«Travel and Leisure.«
Beckermanns verdrossene Miene hellte sich auf.»Oh, dann wollen Sie mich bestimmt auch fotografieren — wie der andere
Kerl.«
Robert stockte der Atem.
«Wer?«
«Der Fotograf, der uns an der Absturzstelle aufgenommen hat. Er hat uns versprochen, jedem ein Bild zu schicken.«
«Augenblick!«sagte Robert langsam.»Soll das heißen, daß jemand die Fahrgäste hier vor dem UFO fotografiert hat?«
«Sie sagen es.«
«Und er hat versprochen, jedem von ihnen ein Bild zu schik-ken?«
«Richtig.«
«Dann muß er sich alle Namen und Adressen aufgeschrieben haben.«
«Natürlich — woher sollte er sonst wissen, wohin er die Bilder schicken muß?«
Robert stand reglos da. Viktoria! Robert, du alter Hundesohn, du hast wieder mal Glück gehabt! Der unmögliche Auftrag war mit einem Schlag zu einem Kinderspiel geworden.»Gehörte der Fotograf zu den Fahrgästen, Herr Beckermann?«
Der Fahrer schüttelte den Kopf.»Nein. «Er deutete in Richtung Straße.»Er hatte eine Panne gehabt. Sein Wagen stand am Straßenrand, und ein Abschleppwagen wollte ihn gerade auf den Haken nehmen, als es plötzlich laut gekracht hat. Der Mann ist über die Straße gelaufen, um nachzusehen, was passiert war. Als er die Fliegende Untertasse gesehen hat, ist er zurückgerannt und hat seine Ausrüstung geholt. Und dann hat er uns alle vor diesem Ding fotografiert.«
«Hat er Ihnen seinen Namen genannt?«
«Nein.«
«Können Sie mir sonst irgend etwas über ihn sagen?«
Der Busfahrer überlegte.»Er war Ausländer. Amerikaner oder Engländer.«
«Und der Abschleppwagen ist gerade dabeigewesen, seinen Wagen mitzunehmen?«
«Richtig.«
«Wissen Sie noch, in welche Richtung er weggefahren ist?«
«Nach Norden, wahrscheinlich nach Bern. Thun wäre viel näher gewesen, aber dort hat sonntags keine Werkstatt offen.«
Robert grinste zufrieden.»Vielen Dank. Sie haben mir sehr geholfen.«
«Sie vergessen nicht, mir Ihren Artikel zu schicken, wenn er rauskommt?«
«Keine Angst, Sie bekommen ihn. Hier ist Ihr Honorar — und hundert Franken extra, weil Sie mir wirklich sehr geholfen haben. Jetzt fahre ich Sie nach Hause. «Die beiden Männer gingen zum Wagen zurück. Bevor sie einstiegen, meinte der Schweizer:
«Sie sind sehr großzügig. «Dann zog er einen Gegenstand aus seiner Jackentasche und reichte ihn Robert. Es war ein rechteckiges Metallstück in der Größe eines Taschenfeuerzeugs, das einen winzigen weißen Kristall umschloß.
«Das habe ich am Sonntag im Gras gefunden, bevor wir zum Bus zurückgegangen sind.«
Robert begutachtete den seltsamen Gegenstand. Das Metallstück war federleicht und sandfarben. Eine Bruchkante ließ darauf schließen, daß es Teil eines größeren Ganzen gewesen sein mußte. Bestandteil der Ausrüstung des Wetterballons. Oder Bestandteil eines UFOs?
«Vielleicht bringt’s Ihnen Glück«, sagte Beckermann, während er Roberts fünf Hunderter in seiner Geldbörse verstaute.»Bei mir hat’s jedenfalls funktioniert!«Mit einem breiten Grinsen stieg er ein.
Nun wurde es Zeit, sich die entscheidende Frage vorzulegen: Glaube ich wirklich an UFOs? Robert Bellamy hatte Dutzende von wilden Pressemeldungen über Leute gelesen, die behaupteten, sie seien von UFOs entführt worden und hätten alle möglichen unheimlichen Erlebnisse gehabt. Er hatte solche Berichte stets damit abgetan, daß diese Leute entweder publicitysüchtig waren oder einen guten Psychiater brauchten. Doch in den letzten Jahren hatte es Meldungen gegeben, die sich weniger leicht vom Tisch wischen ließen: Berichte über UFOBeobachtungen von Astronauten, Luftwaffenpiloten und Polizeibeamten — alles glaubhafte, bestimmt eher publicityscheue Augenzeugen.
Dazu kam die beunruhigende Meldung über einen UFOAbsturz bei Roswell, New Mexico, wo Leichen außerirdischer Wesen gefunden worden sein sollten. Wie es hieß, hatten staatliche Stellen den Leichenfund vertuscht und sämtliche Beweise verschwinden lassen. Bereits im Zweiten Weltkrieg hatten amerikanische Piloten seltsame Objekte beobachtet — sogenannte Foo Fighters, unidentifizierte Flugobjekte, die sie anflogen und dann spurlos verschwanden.
Was wäre, wenn die Erde tatsächlich von UFOs mit Lebewesen aus anderen Galaxien besucht würde? dachte Robert. Wie würde sich das auf unsere Welt auswirken? Würde es Krieg oder Frieden bedeuten? Oder das Ende unserer Zivilisation in ihrer jetzigen Form?
Im tiefsten Innern seines Herzens hoffte Robert, es würde sich herausstellen, daß Hans Beckermann geisteskrank und das abgestürzte Flugobjekt wirklich ein Wetterballon gewesen sei. Er würde mindestens einen weiteren Zeugen finden müssen, der Beckermanns Aussage bestätigen oder widerlegen konnte.
Weshalb bin ich um sechs Uhr morgens zur National Security Agency beordert worden und habe den Auftrag erhalten, alle Augenzeugen so rasch wie möglich ausfindig zu machen, wenn angeblich doch nur ein Wetterballon abgestürzt ist? Soll hier etwas vertuscht werden? Und wenn ja… was?
9
Später an diesem Tag fand in Bern in den nüchtern möblierten Amtsräumen des Schweizer Innenministeriums eine Pressekonferenz statt. Im Saal waren ein halbes Hundert Journalisten und Kamerateams versammelt; zahlreiche Kollegen, die keinen Platz mehr gefunden hatten, drängten sich vor den offenen Türen im Korridor. Die Reporter aus über einem Dutzend Ländern zückten ihre Kameras, Mikrofone und Videokameras. Alle redeten wild durcheinander.
«Es gibt Gerüchte, daß dort keineswegs ein simpler Wetterballon abgestürzt ist…«
«Ist es wahr, daß dort eine Fliegende Untertasse niedergegangen ist?«
«Angeblich sollen die Leichen von außerirdischen Wesen gefunden worden sein.«
«Oder sind vielleicht nicht alle tot gewesen?«
«Versuchen die zuständigen Stellen etwa, die wahren Ereignisse zu vertuschen?«
Der Pressesprecher des Innenministeriums erhob die Stimme, um sich Gehör zu verschaffen.
«Meine Damen und Herrn, hierbei handelt es sich schlicht und einfach um eine Fehlinterpretation. Solche Anrufe bekommen wir häufig. Die Anrufer sehen Satelliten, Sternschnuppen und dergleichen… Ist es nicht auffällig, daß UFOBeobachtungen stets anonym gemeldet werden? Vielleicht hat dieser Anrufer wirklich geglaubt, ein UFO gesehen zu haben, aber in Wirklichkeit ist es ein defekter Wetterballon gewesen. Wir haben Busse bereitgestellt, die Sie zur Absturzstelle bringen werden.«
Eine Viertelstunde später waren zwei Busse mit Reportern und Kamerateams nach Uetendorf unterwegs, um die Überreste eines abgestürzten Wetterballons zu besichtigen. Einige Zeit
später stapften sie durch das hohe, feuchte Gras und begutachteten die metallisierte Ballonhülle, während der Pressesprecher seine Erläuterungen fortsetzte.
«Meine Damen und Herrn, dies ist Ihre geheimnisvolle Fliegende Untertasse: ein auf einem Flugplatz der italienischen Luftwaffe aufgelassener Wetterballon. Unseres Wissens gibt es keine unidentifizierten fliegenden Objekte, für die unsere Behörden nicht eine befriedigende Erklärung gefunden haben, und die Erde wird unseres Wissens nicht von außerirdischen Wesen besucht. Sollten uns Hinweise dieser Art bekanntwerden, entspräche es den Grundsätzen unserer bewährten Informationspolitik, die Öffentlichkeit umgehend zu unterrichten. Wenn Sie keine weiteren Fragen haben…«
10
Der Hangar 17 der Langley Air Force Base in Virginia war hermetisch abgeriegelt. An seinen Toren standen vier bewaffnete Marineinfanteristen; in dem Gebäude lösten sich drei hohe Heeresoffiziere im Achtstundenturnus bei der Bewachung eines abgesperrten Raums ab. Keiner der Offiziere wußte, was sie hier eigentlich bewachten. Außer Ärzten und Wissenschaftlern waren erst drei Besucher in den abgesperrten Raum eingelassen worden.