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»Gut«, antwortete Hewlitt. »Wie sollte ich mich denn Ihrer Ansicht nach fühlen?«

Medalont ignorierte die Frage und sagte: »Spüren Sie irgendwelche Veränderungen, auch wenn es sich dabei nur um sehr leichte handelt?«

»Nein«, antwortete Hewlitt.

»Merken Sie irgendeinen unangenehmen Druck in der Brust oder vielleicht in den Armen? Haben Sie Atembeschwerden? Spüren Sie ein Kribbeln oder einen Gefühlsverlust in den Gliedmaßen? Haben Sie Kopfschmerzen?«

»Nein, nichts dergleichen«, sagte Hewlitt. »Die Stelle, an der Sie das Blut abgenommen haben, fühlt sich nur etwas taub an. So, wie beim letzten Mal.«

»Falls die von mir eben genannten Symptome auch nur ansatzweise auftreten, könnten sie bereits eine Vorwarnung sein«, klärte ihn Medalont auf. »Sie können sogar derart schwach auftreten, daß Sie eher das Gefühl hätten, sich alles nur einzubilden.«»Soweit ich weiß, habe ich derzeit keine schwachen Symptome und erst recht keine eingebildeten«, meinte Hewlitt, wobei es ihm nur mit Mühe gelang, seine Wut zu unterdrücken.

Der Terrestrier in der grünen Uniform grinste kurz, besann sich aber wieder schnell darauf, lieber nichts zu sagen und keine Regung zu zeigen.

»Haben Sie irgendwelche psychischen Probleme?« hakte Medalont nach. »Sorgen oder Ängste vielleicht, die ab einem gewissen Punkt durchaus physischen Stress verursachen können. Nun, ich merke zwar, daß ich mich gerade auf Lieutenant Braithwaites Territorium begebe, aber … «

»Das tun Sie allerdings«, fuhr der uniformierte Mann dazwischen, der sich nun zum ersten Mal zu Wort meldete. »Aber nur zu, schließlich machen das alle hier.«

Bevor der Chefarzt antworten konnte, sagte Hewlitt: »Wenn Sie damit meinen, ob ich mir Sorgen mache, dann kann ich Ihnen versichern, daß ich mir sogar große Sorgen mache. Ich hatte noch nie einen Herzanfall gehabt, bevor ich hier ins Orbit Hospital gebracht wurde. Trotzdem glaube ich nicht, daß es mir so schlecht geht, um vor lauter Angst einen zweiten zu erleiden.«

»Hatten Sie denn Angstzustände, bevor Sie den ersten bekommen haben?« erkundigte sich Medalont.

»Nein, ich war nur etwas übermüdet, ansonsten aber völlig entspannt«, erwiderte Hewlitt. »Im Moment sitzt mir allerdings der Schrecken immer noch in den Gliedern.«

»Wir werden es nicht zulassen, daß Ihnen so etwas noch einmal zustößt«, sprach ihm Medalont Mut zu. »Sie brauchen sich also wirklich keine Sorgen zu machen.«

Plötzlich trat ein Schweigen ein, das eine Ewigkeit zu dauern schien. Leethveeschis Körper pulsierte langsam in der Chlorhülle, die Sprechmembran der Hudlarerin blieb still, das Fell des Kelgianers machte wellenartige Bewegungen, als ob ein heftiger Wind wehen würde, während sein nidianischer Kollege die Gerätschaften auf dem Schwebewagenkontrollierte und sich Medalonts Zangen wie ein leises organisches Metronom regelmäßig öffneten und wieder schlossen. Der Chefarzt unterbrach als erster die Stille.

»Oberschwester Leethveeschi, bitte sagen Sie mir noch einmal, wieviel Zeit schätzungsweise von der ersten Blutabnahme, die ich durchgeführt habe, bis zur Auslösung des Alarms verstrichen ist, und wann der nachfolgende Anfall eintrat.«

»Aus Rücksicht auf die Gefühle des Patienten, der etwas von

medizinischer Nomenklatur zu verstehen scheint, würde ich es für

angebrachter halten, wenn wir ihm diese Informationen vorenthalten«, schlug Leethveeschi vor.

»Und ich hoffe, daß der Patient durch genaue Aufklärung vielleicht in der Lage sein wird, selbst etwas Licht in das Dunkel seines Zustands zu bringen«, widersprach Medalont entschieden. »Fahren Sie also fort, Oberschwester.«

»Ungefähr zwölfeinhalb Minuten nachdem Sie dem Patienten Blut abgenommen haben und gegangen sind«, begann Leethveeschi in einem Ton, der so ätzend wie das Chlor war, das sie einatmete, »lösten die Sensordaten des Patienten den Alarm aus. Bereits zehn Sekunden später gab er keinerlei Lebenszeichen mehr von sich, und die sensorische Reaktion sowie die Gehirntätigkeit standen unverkennbar kurz vor dem Stillstand. Da sich das Pflegepersonal außerhalb der Station befand und voll und ganz mit den Vorbereitungen für die Essensausteilung beschäftigt war, entschied ich mich, die anderen nicht zu informieren, um keine Zeit zu verlieren. In Anbetracht des bis zu diesem Zeitpunkt stabilen Gesundheitszustands des Patienten, hatte ich eher eine Fehlfunktion der Überwachungsgeräte als einen Herzstillstand erwartet. Als ich beim Patienten ankam, habe ich sofort eine Herzmassage eingeleitet. Vierzig Sekunden später verlor er das Bewußtsein und blieb in diesem Zustand, bis der Rettungstrupp sechs Minuten und fünfzehn Sekunden später eintraf.«

»Sind Sie sich dessen wirklich sicher, Schwester?« stutzte Medalont. »Oder könnte es sein, daß Sie aufgrund subjektiver Faktoren in derAufregung ein wenig übertrieben haben? Ich meine, haben die wirklich sechs Minuten gebraucht? Keine gute Reaktionszeit.«

»Patient Hewlitt zeigte ebenfalls keine Reaktion«, fuhr Leethveeschi fort, »und ich habe die ganze Zeit auf die Uhr gesehen, während ich versuchte, ihn wiederzubeleben. Die Stationsuhr neigt eigentlich selten zu Übertreibungen.«

»Die Oberschwester hat recht und Sie auch, Doktor«, meldete sich der nidianische Assistenzarzt zu Wort, wobei er seinem Kollegen einen kurzen Seitenblick zuwarf. »Normalerweise müßte man das als eine unentschuldbar langsame Reaktionszeit ansehen, aber wir hatten unterwegs einen Unfall. Wir sind beim Eintreffen auf der Station mit einem Essenswagen zusammengestoßen, dessen Bedienungspersonal zwar sofort auswich, als es unsere Blinklichter sah, aber den Essenswagen einfach mitten im Weg stehen ließ. Zwar gab es keine Verletzten, aber das ganze Essen flog durch die Station und verteilte sich überall auf den in der Nähe stehenden Betten… «

»Patient Hewlitt hat sich einen ungelegenen Zeitpunkt für den Herzstillstand ausgesucht«, warf der kelgianische Assistenzarzt ein.

»… und uns gingen einige Minuten verloren, weil wir überprüfen mußten, ob die Geräte keinen Schaden genommen hatten«, fuhr der nidianische Arzt fort. »Ein Stromstoß, der das Herz eines Tralthaners wieder in Gang setzt, würde das eines Terrestriers zum Kochen bringen…«

»Jaja, ist ja gut«, winkte Medalont ungeduldig ab. »Jedenfalls haben Sie nach gut sechs Minuten den Patienten wiederbelebt. Haben Sie irgendwelche Anzeichen geistiger oder sprachlicher Verwirrung beim Patienten beobachtet, als er das Bewußtsein wiedererlangte?«

»Nein, nichts dergleichen«, antwortete der Nidianer. »Wir haben den Patienten gar nicht reanimiert, das muß Oberschwester Leethveeschi getan haben, noch bevor wir die Schläuche anschließen konnten. Der Patient schien in keiner Weise verwirrt zu sein. Als erstes forderte er die Oberschwester auf, sie solle damit aufhören, ihm auf den Brustkorb zu drücken, oder sie würde ihm noch die Rippen brechen. Seine Wortwahlwar ausgesprochen schlüssig, wohldurchdacht und klar und deutlich, wenn auch nicht besonders respektvoll.«

»Sie müssen schon entschuldigen, aber ich war die ganze Zeit davon ausgegangen, der Patient wäre durch Ihre Geräte zurückgeholt worden«, merkte Medalont an. »Sehr gute Arbeit, Oberschwester Leethveeschi. Ich hoffe nur, der Patient hat sich Ihnen gegenüber nicht zu respektlos verhalten.«