den Suchbegriff earl eberle ein. Zu den mehreren hundert Fundstellen zählten Artikel wie NEUE HOFFNUNG FÜR NEUROBLASTOME, EIN RIESENSCHRITT VORWÄRTS und DIESE THERAPIE KÖNNTE WUNDER WIRKEN. Eberle und seine Mitarbeiter waren außerdem mit «Remote Computer-Aided Stimulation of Receptor Sites 14, 16A und 21: A Practical Demonstration», «Four Low-Toxicity Ferroacetate Complexes That Cross the BBB», «In-Vitro RF Stimulation of Colloidal Microtubules» sowie mit einem Dutzend weiterer Aufsätze in Fachzeitschriften vertreten. Der Hinweis aber, der Gary am meisten interessierte, war vor sechs Monaten in der Zeitschrift Forbes ASAP erschienen:

Manche dieser Erfindungen, wie der Fogarty-Ballonkatheter und die Lasik-Hornhautchirurgie, sind für die Gesellschaften, die das entsprechende Patent halten, regelrechte Goldesel. Andere, mit so esoterischen Namen wie Eberle-Verfahren der Gezielten Neurochemotaxis, machen ihre Erfinder auf herkömmliche Weise reich: ein Mann, ein Vermögen. Das Eberle-Verfahren, das noch im Jahre 1996 nicht offiziell anerkannt war, heute dagegen als goldener Standard für die Behandlung einer großen Anzahl von Hirntumoren und — läsionen gilt, bringt seinem Erfinder, dem Johns-Hopkins- Neurobiologen Earl H. («Krauskopf») Eberle, weltweit schätzungsweise bis zu 40 Millionen Dollar jährlich an Lizenzgebühren und anderen Erträgen ein.

Vierzig Millionen Dollar jährlich klang schon besser. Vierzig Millionen Dollar jährlich, das belebte Garys Hoffnungen und ließ ihn gleich wieder stocksauer werden. Earl Eberle scheffelte vierzig Millionen Dollar jährlich, während Alfred Lambert, ebenfalls ein Erfinder, aber seinem Temperament nach (gestehen wir's uns ein) ein Verlierer — einer der Schwachen dieser Welt — , für seine Mühe ganze fünftausend erhalten sollte. Und auch noch vorhatte, diese Krumen mit Orfic Midland zu teilen!

«Das ist so ein tolles Buch», berichtete Jonah. «Es wird vielleicht sogar mein Lieblingsbuch.»

Warum dann, dachte Gary, diese Eile, an Dads Patent heranzukommen, hm, Krauskopf? Warum dieses Gedrängel? Die Intuition des Finanzmanns, ein warmes Kribbeln in den Lenden, sagte ihm, dass ihm hier vielleicht eine Insider-Information in den Schoß gefallen war. Eine Insider-Information aus einer zufällig aufgespürten (und daher vollkommen legalen) Quelle. Ein saftiges Stück Fleisch ganz für ihn allein.

«Es ist, als wären sie auf einer Luxuskreuzfahrt», sagte Jonah, «bloß dass sie versuchen, ans Ende der Welt zu segeln. Da wohnt nämlich Aslan, weißt du, am Ende der Welt.»

In der SEC's Edgar Database fand Gary einen vorbörslichen Verkaufsprospekt, einen so genannten Red-Herring-Prospekt, über eine Neuemission von Axon-Aktien. Der Börsengang war für den 15. Dezember angesetzt, das war in gut drei Monaten.

Hauptverantwortlich zeichnete Hevy & Hodapp, eine der Elite-Investmentbanken. Gary überprüfte bestimmte Vitalfunktionen — Cashflow, Emissionsvolumen, Floatvolumen — und drückte, mit kribbelnden Lenden, auf Später Herunterladen.

«Jonah, neun Uhr», sagte er. «Ab in die Badewanne.»

«Ich würde so gern mal eine Luxuskreuzfahrt machen, Dad», sagte Jonah, schon an der Treppe, «wenn das irgendwann möglich wäre.»

In einem anderen Suchen-Feld gab Gary, mit leicht parkinsonschen Händen, die Wörter hübsch, nackt und blond ein.

«Schließ bitte die Tür, Jonah.»

Auf dem Monitor baute sich das Bild einer hübschen nackten Blondine auf. Gary klickte sie an, und ein sonnengebräunter nackter Mann, hauptsächlich von hinten fotografiert, aber auch in Nahaufnahme von den Knien bis zum Nabel, konnte dabei beobachtet werden, wie er der hübschen nackten Blondine seine ganze geschwollene Aufmerksamkeit zuwandte. Die Bilder hatten etwas Fließbandartiges an sich. Die hübsche nackte Blondine war das Rohmaterial, dem der nackte, sonnengebräunte Mann eifrigst mit seinem Werkzeug zu Leibe rückte. Zunächst wurde die bunte Stoffhülle entfernt, dann wurde das Material auf die Knie hinuntergedrückt, und der halbgelernte Arbeiter steckte ihm sein Werkzeug in den Mund, dann wurde das Material auf den Rücken gelegt, während der Arbeiter es mit dem Mund kalibrierte, dann brachte der Arbeiter das Material in eine Reihe horizontaler und vertikaler Positionen, drehte und bog es zurecht, wie er es für nötig hielt, und bearbeitete es sehr energisch mit seinem Werkzeug… Die Bilder ließen Gary eher weich werden als hart. Er fragte sich, ob er schon in dem Alter war, wo Geld ihn mehr erregte als eine hübsche nackte Blondine beim Sex, oder ob die ANHEDONIE, des einsamen Vaters Depression in einem Kellerraum, auch hier ihr Unwesen trieb.

Es klingelte an der Haustür. Jugendliche Füße kamen vom ersten Stock heruntergetrampelt.

Rasch reinigte Gary den Bildschirm und ging nach oben, gerade noch rechtzeitig, um Caleb mit einer großen Pizzaschachtel wieder ins Obergeschoss laufen zu sehen. Er folgte ihm und blieb einen Moment, den Geruch von Peperoni in der Nase und das wortlose, geräuschvolle Kauen seiner Frau und seiner Söhne im Ohr, vor dem Fernsehzimmer stehen. Etwas Militärisches, ein Panzer oder Lastwagen, dröhnte zur Begleitung von Kriegsfilmmusik.