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»Wenn du Soldaten meinst, dann ist es schon möglich, daß du sie dort findest.«

»Wo?«

»In der Piscina Mirabilis.«

»Und was soll das sein?«

»Die alte Zisterne, die die Schiffe der kaiserlichen Flotte früher einmal mit Trinkwasser versorgte. Stell dir eine riesige unterirdische Basilika mit fünf Schiffen vor, ein eindrucksvolles Bauwerk. Jetzt ist die Wasserleitung verlegt worden, und diese ungeheuer große unterirdische Anlage ist das ideale Versteck für diese schändlichen Orgien. Und ich kann euch versichern, daß es unter den Zuschauern nicht wenige Christen gibt, die auf die renommiertesten Kämpfer enorme Summen setzen. Eine Art Passierschein wird euch von Nutzen sein«, fügte er hinzu und gab ihnen einen kleinen Ausweis: einen glattpolierten Knochen mit einem eingeritzten Dreizack, dem Siegel der Admiralität.

Livia nahm das Geld und den Ausweis, setzte ihre Unterschrift unter eine Quittung und schrieb einige verschlüsselte Zeilen für Antemius; dann verabschiedete sie sich und schickte sich an, sich wieder reisefertig zu machen.

»Und noch etwas«, sagte der Bankier. »Wenn ihr dort Platz findet, kehrt im Gallus Aesculapi ein; das ist eine Spelunke am alten Hafenbecken und der Treffpunkt der Buchmacher und Wetter ... Wenn einer von ihnen dich fragen sollte: >Wie wär's mit einem Bad im Bassin?<, antworte: >Nichts wäre mir lieber.< Das ist das Losungswort der Stammgäste. Was sonst noch ...? Ja, richtig: Wer Gladiatorenkämpfe veranstaltet oder ihnen auch nur beiwohnt, muß, wie ihr wißt, mit der Todesstrafe rechnen. Das ist euch doch bekannt, oder?«

»Das wissen wir«, antwortete Aurelius. »Es ist ein altes Gesetz aus Kaiser Konstantinus Zeiten, das befolgt, wer will.«

»Stimmt, aber seid trotzdem auf der Hut! Wenn es von Vorteil ist, kann man nämlich durchaus dafür sorgen, daß die Gesetze eingehalten werden, und dann hat derjenige, dem es an den Kragen geht, eben Pech gehabt. Viel Glück also!« sagte Eustasius zum Schluß.

Sie setzten ihren Weg den ganzen Tag über fort und kamen am See von Lucrino vorbei, dann an dem von Averno und erreichten nach Sonnenuntergang schließlich Miseno. Es war nicht schwer, den Gallus Aesculapi ausfindig zu machen, der am alten Hafenbecken des Portus Iulius gelegen war. Das große sechseckige Becken war teilweise aufgeschüttet, und die Hafenausfahrt war nur noch so groß, daß höchstens jeweils ein Schiff hinausfahren konnte. Es gab insgesamt fünf Kriegsschiffe, von denen zwei ziemlich ramponiert aussahen so, als seien sie schon seit langem vernachlässigt worden. Sie unterstanden einem magister classis, dessen zerschlissene Standarte schlaff an einer Fahnenstange baumelte. Das, was früher einmal der Stützpunkt des kaiserlichen Flottengeschwaders gewesen war, ein Hafenbecken, in dem zweihundert Schlachtschiffe Platz hatten, war jetzt so etwas wie ein öder Pfuhl voller stinkender Abfälle.

Livia und Aurelius betraten nach Sonnenuntergang die Schenke und bestellten eine Hühnersuppe mit Gemüse. Die Luft hallte wider von dem Geschrei der Möwen und den Stimmen der Frauen, die ihre Kinder, die in den verschiedenen Gassen spielten, nach Hause zum Abendessen riefen. Das Lokal war ziemlich volclass="underline" Ein glatzköpfiger und rüstiger Wirt brachte Weißwein für die Stammgäste, die an den Tischen saßen und von denen einige würfelten, andere Astragalus und wieder andere ein Fingerspiel namens Mora spielten. Dieser Ort war offensichtlich ein Paradies für Spieler und Wetter. Aber wo waren die Buchmacher? Livia sah sich um und bemerkte in der Nähe des einzigen Fensters etliche zusammengeschobene Tische, an denen ein paar finstere Kerle saßen, Gauner mit Gesichtern, die von Narben gezeichnet waren, und mit Armen, die wie die der Barbaren über und über mit Tätowierungen bedeckt waren. Sie versetzte Aurelius einen Rippenstoß.

»Ich habe sie schon gesehen«, konterte er. Er rief den Wirt und fragte ihn: »Ich bin neu in dieser Gegend, aber der Ort gefällt mir, und ich möchte gern mit diesen wackeren Herrschaften dort Freundschaft schließen. Ich möchte, daß du diesen Herren da hinten eine Karaffe mit dem besten Wein bringst.«

Der Wirt nickte und stellte ihnen die Karaffe auf den Tisch, die mit großem Hallo in Empfang genommen wurde. »He, du Fremder! Komm her und trink mit uns und bring auch dieses Häschen da mit. Unter Freunden muß man alles teilen, oder?«

»Gib mir Geld«, sagte Aurelius leise zu Livia. Dann trat er mit einem schiefen Lächeln an den Tisch und sagte: »Nichts wäre mir lieber. Aber das hier ist kein Häschen. Vielmehr eine kleine Wölfin, die beißt.«

»Ach, woher denn«, sagte ein zweiter und erhob sich, ein Halunke mit einem gräßlichen Mund voller fauler Zähne. »Komm nur her und feiere mit uns, du schönes Kind!« Er ging auf Livia zu, die noch an ihrem Tisch saß, legte ihr eine Hand auf die Schulter und streckte dabei die Finger nach ihrem Busen aus. Da aber fuhr ihre linke Hand ihm blitzschnell an die Hoden und quetschte sie mit der ganzen Kraft ihrer stahlharten Finger, während sie mit der rechten den Dolch aus dem Gürtel zog, den sie, plötzlich aufspringend, dem Mann an die Kehle hielt. Der Unglückliche jaulte auf, konnte sich aber nicht bewegen, da ihm die Waffe schon fast im Hals steckte, und er konnte sich auch nicht losreißen. Livia drückte noch fester zu, bis der Mann vor Schmerz ohnmächtig wurde und zu Boden sackte. Dann schob sie den Dolch in den Gürtel und setzte sich, als wäre nichts geschehen, wieder hin, um ihre Suppe aufzuessen.

»Ich habe euch ja gesagt, daß sie beißt«, sagte Aurelius, ohne eine Miene zu verziehen. »Darf ich mich setzen?«

Verdattert machten ihm die anderen Platz. Er schenkte sich etwas zu trinken ein und legte ostentativ ein paar Silbermünzen auf den Tisch. »Es heißt, daß man hier mit Wetten schöne Gewinne machen kann, wenn man den richtigen Riecher hat.« »Du ziehst ein hartes Spiel vor, wie ich sehe«, meinte derjenige, der offensichtlich das Sagen hatte.

»Wenn es sich lohnt.«

»Was das anbelangt, so bist du an die richtige Stelle geraten, aber um Eintritt zu erhalten, brauchst du einen Schutzheiligen. Weißt du, was ich meine?«

Aurelius zog den Ausweis mit dem Dreizack hervor, hielt ihn einen Augenblick dem anderen hin und ließ ihn sofort wieder verschwinden. »So einen wie diesen hier?«

»Ich sehe, daß man dich ordentlich eingewiesen hat. Möchtest du heute abend früh zu Bett gehen?«

»Ich? Ich bin ein notorischer Nachtschwärmer!«

»Wäre dir ein Bad im Bassin, so gegen Mitternacht, recht?«

»Nichts wäre mir lieber.«

»Wie hoch willst du denn setzen?«

»Das kommt darauf an. Gibt es jemanden, für den man einen hohen Einsatz wagen kann?«

Der Mann stand auf, nahm ihn am Arm und zog ihn beiseite, als wolle er ihm ein großes Geheimnis anvertrauen. »Hör zu, hier gibt es einen äthiopischen Riesen, ein Kerl wie ein Turm, ein wahrer Herkules, der bislang noch alle Konkurrenten zur Strecke gebracht hat.« Aurelius blieb beinahe das Herz stehen. Er hätte schreien mögen: »Batiatus!« Aber er unterdrückte diesen Schrei und die unendliche Freude, die ihn erfüllte.

»Alle setzen sehr hohe Beträge auf ihn. Ich sehe, daß du keine Probleme mit den Finanzen hast, und schlage dir eine Wettgemeinschaft vor. Wir setzen alles, was du hast, darauf, daß der Schwarze verliert. Ich garantiere dir, daß er besiegt wird, und dann teilen wir uns den Gewinn. Aber ich brauchte mindestens fünf Goldsolidi, sonst lohnt sich die Sache nicht.«

Aurelius zog die Börse heraus und wog sie in der Hand. »Ich habe auch noch mehr, aber ich bin nicht dumm. Warum sollte er verlieren, dieser Bär?«

»Aus zwei Gründen: Der erste ist, daß er heute nacht gegen drei Gegner, und nicht nur gegen einen kämpfen muß. Der zweite ist eine Überraschung, und du wirst es selbst vor Ort sehen. Ich kenne dich nicht, mein Lieber, und ich kann nicht riskieren, dir mehr zu sagen. Ja, ich habe dir schon zuviel verraten. Gilt der Einsatz?«