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BLITZMELDUNG

TOP SECRET ULTRA SCHWEIZER NACHRICHTENDIENST AN DIREKTOR NSA PERSÖNLICH 1. AUSFERTIGUNG VON 1 AUSFERTIGUNG(EN)

BETREFF: OPERATION DOOMSDAY 1. HANS BECKERMANN — LIQUIDIERT

2. FRITZ MANDEL–LIQUIDIERT TEXTENDE

Ottawa, Kanada Mitternacht

«Die bisherigen Fortschritte sind zufriedenstellend«, sagte Janus.»Zwei der Augenzeugen sind zum Schweigen gebracht. Bellamy ist bereits einem dritten auf der Spur.«»Ist bei SDI der entscheidende Durchbruch gelungen?«Der Italiener. Temperamentvoll. Cholerisch.

«Noch nicht, aber wir sind zuversichtlich, daß die Technologie für einen >Krieg der Sterne< bald einsatzbereit sein wird.«

«Wir müssen alles nur Menschenmögliche tun, um die Sache voranzutreiben. Falls das eine Frage des Geldes ist…«Der Saudi. Kryptisch. Zurückhaltend.

«Nein, es handelt sich nur noch um die letzten Tests.«

«Wann soll der nächste Test steigen?«Der Australier. Jovial. Clever.

«In einer Woche. Wir treffen uns übermorgen abend wieder hier.«

15

Vierter Tag — London Donnerstag, 18. Oktober

Leslie Mothersheds Vorbilder traten in Robin Leachs Show auf. Als begeisterter Zuschauer der Serie» Lifestyles of the Rich and Famous «verfolgte er aufmerksam, wie Leachs Gäste auftraten, redeten und sich kleideten, denn er wußte, daß auch er eines Tages in dieser Sendung auftreten würde. Schon als kleiner Junge hatte Mothershed gewußt, daß er dazu bestimmt war, reich und berühmt zu werden.

«Du bist was ganz Besonderes«, hatte seine Mutter ihm immer wieder erzählt.»Eines Tages wird die ganze Welt mein Baby kennen.«

Diesen Satz hatte der kleine Junge so oft gehört, daß er zuletzt selbst daran glaubte. Mit zunehmendem Alter wurde Mothershed jedoch klar, daß er ein Problem hatte: Er wußte nicht, wie er’s genau anstellen sollte, reich und berühmt zu werden.

Eine Zeitlang spielte Mothershed mit dem Gedanken, Filmstar zu werden, doch er war ungeheuer schüchtern. Anschließend wollte er für kurze Zeit Fußballstar werden, aber leider war er völlig unsportlich. Dann wieder überlegte er, ob er vielleicht ein berühmter Wissenschaftler oder ein erfolgreicher Anwalt mit Millionenhonoraren werden sollte. Er hatte jedoch nur mittelmäßige Noten und ging von der Schule ab, ohne dem Ruhm auch nur einen Schritt nähergekommen zu sein.

Das Leben behandelte ihn einfach unfair. Leslie Mothershed war körperlich unansehnlich: mager, blaß, pickelig und klein — genau einen Meter Sechsundsechzig groß, wie er stets betonte. Er versuchte, sich mit der Tatsache zu trösten, daß viele berühmte Männer klein waren: Dudley Moore, Dustin Hoffman, Peter Falk.

Der einzige Beruf, für den Leslie Mothershed einen Funken von Interesse aufbrachte, war die Fotografie. Bilder zu knipsen, war lächerlich einfach. Das konnte wirklich jeder: Schließlich brauchte man nur auf einen Knopf zu drücken! Nachdem seine Mutter ihm zum sechsten Geburtstag eine Kamera geschenkt hatte, lobte sie alle seine Aufnahmen überschwenglich. So war Mothershed im Alter von achtzehn Jahren zu der festen Überzeugung gelangt, daß er ein brillanter Fotograf war — mindestens so gut wie Ansel Adams, Richard Avedon oder Margaret Bourke-White. Mit einem Darlehen seiner Mutter richtete er sich in seinem Apartment in Whitechapel ein eigenes Labor ein.

«Klein anfangen«, riet seine Mutter ihm,»aber nach großen Zielen streben!«Genau das tat Leslie Mothershed. Er fing sehr klein an und strebte nach sehr großen Zielen, aber leider war er als Fotograf jämmerlich untalentiert. Er knipste Blumen und Tiere und Festzüge, schickte seine Aufnahmen zuversichtlich an Zeitungsredaktionen und bekam sie jedesmal zurück.

Mothershed tröstete sich mit dem Gedanken an all die verkannten Genies, die am Ende doch Erfolg gehabt hatten, und betrachtete sich als ein Opfer kleingeistiger Spießer.

Aber dann bot sich ihm ganz unerwartet die Chance seines Lebens! Seine Tante, die bei dem Londoner Verlag Collins arbeitete, teilte Mothershed unter dem Siegel der Verschwiegenheit mit, ihr Haus plane, einen großformatigen Bildband über die Schweiz in Auftrag zu geben.

«Der Fotograf steht noch nicht fest, Leslie, und wenn du sofort in die Schweiz reist und herrliche Bilder mitbringst, könntest du den Auftrag kriegen.«

Leslie Mothershed packte hastig seine Ausrüstung ein und flog in die Schweiz. Er ahnte — wußte —, daß dies die Chance war, auf die er gewartet hatte. Endlich würden die Dummköpfe seine Begabung erkennen! Nachdem er sich in Genf einen Leihwagen genommen hatte, fuhr er kreuz und quer durchs Land und fotografierte Burgen, Wasserfälle und schneebedeckte Gipfel.

Und dann mischte das Schicksal sich ein und veränderte sein gesamtes Leben.

Mothershed befand sich auf der Fahrt nach Bern und hatte soeben die Stadt Thun hinter sich gelassen, als der Motor des Wagens aussetzte. Er ließ ihn wütend am Straßenrand ausrollen. Warum immer ich? fragte er sich. Warum passiert so was immer mir?

Er hielt einen in Gegenrichtung fahrenden Milchlaster an.»Könnten Sie in Thun eine Werkstatt verständigen, damit ich abgeschleppt werde?«fragte er den Fahrer.

Der Mann schüttelte den Kopf.»Dort haben heute alle Werkstätten geschlossen. Den nächsten Sonntagsdienst gibt’s erst in Bern.«

«Bern? Dorthin sind’s dreißig Kilometer! Das kostet doch ein Vermögen!«

Der Lastwagenfahrer grinste.»Ja, sonntags nehmen sie einen

aus wie ‘ne Weihnachtsgans. «Er wollte weiterfahren.

«Augenblick!«schrie Mothershed.»Ich… ich zahle den Abschleppwagen aus Bern.«

«Gut, ich schicke Ihnen einen her.«

Leslie Mothershed setzte sich wütend in seinen liegengebliebenen Wagen. Das hat mir gerade noch gefehlt! dachte er erbittert. Er hatte sowieso schon zuviel Geld für diese Reise ausgegeben — und jetzt würde er irgendeinen Gauner dafür bezahlen müssen, daß er ihn nach Bern abschleppte.

Zwei endlose Stunden vergingen, bis der Abschleppwagen endlich kam. Als der Mechaniker gerade dabei war, den defekten Renault hochzukurbeln, ertönte ein lauter Knall, und jenseits der Straße flammte ein Lichtblitz auf. Mothershed hob den Kopf und sah einen leuchtenden fremdartigen Gegenstand vom Himmel stürzen. Im gleichen Augenblick hielt ein Bus hinter seinem Wagen. Die Fahrgäste stürzten heraus und hasteten über die Straße.

Mothershed folgte den Busfahrgästen zur Absturzstelle. Dort blieb er wie angenagelt stehen. Großer Gott! dachte er. Das darf doch nicht wahr sein!

Eine Fliegende Untertasse!

Leslie Mothershed hatte schon von UFOs gehört und gelesen, aber nie geglaubt, daß es solche Dinge wirklich gab. Jetzt war er vor Staunen sprachlos. Der aufgeplatzte UFO-Rumpf gab den Blick auf zwei kleine Gestalten in silberglänzenden Anzügen frei, die auffällig große Köpfe, tief in den Höhlen liegende Augen, keine Ohren und fast kein Kinn hatten.

Die Leute aus dem Bus starrten schweigend auf das UFO. Ein Mann, der links neben Mothershed stand, fiel in Ohnmacht. Ein anderer wandte sich ab und übergab sich. Ein ältlicher katholischer Geistlicher umklammerte seinen Rosenkranz und murmelte unverständliche Beschwörungen.

Und dann hatte Leslie Mothershed seine Erleuchtung. Dir ist ein Wunder in den Schoß gefallen. Du bist mit deinen Kameras an Ort und Stelle, um die Story des Jahrhunderts zu fotografieren! Auf der ganzen Welt gibt ’s keine Zeitung oder Zeitschrift, die deine Aufnahmen ablehnen wird. Ein Bildband über die Schweiz? Was für eine lachhafte Idee! Die ganze Welt wird deine Bilder bestaunen. Alle Fernsehshows werden sich um dich reißen, aber du trittst zuerst bei Robin Leach auf. Und du verkaufst die Fotos an die London Times, die Sun, die Mail, den Mirror — an sämtliche in- und ausländischen Zeitungen und ZeitschriftenFigaro und Paris Match, Oggi und Spiegel, Time und USA Today. Agenturen in aller Welt werden sich um deine Bilder reißen. Japan und Südamerika, Rußland und China — die Möglichkeiten sind endlos!