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Zwar wäre es möglich gewesen, den beschädigten Bereich mit künstlichem Fell abzudecken, aber dem synthetischen Material würde die Beweglichkeit und der seidene Glanz des echten Pelzes fehlen, und das könnte man auf den ersten Blick erkennen. Kelgianerinnen in Morredeths Situation waren normalerweise viel zu stolz, um mit solch einer Pelzimitation gesehen zu werden, und deshalb entschieden sie sich, lieber in der Einsamkeit oder nur mit einem Minimum an sozialem Kontakt zu leben und zu arbeiten.»… insbesondere die männlichen Kelgianer, die dem Klinikpersonal angehören, haben mir schon des öfteren erzählt, Morredeth sei eine besonders gutaussehende junge Frau oder, besser gesagt, sei es mal gewesen«, fuhr die Hudlarerin fort. »Auf jeden Fall habe sie nun keine Hoffnung mehr, sich zu paaren und ein normales Leben zu führen. Deshalb hat sie gegenwärtig auch eher ein emotionales als ein medizinisches Problem.«

»Und ich Trottel mußte ihr ausgerechnet von dem schönen Fell meiner Katze erzählen!« stöhnte Hewlitt, dem vor Verlegenheit ganz heiß geworden war. »Es wundert mich nur, daß Morredeth mir keine runtergehauen hat. Gibt es denn wirklich nichts mehr, was man für Sie tun kann? Meinen Sie, daß ich mich bei ihr entschuldigen sollte, oder würde das die ganze Angelegenheit nur noch verschlimmern?«

»Nur wenige Tage nach Ihrer Einlieferung hier ins Hospital scheinen Sie sich ja bereits mit Horrantor, Bowab und Morredeth mehr oder weniger angefreundet zu haben«, stellte die Hudlarerin fest, ohne auf seine Frage einzugehen. »Die erste Zeit haben Sie noch Symptome einer schwerwiegenden Xenophobie gezeigt, die aber kurz darauf verschwunden sind. Falls es sich dabei um eine ehrliche Reaktion auf Ihre erste freundschaftliche Kontaktaufnahme mit einer Gruppe Aliens handelt und nicht nur um ein aus Höflichkeit heraus gespieltes Theater, um sich auf diese Weise leichter mit einer nervenaufreibenden Situation abzufinden, an der Sie sowieso nichts ändern können, dann bin ich von Ihrer Anpassungsfähigkeit sehr beeindruckt. Dennoch finde ich Ihr Verhalten, das Sie seit kurzem an den Tag legen, ziemlich verwunderlich.«

»Ich spiele doch kein Theater!« protestierte Hewlitt sofort. »Und schon gar nicht aus irgendeiner falsch verstandenen Höflichkeit heraus. Höchstwahrscheinlich liegt es daran, daß ich der einzige gesunde Patient auf dieser Station und entsprechend gelangweilt und neugierig bin. Außerdem sind Sie es selbst gewesen, die mir von Anfang an geraten hat, ich solle versuchen, mich mit den anderen Patienten zu unterhalten. Sämtliche Aliens sahen und sehen für mich noch immer so aus, als würde ich selbst imWachzustand noch unter Alpträumen leiden. Trotzdem wollte ich diese Aliens aus einem für mich unerfindlichen Grund unbedingt kennenlernen, was mich übrigens genauso wundert wie Sie.«

Die Sprechmembran der Schwester vibrierte leicht, doch zu langsam, um irgendwelche Wörter zu formulieren, und Hewlitt fragte sich, ob es sich dabei um die hudlarische Variante eines unentschlossenen Stotterns handelte. Schließlich sagte sie: »Um Ihre frühere Frage zu beantworten: Es gibt nichts, was man noch anderes für Morredeth tun könnte, als ihre Verbände zu wechseln, wodurch die Wunde zwar heilen wird, ohne jedoch die Schäden an dem unter der Haut liegenden Nervengeflecht beheben zu können. Außerdem muß die nichtmedizinische Behandlung fortgeführt werden, die von Chefarzt Medalont auf den Vorschlag von Padre Lioren hin verordnet wurde, der die Patientin bis jetzt jeden Tag besucht hat. Heute ist er auf der Station gewesen, ist aber im Personalraum geblieben, um von dort aus der Unterhaltung zuzuhören, die durch Ihre Sensorenmeßgeräte übertragen wurde, bevor er…«

»Er hat einfach unser Privatgespräch belauscht?« empörte sich Hewlitt. »Das… das kann er doch nicht machen! Ich wußte gar nicht, daß mein Meßgerät auch dazu benutzt werden kann. Ich… wir haben vielleicht etwas gesagt, was andere nicht hören sollten.«

»Und ob Sie das getan haben«, bestätigte die Schwester, »aber Leethveeschi ist daran gewöhnt, abfällige Bemerkungen über sich zu hören. Für den Fall, daß Sie als Patient das Gefühl haben, mit Ihnen könnte etwas nicht stimmen, ist Ihr Meßgerät in der Lage, auch nur sehr leise ausgesprochene Wörter zu übertragen, bevor es tatsächlich reagiert und von sich aus Alarm schlägt. Jedenfalls vertrat Lioren die Auffassung, daß das Scremmanspiel mit einem neuen und unerfahrenen Spieler die Patientin wahrscheinlich besser von ihren Sorgen und Nöten ablenke als alles andere, was er in jenem Moment hätte sagen oder tun können, und daß er Morredeth morgen wieder besuchen wolle.«

Bevor Hewlitt etwas erwidern konnte, fuhr die Hudlarerin fort: »Morredeths nichtmedizinische Behandlung umfaßt auch, die Dosis für dieRuhigstellung während der Nacht zu verringern, die bisher sehr hoch gewesen ist, damit sie, wenn sie allein ist, mehr Zeit hat, sich mit ihren Gedanken auseinanderzusetzen. Medalont und Lioren hoffen, daß sie auf diese Weise ihre Probleme verarbeiten kann. Wie Ihnen vielleicht schon aufgefallen ist, läßt sie sich tagsüber keine Zeit zum Nachdenken. Ich bin angewiesen worden, von heute abend an höchstens noch ein paar Worte mit ihr zu wechseln, es sei denn, wichtige medizinische Gründe sprechen dagegen. Ihr Terrestrier habt so eine Redensart, laut der man in jemandes eigenem Interesse auch mal unbarmherzig sein müsse, aber nach meinem Dafürhalten sollte ein Arzt niemals unbarmherzig sein, und erst recht nicht dann, wenn das Leiden einer Patientin bereits dadurch gemildert werden kann, indem man sie in ein freundschaftlich geführtes Gespräch verwickelt. Deshalb bin ich mit dieser Behandlungsform auch nicht einverstanden.«

Erneut zuckte die Sprechmembran der Schwester lautlos. Hewlitt legte schnell eine Hand auf das Meßgerät, in der Hoffnung, den Ton des Schallsensors so abzudecken, daß kein weiteres Wort ihrer rebellischen Gefühle bis zu jemandem durchdringen könnte, der sich dieses Gespräch möglicherweise später würde anhören wollen.

»Vorhin haben Sie mich gefragt, wie Sie sich nach Ihrem unsensiblen Verhalten gegenüber Morredeth am besten verhalten sollen«, beendete die Schwester ihre Ausführungen, während Sie sich bereits zum Gehen wandte. »Wenn Sie sehen, daß die Patientin ununterbrochen wach ist, und das wird sie demnächst sein, dann würde es nicht schaden, sich bei ihr zu entschuldigen und sich mit ihr zu unterhalten.«

Hewlitt beobachtete, wie die Schwester trotz ihres ungeheuren Körpergewichts vollkommen lautlos durch die Station ging, und dachte, daß diese riesige, klotzige Kreatur mit einer Haut wie biegsames Metall offenbar ein sehr weiches Herz hatte. Er mußte kein Empath sein, um zu wissen, was die Hudlarerin von ihm erwartete.

Aus psychologischen Gründen, die sie als falsch empfand, war es der Schwester von ihrem Vorgesetzten verboten worden, Morredeth in ausgedehnte Gespräche zu verwickeln. Ohne diese Anweisungentatsächlich zu mißachten, hatte sie nun dafür gesorgt, daß diese Aufgabe von jemand anderem erledigt wurde.

13. Kapitel

Hewlitt lag, auf einen Ellbogen gestützt, im Bett, so daß er über die anderen Patienten hinweg auf Morredeths Bett sehen konnte. Er lauschte den verschiedenen Schlafgeräuschen, die die Extraterrestrier in der vollbelegten Station von sich gaben und überlegte, wie lange er noch damit warten sollte, die Kelgianerin anzusprechen. Morredeths Bett war durch die Sichtblenden abgeschirmt, aber an der Decke konnte man einen schwachen Lichtkegel erkennen, der sich nicht bewegte, so daß er wahrscheinlich von der Nachttischlampe und nicht vom Bildschirm herrührte. Wenn Morredeth sich keins der Unterhaltungsprogramme ansah, las sie vielleicht oder war bereits bei brennendem Licht eingeschlafen; zumal sich eins der merkwürdigen Geräusche, die Hewlitt vernahm, wie ein kelgianisches Schnarchen anhörte. Falls letzteres der Fall war, würde sie diesem dummen Terrestrier, der sie mitten im Schlaf weckte, bestimmt wütende Worte an den Kopf werfen. Vorsichtshalber beschloß er zu warten, bis Morredeth ihren nächtlichen Gang zur Toilette machte, um sie erst dann auf dem Rückweg zum Bett anzusprechen. Heute abend schien allerdings überhaupt niemand zur Toilette gehen zu wollen, und er war äußerst gelangweilt, da er nichts anderes zu sehen bekam, als die Reihen schattenhafter Alienbetten und den Lichtfleck an der Decke über dem Bett der Kelgianerin. Selbst das stumpfsinnigste Unterhaltungsprogramm wäre aufregender als das hier, und deshalb beschloß er, mit seiner Entschuldigung bei Morredeth nicht länger zu warten, um danach wenigstens noch etwas Schlaf zu finden. Er setzte sich aufrecht hin, schwang die Beine über die Bettkante und tastete mit den Füßen in der Dunkelheit umher, bis er die Pantoffeln fand. Sie waren ihm vom Krankenhaus ausgehändigt worden und viel zu groß, so daß das leise Schlurfen, die sie beim Gehen verursachten, jetzt viel lauter zu sein schien als während des regen Betriebes, der tagsüber auf der Station herrschte. Wenn Morredeth wider Erwarten wach sein sollte, würde sie ihn bestimmt kommen hören, und falls sie schlafen sollte und er sie aufwecken würde,hätte er bereits zwei Gründe, für die er sich bei ihr entschuldigen müßte.